Nationale Kirchen und Patriotismus

Orthodoxe Kirche und Gesellschaft, Theologie
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Martina
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Martina »

https://www.youtube.com/watch?v=1B8mIjrBdJA
Orthodoxie und Nationalität

Das ist ein so tolles Video! Danke. Am besten gefällt mir der Schluss: Bis es vielleicht so viele deutsche Orthodoxe gibt, bis sich die Frage nicht mehr stellt.... Das wünsche ich mir sehr!!!

Was sicherlich richtig ist, das ist, dass sich der kulturelle Horizont erweitert und dass man offen sein muss, und dass das westlich geprägte Weltbild ganz schön zerschlagen und neu zusammengesetzt wird. (Und das Ganze dann auch noch im eigenen Land, wo man sich eigentlich gut aufgehoben fühlen will, aber man stellt fest, dass man seit tausend Jahren angelogen wurde und dass nichts stimmt, worauf man sich verlassen hat).

Nicht dazugehörig habe ich mich nie gefühlt. Man ist eigentlich immer auf mich zugekommen. Ist vielleicht aber auch Mentalitätssache. Ich brauche auch nicht die Liturgie in der eigenen Sprache, es reichen die Termine der Gottesdienste in einer Sprache, die ich verstehe, weil ich immer mindestens 100 km fahren muss. Das wunderbare an einer Liturgie ist ja, dass man weiß, was zelebriert wird, auch wenn man die Sprache nicht kann. Ich brauche nur zu schauen, was die anderen machen (bekreuzigen, Metanien an bestimmten Stellen, oder der Tonfall des Priesters). Wenn ich dann unbedingt die Predigt auf Deutsch haben will, kann ich mich immer in der einen oder anderen Gemeinde für den Rundbrief eintragen –- z.B. bei Pfarrer Rahr von der ROK in Weimar. Es gibt auch andere.

Für Westler ist es sehr verwirrend, wenn sie das erste Mal mit den Strukturen der Orthodoxie konfrontiert werden. Ich habe es erst so halbwegs begriffen, als man mir sagte, dass die Gliederung der Kirche in souveräne Kirchentümer keine Spaltung ist, sondern die Authentizität der einen Kirche in den verschiedenen Völkern gewährleistet und dass die Völker gottgegebene historische Gemeinschaften sind (mit dem Hinweis, dass der Missionsbefehl lautet: "Machet zu Jüngern alle Völker..." - und nicht "stampft alle Völker zum Einheitsbrei ein").

Nach diesem Video habe ich mir gleich wieder die Unterlagen von meiner Katechumenenprüfung vorgenommen. Es ist wichtig, um diese Dinge zu wissen, wenn damit man sich verteidigen kann. Das ist vor allem bei Leuten/Gruppierungen mit einem stark ausgeprägten Missionsbewußtsein notwendig, die einem das Wort im Mund umdrehen und einem sämtliche Platitüden und Vorurteile überstülpen, die man sich vorstellen kann (oder auch nicht).

Vielen Dank für dieses Video! Bitte mehr davon
Lazzaro
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Lazzaro »

zum Ersten:
Als Opfer des russischen Nationalismus in der Kirche und als Opfer des griechischen Nationalismus in der Kirche, sowie als Betroffener des ganzen Ukrainedisasters, das eine Folge von Beidem ist, bleib mir nur die Feststellung, daß die orthodoxe Kirche komplett von der Häresie des Nationalismus verseucht ist und sich in Teilen mit Freuden von ihm zersetzen läßt. *

Natürlich ist man in der russ. Kirche zu xxx immer sehr nett und zuvorkommend zu mir: Ich bin dort Gast und man legt Wert auf traditionelle Gastfreundschaft. Die Sache wird aber sofort anders aussehen, käme ich auf die Idee zu zu sagen : "Ich bin orthodox und ich gehöhre desalb dazu!" Man würde mich komisch ansehen und mich grundsätzlich nicht verstehen. Ist so, und ich gebe mich keinerlei Illusionen hin.

zum Anderen:
Es ist selbstversändlich, daß so ein Video ehrlich gemeint ist, aber es ist für mich genauso völlig selbstverständlich und nicht der Rede wert, daß auf (in diesem Fall) russisch das Gegenteil gesagt wird. Das hat übrigens nichts mit Russen oder Orthodoxie zu tun, sondern ist ein Phänomen von Migration, das unabhängig von Raum, Zeit und Göttern existiert, wie der unten verlinkte Vortrag blendend beweißt:

