Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

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Luka Filipp Kiriak
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Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Liebe Forumsteilnehmer!

Wenn man sich hier so im Forum umschaut, stellt man fest, dass sich bei der Kalenderproblematik hauptsächlich mit dem julianischen und dem gregorianischen (bzw. neujulianischen) Kalender beschäftigt wird. Ich möchte mit diesem Strang dazu beitragen, dass in die Debatte auch noch stärker der jüdische Kalender mit einbezogen wird, da er für die Wahl des Osterdatums unverzichtbar ist. Ich habe mich mal etwas genauer mit den verschiedenen Kalendersystemen beschäftigt und einige Überlegungen angestellt. Sollte ich irgendwo einen Denkfehler haben, möge man mich bitte berichtigen.

Zunächst einmal wichtige Zeitangaben:

astronomisches Jahr: 365,242191 Tage
neujulianisches Jahr: 365,242222 Tage
gregorianisches Jahr: 365,2425 Tage
jüdisches Jahr: 365,2468 Tage
julianisches Jahr: 365,25 Tage

Es steht ja bereits fest, dass beim Panorthodoxen Konzil die Kalenderfrage nicht behandelt werden soll. Ich persönlich bevorzuge den julianischen Kalender gegenüber dem Mischkalender und bin froh, dass sich die russische Kirche nach diesem richtet. Hauptgrund dafür ist, dass schon heute beim Mischkalender die ganze Apostelfastenzeit komplett verschwinden kann!

Langfristig wird der Mischkalender nicht haltbar sein, da in sehr weiter Zukunft (sofern die Menschheit auf diesem Planeten bis dahin überhaupt noch bestehen würde) Weihnachten in die Große Fastenzeit rutschen bzw. Ostern und Weihnachten am gleichen Tag gefeiert werden könnten.

Beim julianischen Kalender verschieben sich langfristig gesehen nur die Jahreszeiten. Irgendwann könnte Weihnachten im Sommer sein bzw. Ostern im Winter. Die durchschnittlichen Abstände zwischen den Festen blieben aber unverändert.

Langfristig gibt es für den Mischkalender viele Gegenargumente!

Trotzdem stellt sich ja weiterhin die Frage, ob die Kirche nicht komplett zum neujulianischen Kalender übergehen könnte (also inkl. Berechnung des Osterdatums), denn dann würde es ja all die genannten Probleme nicht geben und auch die Jahreszeiten würden sich nicht ändern. Die Dauer des durchschnittlichen neujulianischen Kalenderjahres würde dem astronomischen Kalenderjahr sehr genau entsprechen (sogar genauer als der gregorianische Kalender). Dabei gibt es jedoch ein kleines Problem. Und dieses steckt in der Regeln für das Osterdatum vom Ersten Konzil in Nicäa im Jahre 325. Und nun kommt der jüdische Kalender mit ins Spiel.

Die aus dem Schreiben von Kaiser Konstantin rekonstruierten Regeln für das Osterdatum besagen:

Ostern ist nach dem Frühlingsäquinoktium (dieser wurde später auf den 21. März festgelegt)

Ostern ist nach dem Frühlingsvollmond

Ostern ist nach dem jüdischen Pessachfest (14. Nisan)

Ostern ist an einem Sonntag

Aus diesen Regeln im Zusammenhang mit der Computusberechnung mit Goldener Zahl (1 bis 19) lässt sich zunächst einmal ableiten, dass Ostern immer zwischen dem 22. März und dem 25. April sein muss. Zur Bestimmung des Osterdatums in der Orthodoxen Kirche wird bis heute das Alexandrinisch-Dionysische Vorgehen vom Abt Dionysius Exiguus verwendet. Dabei wird der Mondzyklus von 19 Jahren verwendet. Somit kommt man auf einen Osterzyklus von 532 Jahren. Das bedeutet, dass sich nach 532 Jahren die Osterdaten wiederholen. Mithilfe der Computus-Tabellen kann man für jedes Jahr das Osterdatum bestimmen. Carl-Friedrich Gauß hat das Computusvorgehen in einen eleganten Algorithmus gepackt, mit dem man auch noch heute das orthodoxe (julianische) Osterdatum bestimmen kann.

Ich habe den Algorithmus ausprobiert und erwartungsgemäß funktioniert er auch:

a = Jahr mod 19
b = Jahr mod 4
c = Jahr mod 7
M = 15
d = (19a + M) mod 30
N = 6
e = (2b +4c + 6d + N) mod 7

Ostern = 22. März + d + e

An dieser Stelle sei angemerkt, dass man diesen einfachen Algorithmus auch in den Kalender von Orthpedia implementieren könnte. Dann könnte man dort auch schon die zukünftigen beweglichen Feiertage einsehen. Bis jetzt ist dies nämlich nur für die unbeweglichen Feiertage möglich.

