Neue Änderungen in der LITURGIE

Orthodoxe Kirche und Gesellschaft, Theologie
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ella
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Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von ella »

Hallo an alle :)

Ich hätte mal eine Bitten an euch alle und zwar es geht um die Hl. Liturgie in der orthodoxe Kirche (spezifisch serb. orth. Kirche).
Im Jahr 2006-2007 gab es große Streitigkeiten, Auseinandersetzugen in der SPC ( serbisch orthodoxe Kirche in Serbien), was sich auch in Diaspora spürbar macht.
Ob es theologisch begründet ist, oder nicht würde ich gerne von euch wissen

-Die Königstür in der orthodoxe Kirche und der Vorhang bleiben in vielen serb. orth. Kirche entwieder die ganze ZEIT offen, oder ganz kurz geschlossen
-die stille Gebete ( was der Prister im Altar liest) , liest er jetzt laut vor ( der Chor oder die Menschen in der Kirche singen an paar Stellen in der Liturgie nicht bzw. machen Pause um den Priester jetzt zu hören, was er betet.... was früher nicht war).

Ich schreibe eine Seminararbeit darüber Christliche Rituale im Wandel. bzw. warum es dazu gekommen ist ?
WArum sind jetzt "dveri" (Königstür ) offen?
Warum liestß der Priester manche Gebete Laut?
Warum gibt es in serb. orth. Kirche jetzt naja so zu sagen diese "novotari"(wer sind sie ) (die Bezeichnung in Serb. ) und überhaupt warum gibts so große Streitigkeiten, dass sogar die Priester die sich weigern die änderungen in die Liturgie einzubringen versetzt werden oder werden in die Pension geschickt.

Bitte nennt mir auch einpaar Bücher (Fachliteratur wenns möglich ist)
websites oder so auf Deutsch.

Danke :)

Lg
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Igor
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Igor »

Liebe Ella, herzlich willkommen hier im Forum!
ella hat geschrieben:WArum sind jetzt "dveri" (Königstür ) offen?
Warum liestß der Priester manche Gebete Laut?
Warum gibt es in serb. orth. Kirche jetzt naja so zu sagen diese "novotari"(wer sind sie ) (die Bezeichnung in Serb. ) und überhaupt warum gibts so große Streitigkeiten, dass sogar die Priester die sich weigern die änderungen in die Liturgie einzubringen versetzt werden oder werden in die Pension geschickt.

Warum ist die Tür zu? Die Eucharistie ist ein Mysterium (griech. für "Verborgenes"), wir können nicht erfassen oder auch sehen, was da durch Gott geschieht - die Wandlung von Brot und Wein in Fleisch und Blut Christi durch die Wirkung des Heiligen Geistes. Was genau die Motivation der SOK war/ist, kann ich nicht direkt beantworten. Fakt ist, dass es neben der Regel, dass die Königstür während des Eucharistischen Kanons geschlossen ist, auch Ausnahmen gibt. Beispiele für Ausnahmen:
  • Während der Großen Woche nach Ostern bleibt diese offen,
  • wenn ein Priester eine bestimmte Auszeichnung (nämlich, mit offenen Türen zu zelebrieren) bekam,
  • wenn es die Örtlichkeit nicht zulässt (z.B. vor der Christi-Geburts-Grotte in Bethlehem) u.a.


Die Motivation für das laute Sprechen der Gebete könnte sein, den Gläubigen besser zu vermitteln, was da gerade geschieht.
ella hat geschrieben:Bitte nennt mir auch einpaar Bücher (Fachliteratur wenns möglich ist)
websites oder so auf Deutsch.
Z.B. Mönchsdiakon Seraphim (Tschurkin): Über die Göttliche Liturgie

Mehr Tipps in der :arrow: FAQ.

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Igor
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Nikolaj
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Nikolaj »

Oft gibt es das Problem, dass man den Priester, der hinter der Heiligen Türe und einer hohen Ikonostas nicht hört. Deswegen sind die offenen Türen vielleicht als Durchgang für den Schall genutzt. Übrigens ist es immer in der Macht des Bischofs einen Priester oder eine ganze Gemeinde mit der Auszeichnung mit offenen Türen zu zelebrieren zu belohnen. Dann kann er das natürlich auch allen Gemeinden seiner Diözese gewähren.
Man muss auch bedenken, dass früher - in den Zeiten als die Liturgie entstand - die Ikonostas viel kleiner war. Sie hat sich ja eher aus einer Schranke, die eine Abtrennung (oder eigentlich Verbindung) zum Altarraum war. Mittlerweile ist die Ikonostas aber zu einer Wand in Höhe der Kirche geworden und der Altarraum ist dadurch ein abgetrennet Raum. Hier ist der einzige Weg für die Stimme des Priesters die Hl. Türen.