Annahme und Ablehnung: Migration und Religion im antiken Rom
https://www.youtube.com/watch?v=SOasCs10Tro

Dieser Vortrag ist der eigenliche Grund, warum ich hier meinen Senf abgebe und ich kann jedem Leser empfehlen, sie die Zeit zu nehmen, und ihn sich anzuhöhren. Es geht nur um antike Inschriften palmyrischer Migranten in Rom-Trastevere. Die haben es in sich und die entsprechenden Schlüsse zum Thema Nationale Kirchen und Patriotismus muß jeder selber ziehen! Die Parallelen sind erstaunlich!

Lazarus
* Und sie haben es trotzdem immer noch nicht geschafft mich los zu werden! :P :P :P :P :P
Martina
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Martina »

@ Lazzaro:
1. Was meinst du mit "mich grundsätzlich nicht verstehen"? Mentalitätsmäßig oder dass sie eine Haltung haben: Was will der denn bei uns?
Das einzige, was mir aufgefallen ist, das ist, dass die unterschiedlichen Kirchen sehr unterschiedliche Auslegungen haben. Z.B. Welchen Namenspatron man als Orthodox ansehen darf, welchen nicht, und deshalb nicht nehmen darf. und dass die einzelnen Oberhäupter (egal of Äbte, Bischöfe oder höher in der Hierarchie) sehr viel Macht auf sich konzentrieren, auch eine Deutungshohheit, die mir an manchen Stellen bedenklich erscheint.
2. Bei was wird im Russischen das Gegenteil gesagt? Das Video ist lang und beinhaltet viele Aussagen.
Marian
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Marian »

Einen wunderschönen und gesegneten guten Sonntag liebe Forer,

Lieber Lazzaro du bist hochintelligent und blitzgescheit. Gott hat dir die Gnadengabe geschenkt das ganze Universum der Orthodoxie zu erlernen, zu verstehen und rechtgläubig zu dienen. Du verstehst sehr wohl, dass Vater Alexej die orthodoxe rechtgläubige Wahrheit ausgesprochen hat. Wenn sich also diese Wahrheit von der Realität unterscheidet, dann liegt es an uns. An unserer Hartherzigkeit, wie es der Herr ausgedrückt hat.

Was also bedeutet es sich gegenüber den Ausländern zurückgesetzt zu fühlen? Warum projizieren Leute auf die Kirche (Versammlung) Nationalistisches? Wo sie doch singen "... lasst uns nun ablegen alle irdischen Sorgen ... lasst uns selbst und einander und unser ganzes Leben Christus, Gott, anbefehlen."
Wenn man sich von jemand zurück gesetzt fühlt, weil man kein z.B. Russe ist, dann entspricht es einem Blick in Spiegel. Dieses Gefühl beinhaltet ja auch, dass man sich vordergründig als Deutscher fühlt. Der Versuchung wird man nicht mittels einer Versuchung (z.B. Eitelkeit) widerstehen können, sondern nur durch die Öffnung des Herzens in Liebe zu Gott und seinen Nächsten.

Dazu ein Vergleich: Es ist uns bekannt wie die Heiligen Väter gegen die Häresie des Arianismus (Verneinung der Göttlichkeit des Herrn Jesus Christus) angekämpft und den wahren Glauben bewahrt haben. Doch gerade aus der Schule der besten Streiter gegen diese Häresie ist der Irrglaube hervorgegangen der Christus wäre kein Mensch sondern nur Gott gewesen, also der entgegen gesetzten Häresie.
Versuchung gegen Versuchung in Eitelkeit, Egoismus und Stolz. Das könnte der zukünftigen Deutschen Orthodoxen Kirche drohen, wenn man versucht sie mit der Brechstange zu gründen.

Der Heilige Paissios sagte: "Christus hat dem Teufel das Recht genommen, Schaden zuzufügen. (außer) ... wenn der Mensch ihm Rechte einräumt, (durch) ... Vernünftelei, Widerrede, Eigensinn, Eigenwillen, Ungehorsam, Frechheit. " Und demnach ist keiner jemanden anderes Opfer, sondern immer nur seiner eigenen Sünden Opfer bis er bekennt und an die versprochene Vergebung glaubt.

