Wenn gesagt wird, dass der
physischer Tod die einzige Erbsünde sei, so ist das wohl nicht richtig. Physischer Tod, der Verlust dessen, was man im Westen "heiligmachende Gnade" nennt u. ä., sind
Folgen der ersten Sünde, aber die Sünde sind sie nicht.
Orthodoxe Dogmatische Theologie hat geschrieben:Mit Erbsünde ist die ursprüngliche Sünde Adams gemeint, welche seinen Nachkommen übertragen wurde und auf ihnen lastet.
"Ontologische Erkrankung" (eine sehr passende Bezeichung, wie ich meine) wird sie hier auch genannt oder eine andere Bezeichung ist "
geistlicher Tod", weswegen St. Cyprian von Karthago von der "Ansteckung mit dem alten Tod" sprechen konnte. Es gibt einen Unterschied zwischen der Erbsünde selbst und den daraus resultierenden Folgen. Wenn man die Folgen mit der Erbsünde selbst verwechselt und dann feststellt, dass die Auswirkungen der ersten Sünde natürlich nicht vererbt werden können, sondern einfach Wirkungen sind, dann landet man irgendwann im Pelagianismus.
Sinaitis hat geschrieben:So scheinbar logisch die katholische Erklärung ist, sie ist nicht logisch. Unser Herr Jesus Christus wurde sündelos geboren. Dafür braucht er aber keine Mutter, die auch schon sündelos geboren wurde (Ps. 50). Dann hätte Maria vielleicht auch noch eine ähnliche Mutter gebraucht usw. Eine unendliche Kette. Nein Christus selbst ist der Anfang.
Das ist richtig und sollte eigentlich öfters erwähnt werden.
Anastasis hat geschrieben:Und das obwohl man den Lateinern eher Kopflastigkeit unterstellt...
Hier muss man, um der "Ehrenrettung lat. Kopflastigkeit" doch sagen, dass die Sache nicht aufgrund log. Überlegungen entstanden ist. Thomas von Aquin hielt z. B. nicht sonderlich viel, von dieser Lehre (wahrscheinlich wohl auch, weil er den genannten Regress gesehen hat). Sie kam im weniger "kopflastigen" (und der Orthodoxie ansonsten eigentlich näher stehenden) franziskanischen Zweig der westl. Theologie bzw. Scholastik auf.
Nemanja hat geschrieben:[...] heißt unsere Natur neigt zum Bösen, es enthält einen Trieb der zum Bösen neigt.
Das nennt man "Konkupiszenz" (griech.:epithymía, lat.: concupiscentia), die "Tendenz" oder das "Begehren" nach Bösem. Vor allem vom sel. Augustinus her, ist der Begriff geläufig und im Westen spielt er eine relativ große Rolle; beim sel. Augustinus nimmt er ein wenig die Färbung des "bösen, sexuellen Begehrens" an, aber grundsätzlich ist er biblisch und stammt von St. Paulus.
Nemanja hat geschrieben:Irgendwie impliziere ich hier automatisch Schuld.
Werde nicht gar zu "lateinisch". "Erbschuld" ist ein westlicher Begriff und die Schuldsache führt dann zu diesen Komplikationen, die dir hier scheinbar in den Sinn kommen.
Nemanja hat geschrieben:Hier verstehe ich nicht was mir vergeben werden soll, was ich nicht begangen habe ?????!!!!!
Das ist der eigentlich schwierige Punkt an der Sache. M. E. resultieren hier viele Probleme aus dem relativ geläufigen ("lat.") Begriff der "Erb
schuld" der nicht orthodox ist.
(Eventuell könnte man von einer persönlichen Sünde, an der man ohne persönliche Schuld, sondern durch Vererbung leidet, sprechen; aber die Materie ist mit höchster Vorsicht zu genießen. Solche Versuche führen meistens aufs Glatteis.)