Kurze Fragen - kurze Antworten!

Neu in der orthodoxen Kirche - Wie lebe ich als orthodoxer Christ? Alle allgemeinen Fragen rund um die Orthodoxie.
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Alois
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von Alois »

Im Gegensatz zur Katholischen Kirche gibt es in der Orthodoxie keinen graduellen Unterschied zwischen Heiligen und Seligen. Es gibt nur solche Heilige, die von der Kirche offiziell anerkannt worden sind. Und es gibt Menschen, die ein heiligmässiges Leben geführt haben und von anderen als Heilige verehrt werden, aber von der Kirche (noch) nicht anerkannt worden sind. Sie würde man eher als "Gerechte" bezeichnen.

In der Katholischen Kirche gibt es einen sehr formalisierten Prozess der Selig- und Heiligsprechung, wobei jedesmal ein von der Kirche offiziell anerkanntes Wunder benötigt wird - also eines für die Seligsprechung und ein weiteres für die Heiligsprechung.
Für die Heiligsprechung wird zudem die Bedeutung eines Menschen für die Weltkirche berücksichtigt, während bei der Seligsprechung die lokale (oder begrenzte Bedeutung) genügt. Jedoch ist die Verehrung eines Seligen nicht lokal beschränkt, die weitere Verbreitung seiner Verehrung über lokale Grenzen hinaus fällt in der Regel für eine spätere Heiligsprechung mit ins Gewicht.

Dass Augustinus von Hippo in der Orthodoxen Kirche als "Seliger" und nicht als "Heiliger" bezeichnet wird, dürfte mit dem zwiespältigen Verhältnis der Orthodoxie zu ihm zu tun haben. Zum einen handelt es sich bei Augustinus um einen bedeutenden Theologen und Heiligen der frühen Kirche, also der ungeteilten Christenheit. Einen der Väter könnte man auch sagen.
Zum anderen gilt Augustinus aber auch als (früher) Wegbereiter einer westlichen Theologie, die theologische Schlussfolgerungen aus rein rationalen Überlegungen zieht. Ausserdem findet sich bei Augustinus erstmals der Gedanke, dass der Geist vom Vater und vom Sohn ausgeht, was (allerdings erst später) zum Streit und dann zum Schisma geführt hat. (Allerdings finden sich ähnliche Gedanken, wenn auch etwas vorsichtiger formuliert auch bei östlichen Theologen.)
Elias70
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von Elias70 »

Also nennt man einen Heiligen "selig", wenn er offiziell zwar als Heiliger gilt, man ihn aber lieber nicht so nennen möchte ... (?)

Elias.

Mit der Beschränkung der Verehrung katholischer Seliger ist die offizielle Verehrung, die Aufnahme in den Kalender, die Weihe von Kirchen etc. gemeint. Ein Seliger ist auch bei den Katholiken nicht weniger heilig als ein Heiliger.
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Alois
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von Alois »

Eine solche Unterscheidung gibt es m.W. nur im Fall des heiligen Augustinus. Die deutschsprachige Ausgabe des Synaxarions vom Kloster des hl. Johannes des Vorläufers auf Kreta bezeichnet Augustinus durchweg als "Hl. Augustinus".
In einer Fußnote wird vermerkt: "Wenn man Augustinus als orthodoxen Heiligen verehren kann, so ... weniger in seiner Eigenschaft als Theologe, sondern in jener als Hierarch. ... Einige nennen Augustinus daher statt ´Heiliger´ ´Seliger`, doch da solche Unerscheidungen nicht existieren in der orthodoxen Hagiographie, möge es genügen, hier zu unterscheiden zwischen seinem Leben und der unglücklichen Entfaltung seiner Lehren." (Synaxarion Bd. 2, S. 467)

Ansonsten werden bei anderen Heiligen in den gottesdienstlichen Gesängen die Bezeichnungen "heiliger", "seliger", "allseligster", "gottseliger" synonym verwendet.
Elias70
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von Elias70 »

Danke, das war jetzt die kurze Antwort auf die kurze Frage! :)

Elias.
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holzi
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von holzi »

Alois hat geschrieben: 02.09.2024, 13:04 (...), möge es genügen, hier zu unterscheiden zwischen seinem Leben und der unglücklichen Entfaltung seiner Lehren." (Synaxarion Bd. 2, S. 467)
Ich hatte die Gelegenheit, seine Lehren genauer zu studieren, bei der online Edition der Bibliothek der Kirchenväter (https://bkv.unifr.ch/de/works/)
Da muss man immer genau hinsehen, in welcher Situation er welche Meinungen vertreten hat, er schrieb ja sehr oft gegen Irrlehrer an, und da muss man dann beachten, das er dann gelegentlich sehr pointiert formuliert und auch mal übertreibt, um seine Standpunkte darzulegen. Die Reformatoren im 16. Jhd haben genau das nicht beachtet und seine Schriften einfach so direkt ausgelegt.
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll. (Adolph Kolping 1813-1865)
CalvinStein
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von CalvinStein »

Hallo 👋

Ich habe ein Problem.

Ich dachte das Heiliges Wasser in der orthodoxen Kirche nicht verdirbt. Nun habe ich es des häufigeren zuhause benutzt. Indem ich zum Beispiel mich von Kopf bis Fuß "gewaschen" oder "eingerieben" habe, nach zb einer "schlimmeren" Sünde oder einer Sünde aus Gewohnheit.

Das habe ich vielleicht auch mal 3 mal die Woche gemacht.