Vor 6 Jahren habe ich gesagt "Ich bin kein Russe und möchte keiner sein, was soll ich in der russischen Kirche" und nach mühsamer Arbeit an meinem Glauben und damit auch meiner Persönlichkeit sagte dieses Jahr ein Abt zu mir "Du gehörst schon zu uns.". Das bedeutet im Russischen viel und ich danke Gott für sein Erbarmen, dass ich deswegen nicht das kleinste Fünkchen Stolz empfand und in diesem Moment die Worte "Wir gehören alle dem Christus, nicht wahr!" in den Mund gelegt bekam. Und nie wäre mir in den Sinn gekommen dabei an die Nationalität zu denken. Und genau das hat Vater Alexej im Video versucht zu vermitteln.

Aus meiner laienhaften Sicht könnte orthodoxer Religionsunterricht in glasklarem Deutsch tausend mal tausend Seelen mehr retten als liturgische Weitsprünge in deutscher Sprache. Es sieht ganz so aus als wäre der Heile Welt Kapitalismus auch in den sog. westlichen Ländern mittelfristig perspektivlos. Kinder und Jugendliche warten auf die Perspektive des Evangeliums. Sie vertreiben sich nur die Zeit mit Computern bis es bei den orthodoxen Gelehrten Klick macht.

@ Martina : Nimm dir frei und komm mit mir und meiner Frau am 21. und 22.9. ins Frauenkloster bei München . Dort tagt die Übersetzungskommision der dt. orth. Bischöfe. Ich habe das Gefühl du findest deinen geistigen Vater dort.
(Antwort per pn erbeten)

Marian
Martina
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Martina »

Ja, ich fühle mich in erster Linie als Deutsche, weil ich eine Deutsche bin. Dahin bin ich gekommen nach 35 Jahren und mehr harter Arbeit an meiner Persönlichkeit und meinem Glauben.
Noch Fragen?
Martina
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Martina »

Zum orthodoxen Religionsunterricht auf deutsch: Den müsste man erst einmal finden. Durch die Zersplitterung in Landeskirchen findet man eben nichts, auch wenn man angestrengt sucht. Weil man nämlich gar nicht weiß, wonach man suchen muss, und wenn man doch zufällig das richtige Suchwort eingibt, dann gibt es die entsprechenden Informationen nur in irgendeiner Sprache, nur nicht in deutsch, weil es eben keine übergreifende Organisation gibt, die einem den Zugang möglich machen würde. Fazit: man findet wieder nichts. Das ist das Problem, und das hat keineswegs was mit der richtigen, falschen, genehmigten oder ungenehmigten Übersetzung von irgendwelche orthodoxen Texten durch irgendwelche Komitees zu tun.

Und was nützt mir ein Priester, der zwar in erreichbarer Nähe ist und Deutsch spricht, aber erst nach 4-6 Wochen antwortet oder gar nicht, wenn es um einen Beichttermin oder um die Aufnahme in die orthodoxe Kirche geht?

Das, was zählt, das ist, was DA ist und ERREICHBAR und VERFÜGBAR ist. Und das sind die Gottesdienste, die Texte, die Seelsorge und die Antworten der Mönche von Buchhagen. Und zwar in der eigenen Sprache und der eigenen Mentalität und dem Hintergrundwissen, wie es ist, wenn man aus einem westlichen Rezeptionshintergrund kommt.

Könnte es sein, dass DA der Hund begraben liegt? Diese Leute bieten genau das an, was andere nicht hinkriegen, obwohl ihnen weit mehr Ressourcen zur Verfügung stehen.

Und nochmal: Die Kritik an einzelnen Gläubigen erstreckt sich noch lange nicht, auf die Mönche! Denn wenn man solche Leute als Maßstab für geistliche Oberhäupter nehmen würde, könnte ich ein ganzes Buch über "Anders"-Orthodoxe Kirchen schreiben, was mir da bei den Gemeindemitgliedern aufgefallen ist.