Nun habe ich mich natürlich gefragt, wie genau das alexandrinische Vorgehen wirklich ist. Dass der julianische Kalender gegenüber dem gregorianischen ungenau ist, sollte uns allen ja bekannt sein. Also schon dadurch entsteht auf Dauer ein erheblicher Fehler! Aber hier spielt ja noch rein, dass man 19 (jüdische) Mondjahre von insgesamt 235 Monaten mit 19 (julianischen) Sonnenjahren gleichsetzt. Da der julianische Kalender mit einer durchschnittlichen Jahresdauer von 365,25 Tagen ungenauer und vor allem länger als die durchschnittliche Jahresdauer von 365,2468 Tagen des jüdischen Kalenders ist, wird er dem jüdischen Kalender in Zukunft immer mehr hinterherhinken.

Doch was hat das für Folgen? Um diese Frage auch an konkreten Zahlen zu beantworten, habe ich mich im Internet umgesehen und bin auch fündig geworden. Ich habe einen Algorithmus vom Freiherrn von Zach aus dem Jahre 1802 entdeckt. Mit diesem Algorithmus ist es möglich, ein ziemlich genaues julianisches Datum für das jüdische Pessachfest zu berechnen:

B = Jahr (julianisch)
a = (12B + 12) mod 19
b = B mod 4
M + m = 20 + 9415/98496 + (1 + 272953/492480)a + 1/4b - (313/98496)B

M...ganze Zahl
m...(Dezimal-)Bruch

c = (M + 3B + 5b + 1) mod 7

Fall 1: Wenn c = 2 oder c = 4 oder c = 6, dann Pessach = 1. März + M
Fall 2: Wenn c = 1 und a > 6 und m >= 1367/2160, dann Pessach = 2. März + M
Fall 3: Wenn c = 0 und a > 11 und m >= 23269/25920, dann Pessach = 1. März + M
Fall 4: Wenn sonstige Fälle, dann Pessach = M. März

Bei diesem Algorithmus geht man davon aus, dass Pessach am 15. Nisan ist. Wenn man davon ausgehen möchte, dass am 14. Nisan Pessach ist, zieht man einfach noch einen Tag ab.

Für dieses Jahr bekommt man also B = 2016; a = 17; b = 0; M + m = 40,11126543 und c = 6. Damit folgt Fall 1 und damit wird dieses Jahr Pessach am 10. April (julianisch) bzw. am 23. April (gregorianisch) sein.

Nun möchte ich das Ganze aber mal auf Langfristigkeit überprüfen. Nähmen wir doch einmal an, dass die Menschheit im Jahre 30.001 n. Chr. immer noch auf diesem Planeten existieren würde. Wenn wir den Gaußschen Algorithmus durchspielen, würde unser orthodoxes Ostern dann auf den 9. April 30.001 (julianisch) fallen. Im gregorianischen Kalender wäre das bereits der 18. November 30.001. Dies bedeutet, dass unser orthodoxes Ostern dann schon fast im Winter wäre. Gehen wir nun davon aus, dass auch die Juden bis zum Jahre 30.001 ihren Kalender nicht reformieren. Sie würden sich damit im Jahr 33.761 (jüdisch) befinden. Auf welches julianische Datum würde dann ihr Pessachfest am 15. Nisan fallen?

Für das Jahr 30.001 bekommt man B = 30001; a = 12; b = 1; M + m = -56,34050926 und c = 3. Damit würde Fall 4 folgen. Zu beachten ist nun, dass M negativ ist. Wir müssen also diesmal zurückrechnen. Wichtig dabei ist, dass man die 0 nicht einfach überspringt sondern mitzählt. Das jüdische Pessachfest würde damit am 3. Januar 30.001 (julianisch) bzw. am 14. August 30.001 (gregorianisch) sein.

Sollte der jüdische Kalender nicht reformiert werden, kann man daraus schlussfolgern, dass, wenn die Orthodoxe Kirche den julianischen Kalender beibehält, die Bedingung, dass Pessach vor Ostern sein muss, irgendwann sogar irrelevant werden würde, da durch die hohe Ungenauigkeit des julianischen Kalenders gegenüber dem jüdischen Kalender Pessach immer vor dem 22. März sein wird und man sich mit dieser Frage gar nicht mehr beschäftigen müsste. Theoretisch könnte man die Berechnung des Ostertermins dann sogar dahingehend anpassen, dass Ostern oftmals eine Woche früher sein könnte, da ein Zusammenfallen mit dem jüdischen Pessachfest auszuschließen wäre.

