Stefan hat geschrieben:
Dieser "wunde Punkt" hat mich in evangelischen Kreisen immer gestört. "sola scriptura" - aber können die Kirchenväter, die den Kanon letzendlich im Heiligen Geist, anders würden es evangelische Kirchen auch nicht sehen, aufgestellt haben, denn andere Schriften verfasst haben, die nicht im Heiligen Geist stehen?
Man muss die protestantische Position aber auch aus ihrem historischem Kontext heraus sehen: Luther schrieb nicht in Opposition zur orthodoxen Kirche, sondern zur römisch-katholischen. Waren nicht viele seiner Vorwürfe begründet? Man könnte sich vielleicht fragen, warum Luther nicht zur Orthodoxie fand. Das hängt vielleicht schlicht und einfach mit Zeit und Ort zusammen.
Ein heutiger "Luther" hätte vielleicht keine evangelische Kirche gegründet.
Ich sagte ja nicht, das Luther in Opposition zu unserer Kirche schrieb; acht Jahre lang schrieb er Briefe and unseren Patriarchen Jeremias (damals), weil er sich sogar Rückenstärkung von unserer Seite erhofft hat. Die Reformatoren, also ich meine Luther und seine Leute, hatten ja schon recht in der Annahme, im Osten das ursprüngliche, unverfälschte Christentum vorzufinden, aber sie hatten leider eine völlig verkehrte Vorstellung davon. Diese Protestanten hatten ja erwartet, das der Glaube im Osten so ziemlich dem ihren entspricht.
Was du da schreibst ändert ja nichts daran, das es Quatsch mit Sauce war den Kanon der Juden, der aus dem Mittelalter stammt und dessen Zusammenstellung nicht frei von Nationalismus gewesen ist, als den christlichen Kanon für das alte Testament zu übernehmen. Das war einer der Fehler Luthers. Und wie kann auf einmal ein dahergelaufener Mensch entscheiden, das dieser Kanon gültig ist und nicht etwa der traditionelle Kanon? Die so als "Apokryphen" deklarierten Bücher des AT, die ja deshalb ausschieden weil die Juden nur jene Schriften für ihren Kanon akzeptierten, die auch auf hebräisch überliefert waren und diese nur auf griechisch überliefert sind, die schmiss doch Luther auch mal eben aus dem Kanon. War ja auch eine super Idee, weil man wenn man z.B. ein Argument und Beispiel für die Verehrung von Reliquien in der Bibel sucht, man eben genau in diesen Büchern fündig wird. Praktisch, sowas rauszuwerfen. Dabei waren diese Schriften auch unter Juden verbreitet. Wenn auch nur in der Diaspora, fanden sie auch unter Juden meines liturgische Verwendung und da es sehr lange keinen Kanon gab, konnte man nicht genau sagen, das gehört dazu und das nicht. Dann, als die Juden gemerkt haben, das sie, wenn sie Bestand haben wollen, alles was "unjüdisch" ist rauswerfen müssen, mussten auch die griechisch überlieferten Schriften gehen. Schließlich verbreitete sich ja immer mehr der Glaube an "diesen Nazoräer".
Außerdem verstehe ich nicht ganz wie du zu dem kommst, was du da geschrieben hast, denn die Heiligen Menschen die z.B. die Schriften des NT vom Heiligen Geist erfüllt niederschrieben nicht die Selben waren, die, ebenfalls im Heiligen Geist, für die Klärung des Kanons und verantwortlich waren. Natürlich haben die Heiligen, welche die NT-Schriften niederschrieben, keine Schriften verfasst, die nicht Gottinspiriert sind, aber andere haben behauptet, diese und jene Schrift sei Heilige Schrift, wo sie es doch nicht war.