Die Gebete des Priester sind ebenso wichtig, wie die Gebete des Chores, um den Inhalt des Gottesdienstes überhaupt zu verstehen. Aus missionarischer Sicht kann es also von Vorteil sein, dass der Priester die Gebete laut spricht. Er kann die Gebete leise sprechen, wenn die Gemeindemitglieder die Gebete schon kennen. Aber leider sind die Gebete für viele Gläubige und natürlich für die Neuankömmlinge unbekannt.

Naja, wie gesagt, diese Sachen gehören in die Entscheidungsgewalt des Bischofs und ich sehe da überhaupt kein Problem damit. Ob man es für sinnvoll hält oder nicht.
Lazzaro
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Lazzaro »

Hallo Ella!

Ich gehe zu erst der Frage nach, warum der Priester die Gebete laut spricht:
In der alten Kirche, das heißt in der Spätantike, wurden alle Gebete des Priesters laut gesprochen. Wann die Sitte aufkam, sie leise zu sprechen, kann ich nicht sagen. Die Liturgieübersetzung des Erasmus von Rotterdamm (+ 1536) kennt die Priestergebete /Evchi in der leisen Form. Bei uns, das heißt im Exarchat der Gemeinden russ. Tradition (vulgo „Rue Daru“) ist es ebenfalls in vielen Gemeinden üblich, die Evchi und besonders die Anaphora laut zu beten. Der Grund dafür liegt meiner Meinung nach in der Liturgiesprache: Dort, wo eine moderne Sprache benutzt wird, haben die Gläubigen ja eine reelle Möglichkeit den Text zu verstehen. Dort wo der Gottesdienst auf altslavisch oder altgriechisch gefeiert wird, verstehen die Gläubigen die langen Texte nicht, deshalb ist es üblich geworden während dessen noch zu singen. Liturgisch korrekt ist es tatsächlich, die Gebete laut zu sprechen. Das leise Priestergebet ist die Fehlentwicklung. Da die serbische Kirche sich seit einigen Jahren der modernen Sprache geöffnet hat, ist die Rückentwicklung zum lauten Gebet eigentlich die logische Konsequenz.

Blicken wir einmal über den Tellerrand: Die Kirche von Rom feierte den Gottesdienst zuerst auf Griechisch. Als in der Spätantike die Gemeinde diese Sprache nicht mehr beherrsche, wechselte man der besseren Verständlichkeit wegen zu Latein. Als die Menschen das auch nicht mehr verstanden, begann man, den Gottesdienst mit Kirchenmusik zu „verschönern“, während der Priester am Altar zusammen mit seinem Altardiener „Stille Messe“ zelebrierte. Mit der Öffnung der Liturgie für die Landessprache wurden schlagartig alle „Stillgebete“ wieder laut vorgetragen. Die mystagogischen Erklärungen, warum die Anaphora nicht laut gebetet werden dürfen sind verschwunden.

Vergleichbares gilt auch für die Königstür:
In der Antike waren zur Eucharistiefeier nur Getaufte zugelassen, später nicht mehr und es gab ein Bedürfnis die Mysterien vor anwesenden Andersgläubigen zu schützen. Wenn aber die Texte des Eucharistiegebetes in einer allen verständlichen Sprache vorgetragen werden wirkt der Gottesdienst weniger mysitifierend, was sich dann auch auf die geöffneten Königstüren auswirkt: Sie erleichtern doch den gemeinsamen Vollzug des Gottesdienstes von Priester und Gemeinde.