Und dieses Proselytentum ist genau das, was ich ewig und drei Tage von Seiten der Protestanten gehört habe, wenn ich irgendeinen Ton darüber gesagt habe, was bei den Katholiken nicht so 100 %-ig in Ordnung war. Da wurde jedes Wort zum Anlass genommen, einzuhaken, die Katholiken mit Dreck zu beschmeißen, mir zu sagen, dass ich in der falschen, einengenden, restriktiven Religion bin - das Ganze gespickt mit unzutreffenden, propagandistischen und völlig überholten jahrhundertealten Vorurteilen, die voller Hass vorgebracht wurden - und dann kam sofort das Angebot, doch zu der eigenen - natürlich einzig wahren und freien Konfession - abzuwandern, weil ich mich da ganz bestimmt besser aufgehoben fühlen würde und weil da alles so frei und richtig sei.
Zuletzt geändert von Martina am 06.09.2020, 19:18, insgesamt 3-mal geändert.
LukasH
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von LukasH »

Liebe Martina, wenn du uns ungefähr sagst, aus welcher Ecke du kommst, kann dir vielleicht jemand einen Priester empfehlen oder einen Kontakt herstellen?
Herzlich,
Kai
Martina
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Martina »

Dieses Angebot hatte ich schon einmal (und es hat zu nichts geführt). Ich verstehe außerdem nicht, wieso hier vehement die Annahme vertreten wird, man müsste mir unbedingt einen Prister besorgen und ich könne nicht selber recherchieren. Aber darum geht es doch gar nicht.
LukasH
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von LukasH »

Da hast du recht. Ich wollte helfen, dort wo wohl keine Hilfe benötigt wird. Tut mir leid.
Lazzaro
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Lazzaro »

Endsctschuldigt bitte, ich hatte beruflich viel zu tun, deshalb erst jetzt die Antwort.
Martina hat geschrieben: 31.08.2020, 19:18 @ Lazzaro:
1. Was meinst du mit "mich grundsätzlich nicht verstehen"? Mentalitätsmäßig oder dass sie eine Haltung haben: Was will der denn bei uns?
Das einzige, was mir aufgefallen ist, das ist, dass die unterschiedlichen Kirchen sehr unterschiedliche Auslegungen haben. Z.B. Welchen Namenspatron man als Orthodox ansehen darf, welchen nicht, und deshalb nicht nehmen darf. und dass die einzelnen Oberhäupter (egal of Äbte, Bischöfe oder höher in der Hierarchie) sehr viel Macht auf sich konzentrieren, auch eine Deutungshohheit, die mir an manchen Stellen bedenklich erscheint.
2. Bei was wird im Russischen das Gegenteil gesagt? Das Video ist lang und beinhaltet viele Aussagen.
Hallo Martina!
Die Grundaussage des Videos lautet, daß in einer religiösen Vereinigung von Migranten in 2 verschiedenen Richtungen verschiedenes mitgeteilt wird.
Nach innen geht es um die Bestätigung und den Erhalt der eigenen kulturellen und religiösen Identität, nach außen um die Integration in die (andersgläubige) Mehrheitsgesellschaft. Dabei wird beides nicht als Gegensatz empfunden. (As autochoner Orthodoxer sehe ich das anders.)

Gleichzeitig zeigt ein Vergleich dieses Vortrages mit dem hier diskutierten Thema, daß dies ein grundsätzlicher Zustand ist, der unabhängig von Zeitalter und Religion existiert. Die Diskussion ist also grundsätzlich sowohl vom Russischen, als auch von der Orthodoxie zu trennen, weil es sich um ein soziales Phänomen handelt.

Das alles führt dazu, daß bei mir sofort alle Alamglocken schrillen, wen eine Leitungsperson einer religiösen Migrantengemeide von der Integration in die deutsche Gesellschaft spricht. Ich weiß daß es einen in deutscher Sprache nicht komunizierten Gegenpart gibt. Das gilt für die Russ. Kirche genauso wie für die DITIB, wenn Herr Bekir Alboğa in einer Podiumsdiskussion regelmäßig den Ausdruck unser dt. Vaterland gebraucht.

Das führt auch dazu, daß meine russ. Geschwister nicht verstehen können, warum ich dazugehöhren sollte: Sie haben ein völlig anderes Konzept von Ihrer Kirchengemeinde.

