Kleine orthodoxe Festkunde

Orthodoxe Kirche und Gesellschaft, Theologie
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Milo
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Re: Grübel

Beitrag von Milo »

Walter hat geschrieben:
Heute weiß man, dass dieser vorchristliche Kalender sehr ungenau ist, deshalb wird er in keinem Staat der Weltgemeinschaft mehr benutzt. Auch im Moskauer Patriarchat wird übrigens teilweise schon der "neue" Kalender benutzt. Man wird sich sicher irgendwann auf den gregorianischen Kalender einigen (und ihn höchstens der Orthodoxen Kirche zuliebe umbenennen).

Wichtig ist, dass irgendwann alle Christen weltweit wieder gemeinsam Ostern, Pfingsten und Weihnachten feinern dürfen, deshalb würde ich mich freuen, wenn die Gesamtorthodoxie möglichst bald dem Beispiel Finnlands folgen würde. Alles andere ist unrealistisch.
Grüß Gott Walter,

also das ist genau das was nicht passieren wird.
Es wird, wenn schon, der "Milankovic" Kalender die Basis geben, und wird eben der "Neue" heißen. Nix da mit gregorianisch :wink:

Und Finnland ist da nicht das beste Beispiel, da Pashafest nicht nach Kanonischer Vorgabe bei denen gefeiert wird. Hmm...

Aber ich würde mich auch über eine panorthodoxe Lösung sehr freuen, und nicht nur wir sterblichen!

Br. Milo
Walter
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Beitrag von Walter »

protopeter hat geschrieben:Sowohl der römische Katholizismus als auch die protestantischen Denominationen feiern das Osterfest nicht nach gesamten im Konzil von Nikaia 325 allgemein verbindlich festgelegten Maßgaben: 1. am Sonntag, 2. am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond und 3. nach dem jüdischen Pessachfest. Die nichtorthodoxen abendländischen Bekenntnisse orientieren sich zwar gleichfalls nach Punkt 1 und 2, unterlassen jedoch die Ausrichtung nach Pessach - so fällt der nichtorthodoxe Ostertermin gelegentlich direkt mit dem jüdischen Fest zusammen, zuweilen liegt er vorher, manchmal nachher.
Der Punkt 3 ist eine Interpretation des Konzilbeschlusses. Wie schon einmal hier erklärt, ging es dem Konzil darum, das Osterfest vom jüdischen Kalender unabhängig zu machen, als immer am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond zu feiern, ganz gleich, was die Juden machen.

Zudem haben die Juden ihren Kalender 34 Jahre nach dem Konzil von Nikaia noch einmal geändert und wir können es ihnen auch nicht verbieten, dass immer wieder zu tun. Es hat mit unserem Ostern einfach nichts zu tun, was die machen!

Zum anderen wiederspricht der julianische Kalender mittlerweile Punkt 2, weil der Frühlingsanfang inzwischen am 8. März, nicht mehr am 21. ist. Das wird irgendwann dazu führen, dass Ostern im Sommer, Herbst, winter gefeiert wird. Nicht dass das ansich schlimm wäre, aber es wiederspricht den Festsetzungen von Nikaia.


PS: Ich möchte noch anmerken, dass wir das Thema Kalender hier wirklich schon einmal ausführlich durchdiskutiert hatten. :roll:
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protopeter
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Beitrag von protopeter »

Lieber Walter !

Eine generelle Anmerkung zu Beginn: Selbst wenn das Kalenderthema schon diskutiert wurde, entspricht es doch dem Gebot der Höflichkeit, auf Fragen, die von Seiten anderer Forumsteilnehmer gestellt werden, zu antworten !

Der von mir erwähnte Kommentar zum Konzilsbeschluß mag als Interpretation Gültigkeit haben - allein, falsch ist das nicht; dadurch wird auch die Grundidee einer Unabhängigkeit vom jüdischen Kalender in keiner Weise in Frage gestellt (was eben im Hinblick auf die Quartodecimaner nicht der Fall war)!