Zu den erwähnten Streitigkeiten:
Ich kenne die aktuelle Lage der serb. Kirche nicht und kann daher nur ein allgemeine Gedanken anbringen. 1. Die orth. Kirche ist extrem konservativ und viele Gläubigen denken, der Gottesdienst, so wie sie in feiern, sei der „Originalzustand“, den es auf jeden Fall zu verteidigen gilt. Das stimmt so nicht ganz: Es gibt Veränderungen, aber sie fallen kaum auf und der liturgische Wandel ist sehr langsam. Auch hier kann ich wieder auf die Liturgieübersetzung des Erasmus von Rotterdamm verweisen, die z.B. die Gesänge „Gesehen haben wir das wahre Licht:“ und „Erfüllt sei unser Mund:“ nicht kennt. 2. Über eventuelle Änderungen im Stil des Gottesdienstes entscheidet der Bischof. Es ist auch eine Frage, wie sensibel er mit denen umgeht die sich nicht an seine Anordnungen halten, oder ob er verschiedene Zelebrationsstile in seinen Kirchen zulässt. 3. Ist es eine Grundsatzfrage, ob man den Gottesdienst eher mystisch feiern möchte: In einer alten Sprache, mit geschlossenen Türen und entsprechenden Gesängen; oder ob man ihn eher analytisch gestalten möchte, so daß der Gemeinde, deren Mitglieder in der Regel keine alten Kirchensprachen verstehen, besser die Gebete und die heiligen Handlungen verstehen.

Der Gottesdienst ist eigentlich so aufgebaut, daß er sich größtenteils selber erklären kann: Das geht aber nur, wenn man die Texte versteht. Sei es durch durch Mitlesen im Buch, das Lernen der alten Liturgiesprache, oder die Einbeziehung einer modernen. Letzteres scheint mir als die einfachste Möglichkeit.

Mein Problem bei diesen Ausführungen: Ich kann nichts wissenschaftlich belegen. Sorry, es ist eine Antwort aus meinen liturgisch gelebten Erfahrungen.

Literatur:
-Kallis, Anastasios (Hrg):
Liturgie: die Göttliche Liturgie der orthodoxen Kirche; deutsch- griechisch- kirchenslawisch
Mainz 1989
-Heitz, Sergius:
Mysterium der Anbetung, Band I
Köln 1986 und: http://orthodoxe-bibliothek.de/index.ph ... 3&Itemid=0
Beide Bücher berücksichtigen die liturgischen Unterschiede zwischen griechischem und russischem Brauch.
- Schmemann, Alexander:
Eucharistie, Sakrament des Gottesreiches
Johannesverlag Einsiedeln, Freiburg 2005 (Habe ich noch nicht gelesen, wollte nur mitteilen, daß es existiert.)

Lazarus
bogoslov05
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von bogoslov05 »

Erst ein mal wünsch ich meinen lieben Brüdern und Schwestern die nach dem gregorianischen Kalender Feiern einen schönen Nikolaustag. :loveit:

Die Frage über die liturgischen Änderungen oder wechsel zu den Wurzeln sind in der SOK nicht mehr so aktuell. GOTT SEI DANK! Diese Streitigkeiten (leider ist dieses Wort nicht übertrieben gewählt) haben die Kirche stark in den Meinungen geteilt. Vor allem solche gegenseitige Anschuldigungen (griechophyl [pro Änderungen] oder russophyl [contra Änderungen]) sind beweis solcher Streitigkeiten. Man darf auch nicht vergessen, dass genau nach diesen Streitigkeiten der Fall des bisch. Artemije zum Tagespunkt wurde. Obwohl die kirchliche Gemeinschaft ein neues Streitthema bekamen, wurde die hier diskutierte Frage nie beantwortet.

Solche Streitigkeiten ob man die Gebete laut lesen solle, oder ob die Königstüren die gesamte Liturgie offen sein sollen sind Kleinigkeiten und verdienen keinen Streit in solch einem Ausmaß. Die liturgischen texte an sich, die Handlungen und die Eucharistie wurden nicht verändert. Kurz um: Das Fundament steht immer noch! Es wurde um Kleinigkeiten gestritten und diesen Kleinigkeiten theologisch Wichtigkeit zugeschrieben. Schlimmer noch, sie wurden als wichtigste dogmatische Fundamente bezeichnet. Die Anhänger der pro Änderungen werden sogar der Häresie und Schisma beschuldigt. Spätestens hier muss deutlich werden, dass diese Diskussion enorme Ausmaßen annahm. Doch dieser Streit ähnelt ein wenig der Reformen des patr. Nikon (ROK) und auch ihren Folgen. Auch ihm wurde damals gesagt (vom jerus. patr.) dass man nichts ändern braucht, was keine theologische Bedeutung hätte.