Hallo Marian!
Vielen Dank für die Beschreibung hochintelligent und blitzgescheit. Bitte nicht übertreiben. Danke.
Natürlich weiß ich daß die Kirche in erster Linie eine geistlichiche Dimension hat, sonst wäre ich schon 3x gegangen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß es trotzden auch soziale Probleme gibt, und daß man diese auch ansprechen muß. ! Apostelgeschicht 6:1 ff !

Leider ist in Deutschland - im Gegensatz zu Dir - bis jetzt noch keiner auf die Idee gekommen mir zu sage, daß ich dazugehöhre. Bei den orth. Autochonen in Tschechien - ich wahr ca. 2 Jahre Mitglied der Erzdiözese Prag - und auch in Frankreich und Italien war das übrigens anders.

Lazarus
Lazzaro
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Lazzaro »

Was tun?
Vor einem Jahr hat sich das moskauer Patriarchat um einen Lösungsansatz behmüht, als es Erzbischof Johannes von Dubna , mit Sitz in Paris - Rue Darue, in seinen Episkopat aufnahm. Aufgabe des damals entstandenen Erzbistums der Gemeinden russ. Tradition in Westeuropa ist unter anderem die kirchliche Betreuung der autochonen orthodoxen Westeuropäer, weshalb es auch mit den Privilegien einer weitreichenden Autonomie ausgestattet wurde.
Hier existert die möglichkeit die traditionellen Formen der russ. Frömmigkeit entspannt mit westeuropäischen Akzent zu praktizieren.
Das bedeutet aber anderseits, daß die (finanziellen) Resurcen begrenzt sind, und man sich selber an die Arbeit machen muß, eine Gemeinde zu gründen. Ich bin gerne bereit im Rahmen meiner Möglichkeiten Starthilfe zu leisten.

Gegenüber meiner Wohnung ist eine nicht heizbare bayr. Barockkirche, die Sonntags nicht benutzt wird, im Nachbardorf kann man die ehemalige Moschee mieten. Ich kann gerne auch etwas Unterricht in Kirchengesang geben. Das nur mal als Gedankenansätze.

http://www.archeveche.eu/
https://www.erzbistum.net/
https://www.orthodoxe-kirche-albstadt.de/

Lazarus

:!: Hinweis: Dieser Beitrag enthät Werbung. :lol:
Martina
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Martina »

Danke für die ausführliche Antwort, Lazzaro!

Ja, jetzt verstehe ich das Ganze schon besser. Danke.
Leider bin ich weit weg, fast am anderen Ende des Landes, sonst hätte ich jetzt vorgeschlagen, dass wir in einer konzertierten Aktion einen Versuch starten. In meiner Gegend stehen auch Kirchen und uralte Klöster leer. Eines nur 6 km von meinem Dorf entfernt. Da waren übrigens auch mal die Mönche vom orthodoxen Dreifaltigkeitskloster Buchhagen da und haben gesungen, weil sie die Akustik testen wollten. Die Leute vom Denkmalsverein schwärmen immer noch davon.

Um deine Gedanken aufzugreifen: Ich wäre ja eher für die Barockkirche, auch wenn sie zu weit weg ist für mich. :mrgreen: :-))) Aber Spaß beiseite, ich finde es schon interessant, dass wir beide ähnliche Gedanken hatten. Ich zerbreche mir den Kopf, wie man in dieser Klosterruine orthodoxe Gottesdienste mit Buchhägener Gesängen abhalten könnte. Aber ich bin da ganz allein auf weiter Flur.

Auch wenn es ja aus Gründen der Entfernung nichts wird, so bin ich doch neugierig: Welchen Kirchengesang könntest du denn unterrichten? Beim Kirchengesang in der rk hatte ich immer das Problem, dass die Gesänge in Latein herrlich klangen, auf Deutsch aber nicht mit den Tönen vereinbar waren (es klang alles falsch). Und mit byzantinischen Klängen wird es noch schlimmer. Das passt einfach nicht zur Sprache, zum Satzbau, zur Prosodie. So fängt es schon mal an.

Zu den russischen Nationalkirchen: So eng bin ich mit denen bisher nicht gewesen, weil Buchhagen in erreichbarer Nähe liegt. Ich weiß nur, dass man nicht gerne sieht, dass ich lieber nach Buchhagen fahre. Das, was ich in deinen Zeilen bezüglich der Haltung der russ. Kirche lese, klingt für mich ziemlich usurpatorisch.Wieso fangen sie denn nicht damit an, ein paar vorschismatische westliche Heilige in ihrer Kirche zu verehren, wenn sie schon auf unserem Territorium sind? Aber wie gesagt, so viel hatte ich nicht damit zu tun.
Ich hoffe sehr, dass deine Idee von anderen in deiner Nähe aufgegriffen wird und dass da etwas wächst.

