holzi hat geschrieben:Nein, ich meine den Beitrag von Ieseanul, wo er schreibt, daß er angefeindet wurde, weil er ein Häretiker etc. sei ohne aber selbst an der Spaltung der Kirchen schuld zu sein. Das ist eine recht gute Analogie zur Erbsünde. Wir alle leiden unter den Folgen, ohne daß wir jemal persönlich den Apfel Evas vom Baum gepflückt hätten.
Also, "Anfeindung" würde ich das nicht nennen, aber mir ging es um die immer wieder aufkochende Diskussion vor allem über Protestanten (jeglicher Kulör), ihr Glaubens-, Bibel- und Gemeindeverständnis, was manchmal eben leider zu unerfreulichen Debatten führt. Bestimmte Diskussionen kann man sich ja ohnehin sparen (vor allem in einem orthodoxen Forum), das halte ich vor allem hier für deplaziert. Ganz ehrlich, das kommt in der Praxis ja auch nicht vor, dass sich jemand, der orthodox ist, bei den Baptisten im Forum anmeldet und dann Debatten über deren Taufpraxis vom Zaun bricht. Jedenfalls habe ich so etwas auch noch nicht gehört. Was soll sowas auch bringen (außer Streit) ?
Das will ich jetzt nicht auswalzen (und mich dabei wiederholen), meine Meinung dazu habe ich gesagt, unser Thema hier im Forum ist die Orthodoxie und nicht irgendwelche überkirchlichen bzw. überkonfessionellen Streitpunkte. Wie gesagt, meine Meinung.
Abgesehen davon bin ich über den grundsätzlichen Umgang, dem man sich gerade als Protestant schnell ausgesetzt sieht, nicht immer gerade begeistert.
Ich habe in den letzten zwei Jahren, in denen ich mich jetzt intensiv mit der Orthodoxie befasse, allerhand gelernt, dazu gehört auch, dass ich über bestimmte Themen gar nicht diskutieren würde (habe ich vorher auch nicht wirklich gemacht).
Trotzdem glaube ich, dass man mit Anti-Protestantismus, sei es auch nur im "Unterton" niemanden erreicht. Ich glaube auch nicht, dass irgendeine evangelische oder eine freikirchliche Gemeinde ihre Aktivitäten einstellen wird, bloß weil sie gehört oder gelesen haben, dass sie nach orthodoxem Verständnis nicht "Kirche" sind.
Das ist jetzt nur ein Beispiel, für mich liegt das Dilemma darin, dass ich in einen zwar Nicht-Orthodoxen, aber christlichen Hintergrund hineingeboren wurde, so wie viele Generationen vor mir auch. Die Reformation ist, wie bereits gesagt, schon einige hundert Jahre vorbei, hierzulande wissen oft nur die theologisch interessierten Menschen überhaupt, dass es mal ein Schisma gegeben hat und worum es damals ging, ist vielleicht was für den "Leistungskurs Religion" auf einem Gymnasium, aber hierzulande nichts für den Alltag. Jedenfalls nichts für die meisten Leute.
Ich bin seit gut 40 Jahren evangelikal und weiß, wie die Leute in meinem Hintergrund ticken. Gerade deswegen glaube ich auch, dass pauschale Urteile gar nichts bewirken, allerdings interessiert man sich dort, wo ich herkomme sehr wohl für Theologie und für das Bibelstudium, wer auf fruchtbare Gespräche aus ist, sollte dort ansetzen, wo die Leute stehen und sich nicht (jedenfalls nicht in Diskussionen) auf Ereignisse berufen, die fast 1000 Jahre her sind.
Über den Weg der, sagen wir mal, direkten theologischen Konfrontation wird man vermutlich nur erleben, wie sehr man in bestimmten Punkten auseinander liegt. Ich habe im letzten Jahr, als ich in Rumänien war, eines abends lange mit einem orthodoxen Priester zusammen gesessen und mich unterhalten, natürlich über theologische Fragen. Er war, ohne Übertreibung, schon sehr verblüfft, welche Offenheit ich der Orthodoxen Kirche gegenüber habe, zumal er von uns Freikirchlern ja normalerweise anderes gewöhnt ist. Den Sonntag vorher war ich schon in seiner Kirche und habe den ganzen Tag mit ihm, seiner Familie und seiner Gruppe (u.a. mit Gästen aus Russland) verbracht. Ich hatte ihn im Februar letzten Jahres kennen gelernt.
Die Gesprächsatmosphäre zwischen uns war gekennzeichnet von gegenseitigem Respekt (natürlich habe ich mich ihm gegenüber so verhalten, wie man sich einem Priester gegenüber verhalten sollte), er hat mir vieles erklärt, was für mich als Protestant eher schwer verständlich bzw. schwierig einzuordnen ist.
Z.B. befindet sich in Iaşi die Reliquie der Heiligen Parascheva (die Schutzheilige der Region Moldova). Im Oktober jeden Jahres wird sie verehrt, dann kommen in diese ohnehin nicht gerade kleine Stadt nochmals einige zehntausend Menschen und auch hochrangige Politiker. Für das, was sich in diesen Tagen dort abspielt, gibt es im Protestantismus keinerlei Entsprechung. Vater Vasile hat mir vieles über die Verehrung der Heiligen erklärt, obgleich auch er gewisse kritische Anmerkungen zu dem Volksfestrummel dort hatte. Wäre er hingegangen und hätte mich vielleicht dafür kritisiert, dass ich die Heiligen nicht verehre, wäre mein Interesse an einem theologischen Gespräch wahrscheinlich schnell abgeflaut.
Da liegt für mich der "Hase im Pfeffer": wir werden häufig dafür kritisiert, dass wir uns nicht nach der orthodoxen Lehre richten. Wir können aber nur Dinge praktizieren, die wir erfahren und gelernt haben. Wenn einige Leute da noch eine gewisse "Schuldfrage" reinbringen und uns schlussendlich mit Arroganz begegnen (schon vorgekommen), kommt jeder Dialog an seine Grenzen.
Eigentlich wollte ich gar nicht soviel schreiben, aber das Thema "Dialog" ist mir ein ernsthaftes Anliegen, von dem ich auch wirklich überzeugt bin.
Aus dem Dialog heraus kann dann auch ein Umdenken entstehen und das ist meiner Beobachtung ja auch das, was Ihr Euch wünscht.
Doamne ajută !
Gottes Segen !