Doch kurz zu deinen Beiden Beispielen:

1. Königstür: Hier muss ich zunächst Nikolajs Worte zitieren:
Man muss auch bedenken, dass früher - in den Zeiten als die Liturgie entstand - die Ikonostas viel kleiner war. Sie hat sich ja eher aus einer Schranke, die eine Abtrennung (oder eigentlich Verbindung) zum Altarraum war
Zu apostolischen Zeiten und zu Zeiten, wo die Liturgie in Katakomben stattfand gab es überhaupt keine Abtrennungen. Danach folgte eben die o. g. "Schranke", welche auch im Laufe der Zeit höher wurde und auch mithilfe von Ikonen den Altarraum abdeckte. Es gab auch Zeiten wo die Ikonostase auch komplett abgebaut wurde und danach wieder da war. Sie wandelte mit der Zeit und wohlmöglich ist auch die heutige Ikonostase nicht der letzte Version ihres gleichen. Vor allem in der Diaspora (dabei können wir in Deutschland bleiben) gibt es in vielen orth. Kirchen keine Ikonenwänder, oder sie werden provisorisch mithilfe von Ikonen symbolisiert. Das liegt aber nicht daran, dass diese Bischöfe, Klerus und/oder Gläubige zu den pro Änderungen übergingen, sondern dass solche Kirchengemeinden noch sehr jung sind, oder diese Kirchen mieten um an bestimmte Tage zu zelebrieren. Dies ist beweis Genug um zu zeigen, dass die Ikonostase und die Königstür kein theologisches Fundament bilden. Sie sind (wunder-)schön und manchmal praktisch um eben den Altarraum vor Neuankömmlingen zu schützen, aber das ist nicht Grund genug um eine Schisma anzufangen.

[hierzu eine Anekdote: Bei einer Vesper an Heiligabend in einer Kirche wo es keine Ikonostase gab, sondern nur zwei provisorische Ikonen von Pantokrator und Maria kam eine Frau in die Kirche. Sie war nicht sehr gläubig sondern kam eher aus traditionellen Gründen in die Kirche. Der Beweis für diese Behauptung war, dass sie nicht nur die Ikone im Zentrum der Kirche küsste. Sie ging ebenfalls hoch zum Altartisch und küsste das Evangelium und das Kreuz.]


2. Das Lesen der Gebete:
Aber erlaubt den Propheten (=dem Klerus) zu danken so viel sie wollen
(Didahe X, 7)

In der apostolischen Zeit gab es nicht so prunkvolle Zeremonien wie heute. Selbst die Texte wurden noch nicht unifiziert. All das geschah lange Zeit danach. Die ersten Liturgien waren eher Abendessen mit Dankesgebeten und moralisch-theologischen Gebeten. Da waren solche Formen von leisen Gebeten und Kirchenmusik noch fremd. Mit der Zeit änderte sich das. Die Dankesgebeten wurden theologisch umgeschrieben, verfeinert und unifiziert und sie bekamen den Namen Eucharistie Kanon. In der "Blütezeit" der Kirche wurde dieses Dankesgebet höchstwahrscheinlich als ein langes Gebet gelesen. Nach dem Ikonenstreit kam es auch zur liturgischen Reform, welche auch Auswirkung auf unsere heutige Liturgie hatte. Heute wird das Dankgebet (Eucharistie Kanon) durch verschiedene liturgischen Liedern, die der Chor singt übertönt. Dies führt heute dazu, dass man meint die Gebete wären nicht ein ganzes sondern verschiedene, von einander unabhängige. Doch wenn man die Eucharistiekanons liest ohne solche Unterbrechungen, so merkt man, dass sie doch ein gesamtes Gebet darstellen.

Solle man die Gebete laut oder leise lesen?