Außerdem kann man schlussfolgern, dass, wenn die Orthodoxe Kirche auf den neujulianischen Kalender umstellen würde, dies dann bedeuten würde, dass, sofern der jüdische Kalender nicht reformiert wird, das orthodoxe Ostern aufgrund der Ungenauigkeit des jüdischen Kalenders immer vor dem jüdischen Pessachfest sein würde! Das heißt, wenn wir den julianischen Kalender aufgeben würden, müssten irgendwann die Beschlüsse über das Osterdatum des Konzils von Nicäa geändert werden, sofern die Juden an ihrem bisherigen Kalender festhalten würden.

Mein Fazit:

Es gibt keinen ernsten Grund den julianischen Kalender aufzugeben. Er bietet viele Vorteile. Die Daten für die Feste werden sich im Zyklus von 532 Jahren nie ändern und auch die traditionellen Abstände zwischen den beweglichen und unbeweglichen Feiertagen bleiben immer erhalten. Auch müssten keine konziliaren Beschlüsse geändert werden. Es wird lediglich irgendwann mal Ostern im Winter bzw. Weihnachten im Sommer sein. Aber wo ist da das Problem? Wenn ich heute auf der anderen Seite des Äquators lebe, dann feiere ich auch schon heute Weihnachten im Sommer. Außerdem bedeutet das innerhalb einer Generation sowieso nur maximal einen Tag Unterschied. Diese Generation wäre es also dann von Kindheit an gewöhnt, Weihnachten z. B. im Sommer zu feiern und hätte damit überhaupt kein Problem. Für diese Generation wäre es gewohnheitsbedingt eher komisch, Weihnachten im Winter zu feiern.

Der neujulianische Kalender hätte das Problem, dass man die Bedingung, dass Pessach vor Ostern sein muss, irgendwann nicht mehr erfüllen könnte. Diese Bedingung müsste dann also zwangsläufig gestrichen werden, denn Ostern soll ja auch spätestens am 25. April sein. Warum sollte man diese alte und traditionelle Bedingung, welche ja auch theologisch gesehen eine Bedeutung hat, streichen?

Ich würde mir wünschen, dass bald wieder alle Orthodoxen zum julianischen Kalender zurückkehren. Denn der Mischkalender, den manche Orthodoxe benutzen, geht überhaupt nicht und erzeugt nur Probleme!

Liebe Grüße
Luka

IC
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MariaM
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von MariaM »

Hallo Luka,
wow, da hast du dir ja echt viel Mühe gemacht mit all den Überlegungen und Berechnungen! Interessant... :idea:

Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich deine Terminologie richtig verstehe. Meinst du mit "neujulianisch" den "Mischkalender", so wie die Orthodoxe Kirche in Griechenland oder Rumänien ihn benutzt? Oder habe ich das falsch verstanden?

Vielen Dank. Gruss, M.
Luka Filipp Kiriak
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Nein, mit neujulianischen Kalender meine ich diesen hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Orthodoxer_Kalender

Es ist der genaueste Kalender, den es bisher überhaupt (auch außerhalb der Kirche) gibt. Derzeit ist er noch identisch mit dem gregorianischen Kalender, aber im Jahr 2800 wird er dem gregorianischen Kalender bereits um einen Tag vorausgehen. Dieser Kalender an sich ist sehr gut, weil er eben extrem genau ist!

Die Kirche in Griechenland und Rumänien benutzen aber einen "Mischkalender", also den neujulianischen Kalender, jedoch für die vom Osterfest abhängigen beweglichen Feiertage den julianischen Kalender. Und das führt eben (langfristig gesehen) dazu, dass bewegliche und unbewegliche Feiertage sich komplett zueinander verschieben, ja sogar überschneiden werden. So etwas kann die Kirche eigentlich nicht wollen. Z. B. Ostern und Weihnachten an einem Tag.

Und wie gesagt, selbst wenn man das Osterfest nicht mehr nach dem julianischen Kalender berechnen würde, dann hätten der gregorianische und der noch genauere neujulianische Kalender das gemeinsame Problem: Langfristig (gelegentlich schon jetzt) werden sie die Bedingung, dass das jüdische Pessach vor Ostern sein muss, nicht einhalten können.

