Kreuz im Sportunterricht

Neu in der orthodoxen Kirche - Wie lebe ich als orthodoxer Christ? Alle allgemeinen Fragen rund um die Orthodoxie.
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genius777
Beiträge: 2
Registriert: 11.09.2021, 22:44

Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von genius777 »

Hallo zusammen,

Dies ist mein erster Beitrag, also seid bitte gegebenenfalls nachsichtig mit mir, in der Suche habe ich jedoch nichts entsprechendes gefunden…

Unser Kind wurde in der Schule aufgefordert, beim Sport das Kreuz abzunehmen. Wir haben auch im Internet sehr wenig dazu gefunden (https://www.haz.de/Umland/Laatzen/Nachr ... ort-tragen) und in der Gemeinde haben wir auch nachgefragt, dies scheint aber sonst nicht so ein Problem zu sein wie bei uns.

Eigentlich kennen wir es so, dass man das Kreuz niemals abnehmen soll (bei dem ein oder anderen Arztbesuch hatten wir das Thema schon mal…)

Was ist mit der Religionsfreiheit? Das ist doch kein Schmuck im herkömmlichen Sinne. Gibt es jemanden unter euch, der das gleiche Problem auch schon hatte? Wie habt ihr argumentiert? Wie kann eine Lösung aussehen?

Liebe Grüße
Nikolai
Alois
Beiträge: 25
Registriert: 30.03.2021, 12:43

Re: Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von Alois »

Grüß Gott Nikolai,

wie Du selbst sagst, ist das Kreuz nicht irgend ein Schmuckstück. Und dennoch hat es etwas mit anderen Schmuckstücken gemeinsam. Es wird meist an einer Kette getragen. Je nach sportlicher Übung oder Betätigung kann eine Kette im Sport hinderlich sein. Das hat mit Religionsfreiheit erst einmal nichts zu tun. Ein Sportlehrer kann daher verlangen, während des Sportunterrichts, Schmuck abzunehmen. Das gilt übrigens auch für Uhren u.ä.

Ein Kreuz immer am Körper zu tragen, ist ein sehr schöner und frommer Brauch, aber kein Gebot. Doch selbst bei den Geboten kennt die Orthodoxe Kirche ja eine gewisse Freiheit oder Anpassung an die Lebensumstände des einzelnen Gläubigen. Mit dem geistlichen Vater oder einem vertrauten Priester kann man auch bei den Geboten immer abklären, wie und in welchem Maß es in meiner konkreten Lebenssituation umgesetzt werden kann bzw. soll.

Wenn es für Dich oder Deine Kinder wichtig ist, immer ein Kreuz am Körper zu tragen, - was ich, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf - sehr schön finde, dann gäbe es vielleicht eine sinnvolle Alternative zur Kette um den Hals. Man könnte z.B. Sporthosen tragen, deren Taschen mit einem Reißverschluss verschließbar sind, so dass nichts herausfallen kann. Dann könnte man ein kleines Kreuz oder Komboskini in der Hosentasche bei sich tragen.

Vielleicht wäre das ja ein möglicher Kompromiss für den Sportunterricht?!
Hetairos
Beiträge: 97
Registriert: 07.05.2014, 15:15
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Re: Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von Hetairos »

Lieber Nikolai,
Ich unterrichte an meiner Schule selbst Sport und könnte es mir als Lehrer nicht verzeihen, wenn eine solche Kette kaputt und beim Sport im Freien ausgerechnet das Taufkreuz verloren ginge. Auch muss ich alle Kinder gleich behandeln und Verletzungsrisiken minimieren. Daher verwahre ich diese Ketten immer unter besonder Rücksicht.
Insofern würde ich die Kreuze meiner Kinder an Sporttagen zu Hause lassen - gerade im Hinblick darauf, dass Kinder solche kleinen Gegenstände leicht verlieren. Somit ist die Idee von Alois mit der kleinen Tasche und einem Komboskini sehr gut.