1. Liest man sie leise während der Chor singt, so hört man den Chor, doch das eigentliche Gebet bleibt unbekannt. Man könne sogar zum falschen Schluss kommen, diese Gebete seien kein Dank und Bitte zur Erlösung an unseren Herren, sondern eine Art Zaubersprüche, welche nur durch einen Priester gesagt werden dürften.
2. Liest man die Gebete laut während auch der Chor singt, so versteht man wahrscheinlich weder das Gebet, noch das Lied. Solch eine ähnliche Situation gab es auch in Russland worauf die Nikon Reformation folgte.
3. Singt man erst das Lied und liest dann das Gebet laut vor, so dauert die Liturgie an sich viel länger. Sowohl Lieder als auch Gebet sind von theologischem Inhalt und erklären dem Gläubigen den Glauben. Dennoch dienen diese Lieder eher dazu die Zeit während der Priester diese Gebete liest zu überbrücken. Auch solch eine Methode teilt also das Gebet an sich.

Was soll man also machen? Egal wie man es macht, es kommt zum gleichen raus. Dennoch muss ich noch mal unseren Bruder Nikolaj zitieren:
Aus missionarischer Sicht kann es also von Vorteil sein, dass der Priester die Gebete laut spricht.
Um nicht noch weiter diese Frage auszuarbeiten mach ich nur ein kurzes Fazit: Die Methode des Lesens ist nicht ausschlaggebend, sondern der Inhalt. Egal ob laut oder leise, gesungen oder gelesen, ... wichtig ist der Inhalt. Dazu muss ich wieder die Didache zitieren:
Wenn zu euch doch einer kommt und so lehrt wie oben beschrieben, so nehmt ihn an. Wenn aber er von dieser Lehre abkommt und euch eine andere Lehre lehrt um (diese Lehre) zu bespotten, so hört ihn euch nicht an
(XI, 1-2)


Es gibt aber noch viele weitere Fragen bei diesen Änderungen, welche wichtiger wären um zu Diskutieren, wie z. B.: Ob man vor der Eucharistie Fasten und die Beichte ablegen muss. Wenn man vor der Eucharistie fasten muss, wie lange? Wie man (körperlich) Fasten muss? u. Ä. Doch auch diese Fragen sind in erster Linie persönliche Fragen zwischen einem Gläubigen und seinem Priester. Man versucht also den asketischen Weg eines Individuum anhand von Regeln zu konzipieren ohne eine Lücke für die persönlichen Eigenschaften und den freiem Willen zu lassen.

Gründe für solch einen Streit in der SOK ist vor allem dadurch zu begründen, dass wir keine autoritären Bücher und Quellen dafür haben (im Gegensatz zu der ROK). Das beste Beispiel ist, dass selbst die Überarbeitung des Typikons vom Aussterben bedroht ist. Über das Original muss ich nicht mal sprechen.

Zu der Frage der Literatur speziell über diesen Streit kann ich dir nur Aufsätze auf der Internetseiten verujem.org (pro), svetosavlje.org (contra) und pouke.org (pro) empfehlen, sowie die Diskussionen zwischen den Bischöfen Jefrem und Atanasije in der SOK Zeitschrift Pravoslavlje. Alle sind jedoch auf serbisch.
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ella
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von ella »

Ich danke euch für eure Antworten, hat mir sehr geholfen.

Ich besuche im Zuge meines Studiums das Seminar "Rituale im Wandel" zu dem wir (also meine Gruppe) am Ende eine Arbeit schreiben müssen ( ink. Forschung, Feldforschung, qualitative Religionsforschung,Rituale beobachten, usw. ...).

Meine Gruppe war sehr an der orthodoxen Kirche interessiert, da ich auch ein Mitglied der orthodoxe Kirchengemeinde bin, war es für mich auch praktisch die Liturgie jetzt auch aus einem anderem Blickwinkel zu beobachten.

In den Medien liest man sehr viel darüber ob man die Königstür offen lassen darf oder nicht. Ich selber merke das ich mich da nicht gut genug auskenne, dass auch die orth. Kirchenmitglieder wie auch Theologen und Priester verschiedene Meinungen haben und deswegen bin ich etwas verwirrt.

Wie es bereits jemand erwähnt hat, war natürlich am Anfang nicht alles so wie es heute ist. Was von vielen bestritten wird, aber in der Literatur der Kirchengeschichte wird deutlich geschildert wie die Entwicklung stattgefunden hat ob man es zugeben will oder nicht, Tatsache ist dass mit der Zeit auch Änderungen vorkommen.