Somit bleibt es dabei: Derzeit ist der julianische Kalender der einzig vernünftige!
Luka Filipp Kiriak
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Noch eine Anmerkung: Ich benutze ungern (wie im Wikipedia-Artikel) für den neujulianischen Kalender die Bezeichnung "orthodoxer Kalender", da dieser nicht "orthodoxer" ist als der julianische. Du verstehst, was ich meine. Denn "neujulianisch" drückt klar aus, dass es sich, wie bei dem gregorianischen Kalender, um einen reformierten julianischen Kalender handelt.
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von MariaM »

Ach so, danke für die schnelle Antwort! Ich bin da nicht so bewandert... :oops:

Aber was spricht denn dann dagegen, angesichts dieser Argumente den julianischen zu nehmen?

Ich hab auch früher schon mal ein bisschen was dazu gelesen, und da war auch das Fazit, dass der julianische wohl noch am besten sei. Wie gesagt, ich kenne mich nicht so aus, aber die Argumente fand ich durchaus überzeugend.

OK, für einen Teil der Leute wird es eine Umstellung, aber soo schlimm ist das doch nicht. Wenn man z.B. den griechisch/rumänischen bisher praktiziert hat, dann war halt bisher Weihnachten am "normalen" Datum, also dem der Katholiken, Protestanten und "Weltlichen". Das ist dann vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, es dann erst 13 Tage später zu feiren. Aber andererseits machts man es mit Ostern/Pascha ja eh schon so (in den meisten Fällen fallen die Termine nicht zusammen) und kennt das also bereits. Ich meine, man feiert erst mit den "anderen" einfach ein Frühlingsfest (das übliche Ostern) und dann ein oder mehrere Wochen später das orthodoxe Auferstehungsfest. Dann würde man das mit Weihnachten halt ähnlich handhaben - erst ein Fest zum Winteranfang und dann nach 13 Tagen das eigentliche Fest der Geburt Christi. So unüberwindbar finde ich das nun nicht.... oder?

Warum kann man sich darauf nicht einigen? Was ist der Haupt-Stein des Anstosses?

Gruss, M.
Luka Filipp Kiriak
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Maria, ganz meine Meinung!
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von MariaM »

OK, aber es scheint ja irgendein schwerwiegenderes Problem zu geben, sonst hätte man sich doch längst geeinigt? Oder?

Ich meine, das einzige Problem kann doch wohl nicht sein, dass man sich halt (bei denen, die es bisher anders handhaben - ich ja übrigens auch) gewöhnen müsste, erst Winteranfang und nach 13 Tagen Christi Geburt, bzw. Frühlingsanfang und dann später die Auferstehung Christi zu feiern?! In Griechenland könnte man es noch dazu gut damit begründen, dass man es wie auf dem Athos handhaben wird, der ja doch eine "Autorität" bzw. ein Vorbild für die meisten dortigen Christen ist, trotz aller verweltlichenden Tendenzen...

Klärt mich doch mal auf, was das Haupthindernis ist, bitte. Und warum wird das nicht auf dem anstehenden Panorthodoxen Synod zu klären versucht? Würde sich doch anbieten... oder nicht?

FRagende Grüsse, Maria
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Igor
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Igor »

Grüß Gott!
Luka Filipp Kiriak hat geschrieben:Ich habe den Algorithmus ausprobiert und erwartungsgemäß funktioniert er auch:

a = Jahr mod 19
b = Jahr mod 4
c = Jahr mod 7
M = 15
d = (19a + M) mod 30
N = 6
e = (2b +4c + 6d + N) mod 7

Ostern = 22. März + d + e

An dieser Stelle sei angemerkt, dass man diesen einfachen Algorithmus auch in den Kalender von Orthpedia implementieren könnte. Dann könnte man dort auch schon die zukünftigen beweglichen Feiertage einsehen. Bis jetzt ist dies nämlich nur für die unbeweglichen Feiertage möglich.
:guterbeitrag:

Ein prima Idee! :light:

Auch die Fakten, die Du sehr schön zusammengetragen hast, lieber Luka, wären (in neutralisierter Form) einen Orthpedia-Artikel wert! :up:

Ich bin kürzlich mal wegen genau dieses Themas auf folgender Seite gewesen: http://www.nabkal.de/ostern.html

In Christo
Igor
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Als der Höchste hernieder fuhr, verwirrte Er die Sprachen, zerteilte Er die Völker, nun, da Er Feuerzungen ausgeteilt, ruft Er alle zur Einheit: Einmütig preisen wir deshalb den Heiligen Geist. (Pfingstkondakion im 8. Ton)
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Igor hat geschrieben:Ich bin kürzlich mal wegen genau dieses Themas auf folgender Seite gewesen: http://www.nabkal.de/ostern.html
Lieber Igor, diese Seite kenne ich auch. Ich denke, dass sie im deutschsprachigen Raum zurzeit eine der besten bezüglich dieses Themas ist.