Viele sportliche Grüße,

Chrístos
Aν πεθάνεις, πριν πεθάνεις, δεν θα πεθάνεις, όταν πεθάνεις!
Lazzaro
Beiträge: 1115
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Re: Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von Lazzaro »

Hallo Nikolai!
Im Gegsatz zu meinem üblichen Prozedere gebe ich meine persönliche Meinung diesmal zu Beginn ab:
Als Nichtrusse sehe ich das ganz pragmatisch: Natürlich lege ich mein Taufkreuz vor dem Sport ab. Beim Kampfkunsttraining ist alles, auch Piercings , Ohrstecker, Ehering und Brille (sic!) wegen der Verletzungsgefahr strikt verboten. Wer noch eine Kette um den Hals hat, fliegt von der Matte. Punkt.
Beim Schwimmen im Naturbad lege ich das Kreuz auch ab, damit es nicht verliere und es auf nimmerwiedersehen verschwindet. Anderes wäre leichtsinnig und schade drum.
Bei der OP am Sprunggelenk habe ich der Krankenschwester klar & deutlich gesagt, daß es um den Hals bleibt und es gab keine weitere Diskussion. Bei der LeistenOP habe ich es selbstständig abelegt.


1. Wie Hetairos sagte, hat ein Lehrer eine Fürsorgepflicht und kann sehr schnell in Schwierigkeiten kommen, wenn sich Schüler verletzen. Wenn er also grundsätzlich von allen Schülern verlangt, ohne Kette, Ring und Uhr Sport zu machen, empfehle ich, sich komentarlos daran zu halten, denn es dient der allgemeinen Sicherheit. (Es gibt ja auch "Gefahren" von Stecknadeln die Kopftücher zusammenhalten.) Man fühlt sich zwar ohne Taufkreuz unvollständig, aber ich würde nicht empfehlen das zu dramatisieren. Nicht gegnüber sich selbt und noch weniger in der Öffentlichkeit. 45 Minuten ohne geht schon, wenn es dem allgemeinen Frieden dient!

2. Ob unbedingt bei jeder Sportart eine Halskette gefährlich ist, wage ich zu bezweifeln. Ihr könnt ja den Lehrer erklären lassen, wie die Gesundheitsgefährdung konkret aussieht. Wenn Ihr dem nicht zustimmt, könnt Ihr vorschlagen, daß Ihr schriftlich erklärt, daß ihr über die Gefahren beim Sportunterricht aufgeklärt worden seit und selbst die Verantwortung übernimmt, wenn sich euer Kind verletzt.

3. Der Kompromiss von V. Alexej Tereschenko ist doch ganz vernünftig!

4. Völlig anders ist die Sache, wenn ein Schüler sein Kreuz abnehmen soll, aber andere mit Kette ohne Anhänger oder mit Ohrringen sporteln dürfen: Das ist als religiöse Diskriminierung nicht zu tolerieren.

Lazarus

PS: Wer Volljährig ist und die nötige Reife besitzt, kann sich später ein Kreuz tätowieren lassen. Dann hat er diesen Problem nicht mehr.
Ich find Tatoos generell scheußlich & würd´s nicht machen.
Marian
Beiträge: 272
Registriert: 11.05.2016, 11:28
Religionszugehörigkeit: russisch orthodox

Re: Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von Marian »

Moin, moin,
bislang sind mir nur Aussagen von Vätern bekannt, die generell von Tatoos abraten bis verurteilen, auch Kreuze.
Ich selbst habe keine Tätowierung und habe das Thema in der Beichte nie selbst angesprochen.
Ist es nicht ein Fehler sich Kreuze oder Ikonen stechen zu lassen?
Was man hört geht das auch auf Traditionen unter Verbrechern zurück, nicht aber aus Reue sondern als Statussymbol gemäß der Art und Schwere ihrer Verbrechen.

Vater Georgij (Deggendorf) hat mal gesagt, genau wie die Seele bekommen wir auch unseren Körper makellos und rein von Gott zugeteilt. Und ungeachtet unserer eigenen Einschätzung davon, ist es unsere Aufgabe den Körper sauber und gesund zu halten und ihn nicht zu "verschönern", zB. mit Tatoos, oder verkommen zu lassen.

M
Alois
Beiträge: 25
Registriert: 30.03.2021, 12:43

Re: Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von Alois »

Hallo zusammen,

also was Tattoos betrifft, so ist es z.B. bei den Kopten eine weit verbreitete - wenn auch nicht verpflichtende - Tradition, sich ein kleines Kreuz tätowieren zu lassen. Ich nehme nicht an an, dass sie das als Widerspruch zur Tradition der Väter sehen.
Ohnehin haben für die Gläubigen nicht alle Aussagen von einzelnen Vätern zu verschiedenen Themen des Lebens und Glaubens gleiches Gewicht. In ihren Aussagen und Ratschlägen, selbst zu zentralen Themen wie z.B. dem Gebet, können sich Väteraussagen wesentlich unterscheiden, ja widersprechen. Es sind eben geistliche Weisungen und Ratschläge in konkrete Lebenssituationen hinein. Und man muss - am besten unter Anleitung eines geistlichen Vaters (oder auch einer geisltichen Mutter) - immer wieder selbst herausfinden, was davon für einen in seinem Leben dienlich und hilfreich ist in seiner Beziehung zu Gott, in seinem konkreten Lebensweg in der Nachfolge Jesu Christi.