Mittlerweile ist aber das Leben der Menschen in einer postmodernen, pluralen Zeit vielfältiger geworden; und Rituale werden verändert und neu "komponiert", den neuen Lebensrealitäten angepasst. Dadurch ist das Feld der Rituale in den letzten Jahrzehnten Plural geworden. Es gibt Einflüsse von anderen Religionen, von anderen Nationalitäten und ihren Traditionen.

Ich finde nicht so viel Literatur auf Deutsch (meine Gruppe versteht leider kein serb. oder russisch) und denke mir , dass das Thema mit der Königstür nicht so relevant sein kann?

Habt ihr vielleicht einen Vorschlag bzw. findet ihr ein Ritual in der serb. orthodoxen Kirche (wir müssten uns auf eine beschränken) welches sich zur Zeit im Wandel befindet und welche man beobachten kann.

Ich dachte mir das Totenrituale - Bestattungsrituale interessant wären aber da wird es etwas schwerer mit der Feldforschung.

Gibt es in der Liturgie etwas was man beobachten kann,(wo sich etwasn verändert hat oder ändert) und wo es genügend Literatur dazu gibt auf deutsch ?

Vielen Dank :)
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Priester Alexej
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Priester Alexej »

Ich bezweifele, dass es ein solches Thema gibt, zu dem es genug Literatur auf deutsch gibt. In Deutschland sind wir momentan dabei, Quelltexte zu übersetzen. Wir haben nicht einmal ein Typikon auf deutsch, geschweige den Literatur zu einer Veränderung von diesem. Kanns du eine Orthodoxe sprache, Serbisch oder Griechisch?
Apostolischer Kanon 39 (32): Priester und Diakonen sollen ohne Wissen und Willen des Bischofs Nichts thun: denn dieser ist's, welchem das Volk des Herrn anvertraut worden, und von welchem Rechenschaft über ihre Seelen gefordert werden wird.
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Igor
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Igor »

Ich würde es etwas optimistischer darstellen. Mit der 12-bändigen Ausgabe der liturgischen Texte von Erzpriester Alexios Maltzew ist schon ein bedeutendes Fundament in deutscher Sprache gelegt worden. Darauf sollte man aufbauen, man sollte "das Rad nicht unbedingt nochmal erfinden".

So finden sich da z.B. in den Vorworten umfangreiche Analysen und Vergleiche der Riten.
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Als der Höchste hernieder fuhr, verwirrte Er die Sprachen, zerteilte Er die Völker, nun, da Er Feuerzungen ausgeteilt, ruft Er alle zur Einheit: Einmütig preisen wir deshalb den Heiligen Geist. (Pfingstkondakion im 8. Ton)
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Nassos »

Hallo,

ich darf nur kurz anfügen, dass die Ikonostase nicht überall - auch in den orthodoxen Ländern - bis nach oben reicht. Das ist eher typisch für die russischen Kirchen, in den griechischen ist das eher nicht der Fall.

Mir scheint, die Streitigkeiten basieren auf einem sehr niedrigen Niveau. Wenn ich schon lese, dass griechophyl (Kandidat für das Unwort des Jahres, es heißt hellenophil) oder russophyl (=>russophil) jeweils gleichgesetzt wird mit reformfreudig bzw -feindlich... Erinnert mich an die Amis, die alle Deutschen für Nazis halten. Entbehrt jeder Vernunft und damit jeglicher Grundlage zu einer Diskussion.
Man darf nicht vergessen, dass es im Laufe der Zeit auch in der russischen Kirche Reformen gab, aus denen Spaltungen wuchsen.

Just heute las ich über den Hl. Irenäus von Lyon, der die Häresien in seiner Zeit bekämpfte, aber nicht dadurch, dass der die Abweichler fertig machte, sondern sachlich die Häresie selber anging, die Anhänger jedoch stets mit Liebe begegnete und ihnen stets die Arme öffnete. Ein Gewaltiger unter den Lehrern. Warum tun wir es ihm nicht nach?

Manchmal haben diese Streitigkeiten für mich etwas von Hooliganismus an sich. Dann auch noch mit phyletistischen Elementen versehen - da vergraults doch jedem, der an der Orthodoxie interessiert ist.

Zur Geschichte der Liturgie kann ich :arrow: auf diesen Beitrag und folgende verweisen. Zwar ist das sehr wenig, aber vielleicht ist es die Richtung, die Du suchst, ella.