Noch ein paar Ergänzungen: Bei der Einführung des neujulianischen Kalenders auf dem gesamtorthodoxen Kongress in Konstantinopel im Jahr 1923 musste bereits klar gewesen sein, dass man die Pessach-Regel nicht mehr beibehalten kann. Sie wurde also schon damals gestrichen. Ostern sollte fortan am Sonntag, der dem ersten Vollmond nach dem Frühlingsäquinoktium folgt, gefeiert werden ohne die Berücksichtigung des jüdischen Pessachfestes. Sowohl das Datum für das Frühlingsäquinoktium als auch für den ersten Vollmond danach sollten astronomisch exakt bestimmt werden.

Erst später entschied man sich, um bezüglich des Ostertermins eine orthodoxe Einheit zu wahren, für die beweglichen Feiertage trotzdem weiterhin die julianischen Ostertermine zu verwenden. Das war dann die Geburt des "Mischkalenders".

Einen Vorteil bei einem reinen neujulianischen Kalender möchte ich aber nicht unterschlagen. Er wäre bezüglich des Ostertermins (wenn man auf die Pessach-Regel keinen Wert legt) astronomisch super genau! Und ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass, wenn die gesamte Orthodoxe Kirche diesen Kalender einführen würde, dann auch die anderen christlichen Kirchen (Protestanten, Katholiken, usf.) für die Berechnung des Osterdatums die astronomischen Termine verwenden würden. Damit würde dann wieder die gesamte Christenheit am selben Tag Ostern feiern, was ja schließlich das Hauptziel vom Konzil in Nikäa war. Die römisch-katholische Kirche äußert auch regelmäßig diesen Wunsch.

Letztendlich ist es ein Abwägen zwischen

1. der astronomischen Genauigkeit des Kalenders
2. der Pessach-Regel und
3. dem Anspruch, einen gemeinsamen Ostertermin für alle Christen zu haben.

2. und 3. waren wesentlich für das Konzil in Nikäa und können für die orthodoxen Christen mit dem julianischen Kalender auch langfristig erfüllt werden.
MariaM hat geschrieben:OK, aber es scheint ja irgendein schwerwiegenderes Problem zu geben, sonst hätte man sich doch längst geeinigt? Oder?

Ich meine, das einzige Problem kann doch wohl nicht sein, dass man sich halt (bei denen, die es bisher anders handhaben - ich ja übrigens auch) gewöhnen müsste, erst Winteranfang und nach 13 Tagen Christi Geburt, bzw. Frühlingsanfang und dann später die Auferstehung Christi zu feiern?! In Griechenland könnte man es noch dazu gut damit begründen, dass man es wie auf dem Athos handhaben wird, der ja doch eine "Autorität" bzw. ein Vorbild für die meisten dortigen Christen ist, trotz aller verweltlichenden Tendenzen...

Klärt mich doch mal auf, was das Haupthindernis ist, bitte. Und warum wird das nicht auf dem anstehenden Panorthodoxen Synod zu klären versucht? Würde sich doch anbieten... oder nicht?

FRagende Grüsse, Maria
Darüber lässt sich eigentlich nur spekulieren. Die Reform, den neujulianischen Kalender für alle Orthodoxen Kirchen einzuführen, ist damals gescheitert, weil es zu viele Orthodoxe gab, die vom julianischen Kalender nicht loslassen wollten. Nun könnte das natürlich genauso passieren, wenn alle wieder zum julianischen Kalender zurückkehren würden. Als z. B. in Griechenland 1924 der neue Kalender eingeführt wurde, betraf das sowohl den kirchlichen als auch den staatlichen Bereich. Die griechischen Bürger haben das also faktisch gar nicht mitbekommen. Es gab lediglich einen einmaligen Sprung nach vorn vom 9. März auf den 23. März. Das ist in etwa so, als wenn man einmalig die Uhr umstellt. Man braucht ein paar Tage, aber dann hat man sich schon daran gewöhnt. Dass die griechische Kirche trotzdem weiterhin das Osterdatum des julianischen Kalenders verwendet hat (Mischkalender), tut nicht viel zur Sache, da Ostern und die davon abhängigen Feiertage sowieso seit jeher jedes Jahr an unterschiedlichen Tagen gefeiert werden.