Ich halte es auch für einigermaßen vermessen, die Kalenderfrage mit der flapsigen Bemerkung "unrealistisch" in Richtung Gregorianischem Kalender abdrängen zu wollen; in dieser Hinsicht erkläre ich mich mit den Ausführungen Br. Milos vollkommen konform - die Reform des Kalenders kann dann einzig nach den "Milankovic-Vorgaben" erfolgen !

Erzpr. Peter
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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Walter hat geschrieben: PS: Ich möchte noch anmerken, dass wir das Thema Kalender hier wirklich schon einmal ausführlich durchdiskutiert hatten. :roll:
Walter,

da muss ich Erzpr. Peter zustimmen. A) Ich denke keiner hier bricht sich den sog. Zacken aus der Krone, wenn man einer "Neuen" im Forum auf eine Frage antwortet, die bereits thematisiert wurde und B) schau mal unter *Interkonfessionelles* und such das Thema "Kompromisslösung" - es kommt in fast jeden zweiten Thread vor... :roll:

Liebe Grüsse
Sebastian
Walter
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Beitrag von Walter »

Lieber Vater Peter, lieber Milo,

auch erst einmal ein genereller Punkt vorweg: Den Hinweis, dass das Thema schon einmal in einem Thread diskutiert wurde, war eine zusätzliche Information: Einige Punkte wurden da eben sehr viel ausführlicher behandelt. Umgekehrt werde ich dort ebenfalls einen Link auf diesen Thread setzen, weil hier viele Punkte auch neu angesprochen wurden, wobei wir wieder beim Thema sind:

Zum Neo-Julianischen bzw. Milanković-Kalender:

Ich muss erst einmal zugeben, dass mir die genauen Unterschiede zum gregorianischen Kalender nicht so bewusst waren, vorallem wo nun der eine, wo der andere innerhalb der orthodoxen Kirche gilt. Danke für die Informationen. Dieser Kalender ist etwa zehnmal genauer als der gregorianische und stimmt so, wie er beschlossen wurde, bis 2799 mit diesem überein. Ein Nachteil ist aber, dass er in die Vergangenheit nur ab 1601 stimmt, und so für Datumsangaben vor 1600 anstatt so schon zwei, noch ein drittes Datum angegeben werde müsste. Zudem ist der gregorianische Kalender jetzt schon einen halben Tag falsch, dieser absolute Fehler wächst im Milanković-Kalender zwar nicht mehr an, bleibt aber bestehen.

Wesentlich einfacher und noch genauer (sowohl in Range als im Offset) wäre es, dem gregorianischen Kalender z.B. eine zusätzliche 3000er-Regel zuzufügen. Solch ein Kalender bliebe gegenüber dem jetztigen Kalender ebenso 3000 Jahre konform. Es gibt natürlich auch noch genauere Kalender (viel genauer, als man die Erdumlaufszeit vorausbestimmen kann). Aber darum geht es ja eigentlich überhaupt nicht, denn der Osterfestzyklus kann genauso gut unabhängig von jedem Kalendersytem allein aus dem Zeitpunkt des astronomischen Frühlingsäqiunoktiums bestimmt werden.

Anders sieht es bei den wirklich kalenderabhängigen Festen. Hier bin ich schon innerhalb der orthodoxen Kirche traurig, dass ich schauen muss, ob ich die »richtige« Kirche erwische, je nachdem ob ich dem neuen oder dem alten Kalender angehöre. Hier gibt es eine unnötige Spaltung innerhalb der Kirche, die man 1923 wohl hätte verhindern können. Wenn man nun, über 80 Jahre später, im Zuge einer gesamtorthodoxen Einigung um einen gemeinsamen Kalender auch die heterodoxen christlichen Brüder und Schwestern mit in die Überlegung zieht, was kann daran so verwerflich sein?