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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Igor »

Grüß Gott!
Martina hat geschrieben: 21.09.2020, 19:27 Wieso fangen sie denn nicht damit an, ein paar vorschismatische westliche Heilige in ihrer Kirche zu verehren, wenn sie schon auf unserem Territorium sind?
Schau Dir bitte mal genau die untere Reihe an, Maria:
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Da findest Du u.a. die Heiligen Erleuchter

Dionysius von Paris
Maternus von Köln
Nikolaus von Myra
Spyridon von Trimythontos
Bonifatius von Mainz
Willibrord von Echternach

Das ist in der Apsis der Russischen Orthodoxen St. Barbara Kirche zu Krefeld (Barbara...)

Es gibt also eine Reihe von Bezügen.

Zudem ist geplant, den 03. Oktober als Gedenktag der (orthodoxen) Heiligen auf dem Gebiet Deutschlands in der Berliner Diözese des Moskauer Patriarchats einzuführen.

In Christo
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Als der Höchste hernieder fuhr, verwirrte Er die Sprachen, zerteilte Er die Völker, nun, da Er Feuerzungen ausgeteilt, ruft Er alle zur Einheit: Einmütig preisen wir deshalb den Heiligen Geist. (Pfingstkondakion im 8. Ton)
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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Igor »

Grüß Gott!
Martina hat geschrieben: 06.09.2020, 18:51 Zum orthodoxen Religionsunterricht auf deutsch: Den müsste man erst einmal finden. Durch die Zersplitterung in Landeskirchen findet man eben nichts, auch wenn man angestrengt sucht. Weil man nämlich gar nicht weiß, wonach man suchen muss, und wenn man doch zufällig das richtige Suchwort eingibt, dann gibt es die entsprechenden Informationen nur in irgendeiner Sprache, nur nicht in deutsch, weil es eben keine übergreifende Organisation gibt, die einem den Zugang möglich machen würde. Fazit: man findet wieder nichts. Das ist das Problem, und das hat keineswegs was mit der richtigen, falschen, genehmigten oder ungenehmigten Übersetzung von irgendwelche orthodoxen Texten durch irgendwelche Komitees zu tun.
Wer sucht, der findet :wink: :

Mehrmals finden in unserer Gemeinde sonntags deutsche Katechesetreffen statt, Details im zweisprachigen Gottesdienstplan:
http://www.rok-krefeld.de/ru/index.php/gottesdiensplan

Zudem haben wir Freitags einen "Einführungskurs orthodoxer Glauben, Spiritualität und Praxis":
viewtopic.php?p=42490#p42490

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Re: Nationale Kirchen und Patriotismus

Beitrag von Lazzaro »

Hallo Martina!
Ganz so schlimm ist es mit der Verweigerung, westeuropäische orth. Heilige zu verehren ist es doch nicht. Auch wenn im deutschsprachigen Bereich noch viel Luft nach oben ist. In Rusland und auch in England sieht es etwas besser aus:
http://orthochristian.com/102222.html
http://www.pravmir.com/a-convert-herita ... rn-saints/
http://www.orthodoxengland.org.uk/zliturgics.htm

Ebenso werden im deutschen Kalender (ich glaube) von Orthodoxie Aktuell und im dem der französischen Fraternité Orthodoxe en Europe Occidentale die Westeuropäischen erwähnt. Was in der Tat fehlt, sind die gottesdienstlichen Texte in dt. Sprache. Ein Paar habe ich zu Hause.

Der schulische Religionsunterricht ist allerdings ein Problem. Man hat versucht, ihn im Großraum Stuttgart einzuführen, aber es gab nur zwei (sic!) Anmeldungen. Über den Religionsunterricht erscheint demnächst folgendes Buch:
https://www.jpc.de/jpcng/books/detail/- ... um/9864344
Keine Ahnung, wer es warum geschrieben hat, ich will nur hinweisen, daß es existiert.

Viele Grüße
Lazzaro
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