In Russland, Georgien, Serbien usw. sind es die Menschen gewohnt, zwei verschiedene Kalender zu benutzen, einen für den kirchlichen Bereich und einen für den Alltag. In Griechenland wäre das etwas völlig neues. Das gab es dort noch nie! (abgesehen von Berg Athos und Altkalendariern)

Wahrscheinlich fürchtet die Kirche, dass eine Rückkehr zum julianischen Kalender wieder zu Spaltungen führen könnte bis hin zu Übertritten zu Westkirchen. Ich kann mir schon vorstellen, dass so mancher Grieche, der den orthodoxen Glauben eventuell gar nicht so stark praktiziert, ein sehr großes Problem hätte, Weihnachten plötzlich nicht mehr am 25. Dezember feiern zu können. Was könnte dieser Grieche nun tun? Er könnte diese Änderung zähneknirschend annehmen, er könnte sich aber auch von der Kirche abwenden. Jetzt könnte man natürlich sagen, dass es doch sein Problem wäre, wenn er sich wegen solchen Belanglosigkeiten von der Kirche abwendet. Aber die Kirche muss um jeden Gläubigen kämpfen. Und so mancher einfache Gläubige würde diese Änderung als Willkür empfinden. Er versteht die ganzen historischen und theologischen Zusammenhänge, die dahinter stecken, einfach nicht. Er wird sich fragen, warum denn ausgerechnet die Orthodoxe Kirche, welche doch sonst behauptet, standhaft zu sein, einfach mal "alte, traditionelle" Termine von Feiertagen ändert.

Man wird die Rückkehr zum julianischen Kalender vielen Gläubigen nicht plausibel machen können. Außerdem kommt dann auch die Frage auf, wie der Staat auf eine derartige Änderung reagieren soll. Denn die kirchlichen Feiertage sind ja oftmals auch gesetzliche. Und heutzutage leben in all den betreffenden Ländern auch viele westliche Christen. Sie würden gegen eine Änderung der gesetzlichen Feiertage protestieren!

Liebe Maria, du siehst, je mehr man sich mit diesem Thema beschäftig desto mehr erkennt man, wie verfahren das alles ist. Und genau das wird der Grund sein, warum man sich diesem Thema beim Panorthodoxen Konzil auf Kreta gar nicht erst annehmen möchte.
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MariaM
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von MariaM »

Hm, das stimmt natürlich alles, was du zu bedenken gibst...

Wobei ich gar nicht mal denke, dass es notwendigerweise SO ein grosses Problem sein müsste. Wenn ich so an meine griechischen Freunde denke - ich glaube nicht, dass so eine Änderung sooo schlimm für sie wäre. In Griechenland ist immer noch die Mehrzahl der Menschen christlich-orthodox ( wenn auch viele nur noch recht "lauwarm" oder manche gar nur auf dem Papier) und wenn das Datum einmal festgelegt wäre, würde man sich schon darauf einstellen - vermute ich. Oder warum nicht? Wenn es "nur" um das Weihnachtsdatum ginge. Das von Ostern ist ja eh schon immer anders als das der westlichen Christen. Warum sollte man dann nicht auch ein "eigenes" Weihnachtsdatum haben?

Was ich persönlich eher denke, ist, dass man so eine Änderung mit den Altkalendariern verbinden würde, die irgendwie ein ziemlich seltsames und nicht vertrauenswürdiges Image haben, irgendwie als Extremisten verschrien sind... soweit ich es mitbekommen habe. Aber ich hab den Eindruck, das ist gar nicht mal wegen solcher Dinge allein wie das Oster- oder Weihnachtsdatum, sondern weil sie in verschiedenen weiteren Dingen Ansichten vertreten, die mit Misstrauen wahrgenommen werden. UNd dann denkt man irgendwie, wenn man das Datum wie sie übernehmen würde, gehörte man auch zu "solchen"... und will das nicht. Aber dagegen könnte man ja auch argumentieren...

Was das Panorthodoxe Konzil betrifft - irgendwie versteh ich das Argument nicht. GERADE wenn ein Thema schwierig ist - sollte man dann nicht die Chance nutzen, wenn man nun einmal nach so langer Zeit zusammenkommt, dieses Thema zu besprechen und zu klären versuchen? Gerade um vielleicht Wege zu finden, wie man es den Menschen in den jeweiligen Ländern nahebringen und erklären könnte usw.? Seit wann löst man denn Probleme dadurch, dass man sie ausklammert und über sie schweigt?!?

In Griechenland könnte man z.B. mit dem Athos argumentieren. Man könnte sagen, Altkalendarier hin oder her, die sind nicht so relevant, starrt nicht immer auf sie - wichtig ist, die Feiertage so zu begehen wie auf dem Athos, und so wie in viele anderen orthodoxen Ländern auch, und darin einheitlich zu sein - nicht mit Westchristen, sondern mit Orthodoxen anderswo.