Natürlich ist auch der gregorianische Kalender keineswegs gottgegeben, wenn die römische Kirche den Eindruck erweckt, oder manche Katholiken das selbst glauben, ist das sicher Irrtum. Und so wäre ein Akzeptanz der »Milankovic-Vorgaben« durch die römische Kirche sicher ein besonderes Zeichen von christlicher Verbundenheit und Demut. Die Annahme des gregorianischen Kalenders durch die Gesamtorthodoxie wäre das indessen auch. Ich hoffe, das war Ihnen jetzt weniger »flapsig« ausgedrückt, wenn nicht, bitte ich noch einmal um eine PN.

Gott mit uns und schöne Grüße
Walter
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Ehre sei Dir oh Herr

Beitrag von Ehre sei Dir oh Herr »

Hallo allerseits,

nun, ich habe kürzlich auch einige Für und Wider Punkte bedacht und bei einem Gespräch bzw Nachfrage auch wieder folgende Antwort bekommen.

Nach der Entscheidung des Ersten Ökumenischen Konzils müssen zur Zelebration des Pas?cha (Ostern) folgende vier Punkte eingehalten sein (Pedalion, S. 9, s. u.): a) Frühlingstagundnachtgleiche, b) erster Vollmond nach der Frühlingstagundnachtgleiche, c) nach dem jüdischen Pessach, d) der erste Sonntag nach a) bis c). Was nun das jüdische Pessachfest betrifft, so soll dies am 14./15. Tag des ersten Monats (Nissan) gefeiert werden (Ex 12 bzw. Lev 3,4-8). Ob die (heutigen) Juden noch nach ihrer eigenen Regel leben, ist dabei völlig belanglos, denn die Hl. Väter der Konzile haben ihre Regel natürlich unabhängig von irgendwelchen anderen Bedingungen aufgestellt. D.h. selbst wenn es überhaupt keine Juden mehr gäbe, gilt immer noch die Regel, die sich auf das jüdische Gesetz bezieht. Oder anders gesagt, selbst wenn alle vom Gesetz abweichen, bleibt dieses doch bestehen. Und so sind sich in bezug auf den Ostertermin praktisch alle Orthodoxen einig ? und an diesem, orthodoxen Ostertermin erscheint ja auch jedes Jahr das unstoffliche Licht in der Auferstehungskirche zu Jerusalem.

So lange es kein Gesamtorthodoxes Konzil gibt, wo von Allen beschlossen wird, nach einem anderen Kalender zu feiern als einst verfügt wurde, bleibt alles andere eine unzulässige Abweichung von den Traditionen.

Schon der Apostel Paulus schrieb: "Nun wohl, Brüder, stehet fest und haltet euch an die Überlieferungen, die ihr mündlich oder brieflich von uns empfangen habt."

Der NK wirkt störend, da er einige andere Fixpunkte durcheinanderbringt. Der wichtigste Punkt ist dabei das Apostelfasten. Dieses beginnt am Montag nach Allerheiligen, also dem Sonntag nach Pfingsten und dauert bis zum Fest der Apostel am 29. Juni AK. In den Kirchen, die den NK eingeführt haben, gibt es daher bei einem späten Ostertermin nicht nur kein Apostelfasten, sondern sogar "minus 8 Tage". Das Apostelfasten hört bei denen also 8 Tage vor seinem Anfang bereits auf. Ein solches Absurdum für eine der wichtigen Fastenzeiten im Kirchenjahr zeigt wohl deutlich, wie wenig der NK akzeptabel ist.

Es ist doch eigentlich ganz einfach, so sehe ich das jedenfalls.
Unser Herr gründete die Kirche. Er suchte sich die Apostel aus, welche vom Heiligen Geist erfüllt sein Werk fortsetzten. Da sie unterschiedliche Standpunkte hatten, versammelten sie sich zu einem Konzil und legten ein Prinzip fest, das die Kirche leiten soll.
In den sieben ök. Konzilien hat man also sieben mal Regeln und Dogmen erstellt, die das Siegel des Heiligen Geistes trugen.
Diese haben bis heute Gültigkeit und wie schon angemerkt, gab es kein Gesamtorthodoxes Konzil, das etwas anderes beschloss.

herzlichst René
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