Weißt du, warum es überhaupt dazu kam, das im 4. Jahrhundert der Entschluss zu einer Kanonisierung der Hl. Schriften kam? Es war wegen der Häretiker (!), womit wir schon wieder beim Ausgangsthemas des Threads währen. Es gab damals, recht anfänglich eine häretische Gruppe, die, wenn ich mich recht erinnere nur das Evangelium nach Lukas und die paulinischen Briefe für gültig erklärte und behauptete, der Gott des NT sei nicht der gleiche wie der des AT und überhaupt recht schräg war. Natürlich ließ die rechtgläubige Partei eine solch perverse Vergewaltigung der Wahrheit nicht auf sich sitzen und sich nicht von einen Guru-mäßigen (Zitat Nicaios am Telefon
) "Rattenfänger" veräppeln, also musste der Kanon geklärt werden, wobei da nicht nur ein Mensch in der Verantwortung für stand.
Stefan hat geschrieben:
Ich verstehe deine Aussage nicht so recht, denke ich.
In jeder Kirche (leider auch in der orthodoxen) gibt es Geistliche, die durch ihren Lebenswandel ein schlechtes Glaubenszeugnis abgeben. Ob es evangelikale Wanderprediger sind, die ihre Bibeln verschachern und mit dem Wort Gottes schnödes Geld verdienen, oder Katholiken, die Päderasten vor Strafverfolgung schützen oder orthodoxe Priester, die Spendengelder annehmen, die aus kriminellen Geschäften der Mafia stammen, um damit ihre Kirche zu renovieren (sah ich neulich in einer Doku..und mir wurde schlecht) Von Einzelnen kann man natürlich nicht auf die Gesamtheit schließen, leider wird jedoch von kirchlicher Seite viel zu oft verpasst, solche Menschen zurechtzuweisen. Das dann Außenstehende ein schlechtes Bild von der "Kirche" bekommen, ist doch klar, oder?
Kirche ist mehr als ein Verein. Die Menschen haben einfach keine Vorstellung davon, was Kirche eigentlich bedeutet. Heute gießt sich doch jeder ein goldenes Kalb aus seinem Verstand, auch wenn er nicht richtig funktioniert, weil er von Hochmut, Stolz und anderen Sünden benebelter ist als von allen erdenklichen, materillen Drogen. Kirche ist mehr als ein paar Leute, die am Sonntag und Feiertagen eine Veranstaltung geben und sich in die Politik einmischen und Geld sammeln. Das ist es doch, was die Menschen heutzutage Denken, wenn sie Kirche hören. Und alles ist besser als eine Lehre aus einem so alten Buch, wobei die Meinung über dieses natürlich aus zweiter Hand stammt und auch die Mythen über den Inhalt, denn der schert kaum einen Menschen heute noch. Am Tag des Jüngsten Gerichts werden die Pharisäer ein Problem haben. Mit Pharisäern meine ich jene Böcke, die links stehen werden, weil ihre Frömmigkeit Heuchlerei und Selbsttäuschung war. Ja, wer zu diesen zählt, der hat ein Problem.
Der letzte Satz ist kein Argument. Echt nicht. Das sagt jeder, die Wahrheit aber ist, das solche Fälle/Missstände in der Kirche dann herangezogen werden, um sich selbst vor seinem Gott zu rechtfertigen, der aber im Fall dieser Menschen, die "ein schlechtes Bild bekommen haben", nicht der Gott Abrahams ist, sondern ihr Ego. Sie waschen sich so ihr Gewissen rein. Das ist traurig, aber wahr. Man könnte jetzt meinen, ich verurteile Menschen mit meinem Worten, aber ich bin von der Wahrheit genauso betroffen wie jeder andere auch, stimmts?
Die Kirche verpasst also, solche Leute zurechtzuweisen? Die Kirche vertritt die Wahrheit und wer aus der Reihe tanzt, der richtet sich selbst.
Einmal meinte ich in der Schule :"Heute ist ein Feiertag.". Da fragte man mich: "In Griechenland?". Nun, mein Gedanke war, dieser Feiertag ist auch überall da, wo ich bin, denn ich bin Teil der Familie. Wir sind eine Familie und seine Verwandten sucht man sich nicht aus! Man hat solche und solche! Heißt, selbst wenn man überlegt, "soll ich mich denn auf meine große Liebe einlassen, wo die Verwandten doch so und so und so sind"? Sie sind ein Teil des Liebsten und wenn man nicht lernt, sie um der großen Liebe willen zu akzeptieren und ja, zu lieben, dann ist das keine echte Liebe.