Und ich wüsste jetzt ehrlich gesagt nicht, warum wegen des Weihnachtsdatums jemand aus der Kirche austreten sollte? Es sei denn, er hatte das eh vor und sucht nur einen Vorwand.... aber dann kann man wohl eh nicht viel machen, da er sich sonst einen anderen Vorwand genommen hätte.

Klar, ich selbst fände die Änderung, was Weihnachten betrifft, ja auch gewöhnungsbedürftig - aber eben auch nicht mehr als das. Man wandert doch - jetzt mal überspitzt gesagt - auch nicht wegen Sommer- oder Winterzeit aus dem Land aus, in dem man lebt - sondern man arrangiert sich damit und gewöhnt sich mehr oder weniger daran. Oder?

Aber ich verstehe schon, dass das Ganze kompliziert ist. UNd so, wie du richtig schreibst, wird es komplizierter, je mehr man sich damit befasst. Nur finde ich, man sollte es auch nicht künstlich überkomplizieren und ideologisieren.
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Lazzaro »

Luka Filipp Kiriak hat geschrieben:
Noch ein paar Ergänzungen: Bei der Einführung des neujulianischen Kalenders auf dem gesamtorthodoxen Kongress in Konstantinopel im Jahr 1923 musste bereits klar gewesen sein, dass man die Pessach-Regel nicht mehr beibehalten kann. Sie wurde also schon damals gestrichen.
Verfixt und zugenäht! Jetzt muß ich mal auf die Pauke hauen:
Wo steht diese seltsame Pessachregel, daß das christl. Pascha dem jüd. Pessach obligatorisch folgen muß? Sie steht nirgens! Est heiß immer nur, daß man
... "nicht nach Art der Hebräer ..."
feiern soll. Das heißt: nicht an einem Wochentag soll man feiern. Diese Bestimmung richtet sich gegen die Quartodezimianer. Da es diese heute praktisch nicht gibt, ist diese Regel völlig irrelevant.

Lazzaro
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Lazzaro »

MariaM hat geschrieben:
OK, aber es scheint ja irgendein schwerwiegenderes Problem zu geben, sonst hätte man sich doch längst geeinigt? Oder?
Ja es gibt eines, an das niemand denkt: Es handelt sich um den SATUS QUO der Heiligen Stätten.
Man muß bei einem gemeinsamen Kalender aller christlichen Kirchen den "Belegungsplan" mindestens der Anastasis, der Geburtskirche und der Himmelfahrtskapelle neu regeln, ohne daß der Konfessionelle Proporz geändert wird.

Das ist eine sehr schwierige Sache, weil 1.der Status quo nicht überall ganz klar ist und weil wir 2. z. B. bei der Himmelfahrtskapelle die Muslime mit ins Boot holen müssen, da der Ort ihnen gehöhrt. Viele Sachen funktionieren gerade deshalb weil wir verschiedene Kalender haben, und die Festgottesdienste eben an verschiedenen Tagen gefeiert werden können.

Traurig, aber wahr.
Lazzaro
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Thuja
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Thuja »

Jetzt muss ich schnell noch meinen "Senf" auch noch dazugeben:
1.) Die Beschlüsse des Panorthodoxen Konzils MÜSSEN EINSTIMMIG gefasst werden. D. h., die noch strittigen Themen, die länger diskutiert werden müssen, stehen daher nicht auf der Tagesordnung dieses Konzils, sondern werden noch weiter "intern" besprochen, bis eine einvernehmliche Lösung klar ist... daher kann die Kalenderfrage jetzt noch nicht Thema des Konzils sein.
2.) Wenn man die Bibel liest (z. B. in Matthäus 26), wird deutlich, dass das jüdische Pessachfest vor der Kreuzigung stattfand. Daraus ergibt sich, dass im orthodoxen Kalender das Pessachfest VOR Ostern liegen muss (die Westkirchen beachten das nicht mehr).
Bzgl. der Kalenderfrage als solcher ist das eigentlich schon relevant, aber das ist nur ein kleines Problem der vielen Punkte in dieser Frage...

Liebe Grüße
Thuja
Господи помилуй мя!
Luka Filipp Kiriak
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Lazzaro hat geschrieben: Verfixt und zugenäht! Jetzt muß ich mal auf die Pauke hauen:
Wo steht diese seltsame Pessachregel, daß das christl. Pascha dem jüd. Pessach obligatorisch folgen muß? Sie steht nirgens! Est heiß immer nur, daß man
... "nicht nach Art der Hebräer ..."
feiern soll. Das heißt: nicht an einem Wochentag soll man feiern. Diese Bestimmung richtet sich gegen die Quartodezimianer. Da es diese heute praktisch nicht gibt, ist diese Regel völlig irrelevant.