Gestern Abend ist mir aufgefallen, das jedoch mein Heiliges Wasser wahrscheinlich alles andere als gut ist. Es haben sich weiße Flocken und Pilze oder Quallen, ... was auch immer darin gebildet, ich schicke gleich das eine oder andere Bild rein.

Hat das eine Bedeutung, wie ... das ich zum Beispiel das Heilige Wasser nicht ausreichend fromm benutzt habe? (Sowas hatte ich mal gelesen)

Und die andere Frage ist, ob jemand weiß ob mir das nun zum schlimmen schaden werden kann, sei es durch einen Parasiten der mich von innen zerstört oder was auch immer?

Nachdem ich das gestern gesehen habe, nachdem ich es benutzt habe, ging ich danach gleich in die Dusche. Ich habe also das heilige Wasser abgewaschen. War das Sünde?

Bitte verzeiht mir meine eigenartigen Fragen 😐
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Igor
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von Igor »

Natürlich kann eine Verunreinigung in das Gefäß gelangt sein. Wenn z. B. ein Fluß bei der Wasserweihe gesegnet wird, bedeutet das doch nicht, dass dieser von nun an immer klar und sauber bleibt.

In Christo
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Als der Höchste hernieder fuhr, verwirrte Er die Sprachen, zerteilte Er die Völker, nun, da Er Feuerzungen ausgeteilt, ruft Er alle zur Einheit: Einmütig preisen wir deshalb den Heiligen Geist. (Pfingstkondakion im 8. Ton)
CalvinStein
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von CalvinStein »

Igor hat geschrieben: 19.10.2023, 19:17 Grüß Gott!

Es geht also um David. Ihn selbst hätte man kaum richten können, da er als König quasi über der irdischen Gerichtsbarkeit stand. Natürlich hat er durch Gott mit der Vernichtung seiner Familie eine schwere Strafe bekommen und wurde selbst auch von seinen Nachkommen verfolgt.

Das Gesetz im Alten Testament ist nicht mechanisch, dann wäre der Lauf der Welt ja bis ins Kleinste vorbestimmt; Gottes Heilsplan ist nicht immer so einfach zu erkennen.

David bereute aufs Tiefste, seine Psalmen und da vor allem der Psalm 50, der Bußpsalm, zeugen davon und er blieb bis an sein Lebensende Gott treu.

In Christo
Diakon Igor
Ich möchte auf einen Betrag zurück kommen, da mir etwas nicht ganz klar ist. Es geht um die Frage die in diesem Thread cica auf Seite 44 ist.

Nun steht in Hesekiel 18:20: Die Seele, die sündigt, sie soll sterben. Ein Sohn soll nicht an der Schuld des Vaters ⟨mit⟩tragen, und ein Vater soll nicht an der Schuld des Sohnes ⟨mit⟩tragen. Die Gerechtigkeit des Gerechten soll auf ihm sein, und die Gottlosigkeit des Gottlosen[1] soll auf ihm sein. (2Mo 32,33; 2Chr 6,23; Röm 6,23; Gal 6,7)

Ist damit allein das Gericht auf der Erde gemeint, im Sinne, für die Straftat eines Vaters, kann der Sohn nicht ins Gefängnis kommen? Oder sollte dies auf den Fall von Davids Ehebruch auch angewendet werden können und stellt damit einen Widerspruch dar?

Zudem nutzte man diesen Bibelvers auch zur Behauptung, Jesus könnte garnicht für unsere Sünden gestorben sein, da ja keiner die Schuld eines anderen tragen kann. Welche Antwort könnte man dann geben?
Alois
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von Alois »

Bei Ezechiel/Hesekiel kann man einen Fortschritt im altestamentlichen Gottesbild beobachten. Bei Ezechiel geht es schon um den Einzelnen, der für sein Tun zur Verantwortung gezogen und - gemäß seinem Handeln - belohnt oder bestraft wird. In der früheren Geschichte Gottes mit Israel steht oft die Familie bzw. Sippe im Vordergrund. Das Tun eines Sippenmitgliedes hatte Konsequenzen für die ganze Gemeinschaft.

Insofern besteht zwischen den Worten in Ezechiel 18 und dem Handeln an David in Samuel 12 kein Widerspruch. Denn, was an David und seinem neugeborenen Sohn geschieht, ereignete sich lange vor Ezechiel.
Dazu kommt, dass zur damaligen Zeit ein gerade neugeborenes Kind, das nicht sprechen konnte und dessen Verstand noch nicht ausgeprägt war, nicht als eigenständiges Individuum angesehen wurde. In der Erzählung geht es gar nicht darum, dass das Kind die Schuld seines Vaters David mittragen muss, sondern darum, dass David durch den Tod seines Nachwuchses gestraft werden soll.

Bei Ezechiel 18 geht es auch nicht um die Übernahme der Schuld (stellvertretend) für andere, sondern darum, dass unschuldige Angehörige für das Tun eines einzelnen nicht mit zur Veratnwortung gezogen werden dürfen bzw. sollen. Von daher kann man diese Stelle nicht auf den Tod Jesu beziehen.

Ausserdem: Auch wenn kein Mensch vor Gott die Schuld eines anderen Menschen übernehmen oder tragen kann (- und selbst wenn man die Ezechiel 18 fälschlicherweise dahingegend interpretiert-), in Jesus handelt ja Gott selbst am Kreuz. Es ist Gott, der in Jesus Mensch wird und die Sünde der Welt auf sich nimmt. Beim Kreuzesgeschehen geht es nicht um das stellvertretende Handeln eines Menschen (für andere Menschen), sondern um das Handeln Gottes.
CalvinStein
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten!

Beitrag von CalvinStein »

Danke für die schnelle Antwort :)
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