Lieben Gruß,
Nassos
Lazzaro
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Lazzaro »

Hallo Ella!
Eine möglichkeit wäre es, den kirchlichen Wandel nicht historisch hintereinander, sondern parallel zu verfolgen:
Das heißt: Was sind die Unterschiede zwischen griechischer, serbischer, russischet, ... Praxis. Was ist gemeinsamer Bestand? Was hat sich (auch warum?) anders entwickelt. Der Punkt dabei ist, daß es sich dabei um mündliche Überlieferung handelt und wenn man "Feldforschung" betreiben will, sollte man ein gewisses Grundwissen bereits haben, so daß man diese Unterschiede auch erkennen kann.

Mögliche Spezialthemen, die mir spontan einfallen:
Die verschiedene Art der Russen und Griechen, den Orthros / die Utrenja zu feiern. Trotz der gleichen Bücher!
Den Stellenwert des Totengedächtnis (Pannychida / Parastasis) nach der Liturgie. Bei den Rumänen sehr ausführlich, gefeiert, bei euch Serben in die Slava eingebunden, bei anderen wiederun anders.

Lazarus
bogoslov05
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von bogoslov05 »

hallo nochmal,

die Idee von Lazzaros ist sehr gut. Dazu brauchst du vielleicht auch nicht so viel Literatur (in anderer Sprache). Die meisten orthodoxen Gemeinden haben ein Liturgieheftchen auf der eigenen liturgiesprache UND auf deutsch. So kannst du die Unterschiede zwischen allen den analysieren. Zum Schluss kannst du dann vielleicht auch erörtern, welcher Tradition die "offizielle" Übersetzung der orthodoxen Liturgie ins deutsche der OBKD verfolgt. Hier ein Link. Wie ich erkenne, weist diese Übersetzung auch unterschiede zwischen der griechischen und russischen Tradition auf.
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ella
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von ella »

bogoslov05 hat geschrieben:hallo nochmal,

die Idee von Lazzaros ist sehr gut. Dazu brauchst du vielleicht auch nicht so viel Literatur (in anderer Sprache). Die meisten orthodoxen Gemeinden haben ein Liturgieheftchen auf der eigenen liturgiesprache UND auf deutsch. So kannst du die Unterschiede zwischen allen den analysieren. Zum Schluss kannst du dann vielleicht auch erörtern, welcher Tradition die "offizielle" Übersetzung der orthodoxen Liturgie ins deutsche der OBKD verfolgt. Hier ein Link. Wie ich erkenne, weist diese Übersetzung auch unterschiede zwischen der griechischen und russischen Tradition auf.
Hallo,

also meine Gruppe und ich sind bei der Thema geblieben "Ikonostase - Das ritualle Verhalten rund um das Zentrum der Ikonostase".
Mein Vorschlag war auch dass wir die Unterschiede zwischen alle orth. Kirchen analysieren und vergleichen. Der Professor war der Meinung dass das sehr umfangreich sei und viel Zeit verlangt was wir aber nicht haben.

Bis jetzt haben wir das Thema in versch. Punkte gegliedert und aufgeteilt.
Die geschichtl. Entwicklung der Ikonostase (Kirchengeschichte )
Die Bedeutung der Ikonostase früher und heute uws.

Kann mir nur jemand sagen ( ja ich bin euch sehr dankbar für euere Antworten, hat mir sehr geholfen), warum sich so viele im Jahr 2006-2007 so viele aufgeregt haben, wegen der Königstür, dass die jetzt großteils immer offen sind
dass der Priester die Gebete laut ließt usw....

Wir haben auch ein Fragebogen zu unserem Forschungsthema fertiggestellt und haben dann auch vor die Leute in der orth. Kirche zu befragen.
Haben sie ein Tipp, wie ich das gut machen kann damit sich keiner bedroht oder beleidigt fühle.

lg :)
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ella
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von ella »

Hallo :)

also meine Gruppe und ich haben uns am Ende doch für ein Online-Formular entschieden und es wäre sehr nett wenn sie sich 5 min. Zeit nehmen und die 11 Fragen zu beantworten.

Ich bitte die Mitglieder aus Österreich die zu der serb. orth. Kirche gehören an der Befragung teilzunehmen.