In der Realität begegnen mir im Gottesdienst, besonders an Festen, jedenfalls viele geschminkte, gestylte und auch tätowierte Menschen. Zumindest in den USA - aber wahrscheinlich nicht nur da - kann man manchmal sogar einem tätowierten Mönch begegnen. Denn natürlich kann es auch vorkommen, dass jemand erst im Laufe seines Lebens zum Glauben und sogar zu seiner Berufung als Mönch findet, aber bereits Tatoos aus seiner Jugendzeit an seinem Körper hat.

Auch darüber, was es bedeutet, seinen Körper, "sauber und gesund" zu halten, könnte man sich viele Gedanken machen. Viele heilige Asketen, haben ihrem Körper durch übermässiges Fasten (und durch Schlafentzug) auch sehr geschadet und sich schwere Leiden zugezogen. Und werden heute doch als Heilige verehrt und bewundert.
Würde mir jemand im Alltag mit langen, ungewaschenen oder fettigen Haaren und ungepflegtem, zerzaustem Bart begegnen, würde ich über die Ungepflegte Erscheinung wohl die Nase rümpfen. Geschieht dies in einem Kloster und trägt derjenige eine Kutte, sind meine Gedanken sofort, dass er ein besonders heiliges Leben führt.
Bitte nicht falsch verstehen: Das ist nicht respektlos gemeint. Ich habe Hochachtung, vor jedem der dieses Leben wählt. Ich möchte lediglich darauf aufmerksam machen, dass alles eine Frage des Blickwinkels ist!

Ich bin mir auch nicht sicher, ob wir unseren Körper immer "makellos und rein" von Gott erhalten. Sicherlich trifft das in einem geistlichen Sinne zu, dass der Körper bei der Geburt (noch) rein ist von Unkeuschheit und Unzucht. Was die Erscheinung und Gestalt angeht, so gibt aber auch Menschen, die bereits mit körperlichen Behinderungen und Entstellungen, bis hin zu uneindeutigen Geschlechtlichkeit, geboren werden und manchmal ein Leben lang darunter leiden und für die ihre Erscheinung eher ein Kreuz ist, das sie in ihrem Leben zu tragen haben.

Das waren einfach einige Gedanken, die mir beim Durchlesen der Beiträge so gekommen sind.
Lazzaro
Beiträge: 1115
Registriert: 09.01.2011, 17:09
Kontaktdaten:

Re: Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von Lazzaro »

:oops: :oops: :oops: :oops: :oops:
Entschuldigt bitte, das mit dem Tätowieren war nicht ernst gemeint! Es handelt sich um Schulkinder!
L.
genius777
Beiträge: 2
Registriert: 11.09.2021, 22:44

Re: Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von genius777 »

Vielen lieben Dank für jede einzelne Antwort, auch wenn es etwas offtopic ging. Alles passiert, wie es passieren muss und auch wenn es sich (noch) nicht richtig anfühlt, werden wir so handeln wie ihr es empfiehlt und der Sicherheit und dem allgemeinen Frieden den Vortritt lassen :-)
Marian
Beiträge: 272
Registriert: 11.05.2016, 11:28
Religionszugehörigkeit: russisch orthodox

Re: Kreuz im Sportunterricht

Beitrag von Marian »

Grüß Gott und einen gesegneten Guten Tag,
freilich ist alles was Alois schreibt richtig und ich sehe das auch so.
Nie könnte man jemanden den Glauben absprechen wegen einer Tätowierung. Schon gar nicht wenn sie vor oder am Anfang der geistlichen Entwicklung erworben wurde. Ich kenne persönlich einen Vater der tätowiert ist.

Ich wollte weiter oben zum Ausdruck bringen, dass man auf der Basis der Orthodoxie und aus dem Glauben heraus niemanden raten soll sich tätowieren zu lassen. (Mal abgesehen von den Kopten) Eben weil es uns von dem oben beschriebenen Ideal der Nachfolge unseres Herrn und Gottes Jesus Christus eher entfernt als näher bringt.

M
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