Lazzaro
Also nach meinem Kenntnisstand wurde beim Konzil in Nikäa für das Osterdatum eindeutig festgelegt:

1. an einem Sonntag (richtet sich gegen die Quartodezimaner, denen der Wochentag egal war und die am Tag der Kreuzigung Christi feierten)
2. an einem Sonntag nach dem jüdischen Pessach-Fest (richtet sich gegen die Protopaschisten, die oftmals auch vor dem eigentlichen 14. Nisan gefeiert haben, weil der jüdische Kalender das Frühlings-Äquinoktium selbst nicht mehr hinreichend beachtete)

Falls du den wortgenauen Beschluss von Nikäa kennst, dann kannst du ihn hier gern zitieren. Meines Wissens kann der Beschluss nämlich nur rekonstruiert werden aus einem Schreiben von Kaiser Konstantin, einem Schreiben der Synode an die alexandrinischen Kirchen sowie anhand verschiedener Bemerkungen von Autoren des vierten Jahrhunderts (z. B. bei Epiphanius von Salamis, Sokrates Scholasticus).

Die eindeutige Abgrenzung vom jüdischen Pessach war beim Konzil von Nikäa jedenfalls sehr wichtig. Was denkst du denn, woher die Regelung kam, dass Ostern der erste Sonntag nach dem Frühlingsvollmond sein muss? Der Grund dafür ist, weil der Frühlingsvollmond damals im Christentum ein Synonym für das jüdische Pessachfest (14. Nisan) war. Und genau deswegen gibt es auch die Regel, dass, wenn der Frühlingsvollmond ein Sonntag ist, Ostern dann eine Woche später gefeiert wird. Der Kirche war es so wichtig, nicht am jüdischem Pessach zu feiern sondern danach!
Luka Filipp Kiriak
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Re: Orthodoxes Osterdatum in Verbindung mit jüdischem Pessach

Beitrag von Luka Filipp Kiriak »

Lieber Lazzaro, noch zur Ergänzung: Ich kann deine Anmerkungen insofern nachvollziehen, dass das Heilige Konzil von Nikäa den Anspruch hatte, Ostern unabhängig von den Juden bestimmen zu können. Gleichzeitig sollte Ostern aber immer nach Pessach sein. Die Frage, die sich jetzt stellt, ist, ob der Kirche beim Konzil egal war, wann die Juden tatsächlich Pessach feiern.

Die Antwort auf diese Frage kann man eigentlich nur deuten, jedoch lässt sich die Frage nicht nachweislich beantworten. Und ich deute das so: Man wollte nicht immer jedes Jahr warten, welches genaue Datum die Juden für ihr Pessach festlegen. Jedoch war klar, dass, wenn die Juden alles korrekt machen würden, dann müsste ihr Pessach am ersten Frühlingsvollmond sein. Und auch wusste man schon damals, dass die Juden sich an diese Regel nicht immer genau halten und gelegentlich Pessach früher feierten, jedoch nie später. Also konnte man sich damals sicher sein, dass, wenn man für das Osterdatum den ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond bestimmt, man garantiert Ostern nach Pessach feiert. Und das ist dann (nach meiner Deutung) auch die Antwort auf die Frage: Der Kirche war es schon immer wichtig, dass Ostern auch tatsächlich nach dem jüdischen Pessachfest ist.


Und dadurch, dass das durchschnittliche julianische Sonnenjahr etwas länger ist als das durchschnittliche jüdische Mondjahr, funktioniert dieser Ansatz beim julianischen Kalender bis heute und auch für die Zukunft. Der gregorianische und der neujulianische Kalender hingegen können das errechnete Osterdatum nicht konzilskonform garantieren.

Mein Vorschlag also: Zunächst sollten alle Orthodoxen wieder zum julianischen Kalender zurückkehren! Danach könnte (nicht muss) die Kirche auf einem gesamtorthodoxen Konzil einstimmig beschließen, die Pessach-Regel für das Osterdatum aufzugeben bzw. dahingehend zu konkretisieren, dass diese Regel nur einen symbolischen Charakter hat und nicht den tatsächlichen Begebenheiten entsprechen muss. Der symbolische Charakter wäre dann ja mit der Regel, erster Sonntag nach dem ersten Vollmond seit dem Frühlings-Äquinoktium, bereits erfüllt. Erst danach könnte auf einem gesamtorthodoxen Konzil einstimmig beschlossen werden, einen astronomisch exakten (z.B. den neujulianischen) Kalender einzuführen.
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