Hier ist der Link.

http://www.onlineumfragen.com/login.cfm?umfrage=40568


Vielen Dank :)
Marian
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Marian »

Grüß Gott und einen gesegneten Tag allen,

nun da ich kein Theologe oder Historiker bin, stehe ich Sonntag früh einfach nur da und verfolge die Göttliche Liturgie in der "Tagesform" entsprechenden Konzentration auf das Erbarmen Gottes, Wunsch nach Vergebung meiner Sünden und Hoffnung auf die Gnade und Erettung. So geschehen letzten Sonntag in der serbischen orthodoxen Kirche des Hl. Nikolai des Wundertäters in Pula (Kroatien).
Zum obigen Thema kann ich nur sagen, dass ich von Königstüren gar nichts mitbekommen habe. Mir kam es so vor als standen sie durchgehend offen. Den Handlungen des Priesters bin ich nur unbewusst gefolgt, da ich einerseits ganz hinten stand und andererseits vom Gesang vollkommen eingenommen war.
Einen Chor gab es nicht, bzw. war die ganze volle Kirche ein großer Chor. Das hatte nicht den melodischen laaaaanggezogenen Konzertcharakter wie z.B. in den russischen Gemeinden sondern ging recht flott hintereinander weg. Für manche Ohren laienhaft doch so direkt das Herz ergreifend, dass ich einmal den (Freuden)Tränen ganz nahe war, da einfach jeder dort mitsingt, geführt von paar kräftigen und guten Sängern, die über die ganze Kirche verteilt. Das erzeugt sofort ein Zusammengehörigkeitsgefühl in der Hingabe an den Lobpreis Gottes in der Liturgie.
Jetzt wo ich im Nachhinein von den Streitigkeiten über die Türen lese, verstehe ich zumindest für diese Gemeinde die Mentalität der Menschen, wie sie mit ihrem Gesang und auch den geöffneten Türen viel enger mit dem Geschehen im Altar verbunden sein wollen und sind, als die in sich gekehrt lauschenden Gläubigen in Deutschland, Griechenland oder auch Russland. (Gerne wird da auch zu den heiligsten Momenten der Liturgie ein Schwatz gehalten, weil: Tür zu und Vorhang vor. - Der serbische Orthodoxe hier singt in dieser Zeit gemeinsam den Psalm 135! )
Aller Voraussicht nach bin ich kommenden Sonntag wieder mit von der Partie. Eventuell im Nachbarort Peroj. Ich verspreche alles im Sinne diesen Stranges zu verfolgen und zu berichten.
Marian

Info zur Adresse:
Orthodoxe Kirche des hl. Nikolaus, Castropola ul. 45, 52100, Pula
Sveti Spiridon, 52215, Peroj, Kroatien
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Westiwan
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Re: Neue Änderungen in der LITURGIE

Beitrag von Westiwan »

Marian hat geschrieben: 23.07.2020, 18:19
Aller Voraussicht nach bin ich kommenden Sonntag wieder mit von der Partie. Eventuell im Nachbarort Peroj. Ich verspreche alles im Sinne diesen Stranges zu verfolgen und zu berichten.
Marian

Info zur Adresse:
Orthodoxe Kirche des hl. Nikolaus, Castropola ul. 45, 52100, Pula
Sveti Spiridon, 52215, Peroj, Kroatien
Lieber Marian,

am 23.8. wird mich die nette kleine Kirche zum Hl. Spiridon in Peroj auch wieder sehen. Bei der Gelegenheit werde ich mich dort wieder mit dem besten Olivenöl Istriens eindecken. :bananadancer2: Peroj hat eine interessante Geschichte. Die Bevölkerung besteht hauptsächlich aus den Nachfahren ehem. "Gastarbeiter" aus Montenegro, die im 18. Jhdt. dort angesiedelt wurden, bis heute einen sehr alten (sonst ausgestorbenen) montenegrinischen Dialekt sprechen und auch viele ihrer alten Bräuche, Feste und Feiern bewahrt haben.

Alles Gute für Dich, Gottes Segen und einen schönen Aufenthalt.

O.
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"Heiliger Engel, Schützer meiner Seele und meines Leibes, verlaß mich Sünder nicht! Weiche nicht von mir wegen meiner Sünden! Umfasse meine schwache Hand und führe mich den Weg des Heiles!"
(Makarios der Ägypter)
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