Scholastik und Thomismus in der Orthodoxie

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rafailia_3
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Scholastik und Thomismus in der Orthodoxie

Beitrag von rafailia_3 »

EDIT: diese Nachricht war die Antwort zu folgendem Artikel: http://orthodoxes.forum-on.de/sutra7173.html#7173



Lieber Stefan,
Was bedeutet Scholastik in diesem Sinne?

In Christus
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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Auweia! Das hatte ich durcheinander bekommen, vielen Dank Stefan für die Richtigstellung.
Vatikanum I hat nichts über die Mariologie ausgesagt, sondern über die päpstliche Unfehlbarkeit unter bestimmten Bedingungen. Aussagen über die Mariologie wurden 1854 gemacht ("Unbefleckte Empfängnis") und 1950 ("leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel").
Allen einen schönen Tag
holzi
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Beitrag von holzi »

rafailia hat geschrieben:Was bedeutet Scholastik in diesem Sinne?
Hallo,
Scholastik wird die Art der Philosophie bezeichnet, die versucht, alles rational zu durchdenken und mit Hilfe der aristotelischen Begriffswelt zu beschreiben, also eine an sich "wissenschaftliche" Herangehensweise, die aber auch gerne einmal über das Ziel hinausschießt. Ein großer und angesehener Vertreter der mittelalterlichen Scholastik war z.B. Thomas v. Aquino. Einer der Streitpunkte zwischen Orthodoxie und Römischem Katholizismus war die Erklärung der Wandlung. Hier hat die römische Kirche mit Hilfe der scholastischen Begriffslehre versucht, das Mysterium der Verwandlung von Brot und Wein in den wahren Leib und das wahtre Blut Christi zu deuten.

Hier einige Links auf Wikipedia zum Thema:
(wie üblich der Warnhinweis: "Wikipedia ist kein theologisches Fachbuch!")

http://de.wikipedia.org/wiki/Scholastik
http://de.wikipedia.org/wiki/Transsubstantiation

Grüße
Konrad
Zuletzt geändert von Ieseanul am 30.11.2007, 11:39, insgesamt 1-mal geändert.
rafailia_3
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Beitrag von rafailia_3 »

Lieber Konrad,
vielen herzlichen Dank fuer die Erklaerung. Die Scholastik des Katholizismus ist wirklich gegensaetzlich zum Geist der Orthodoxie..

In Christus
stefan1800
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Beitrag von stefan1800 »

Danke Konrad für Deinen Vorgriff.
Ergänzend ist zu sagen, daß Aristoteles ein System der Logik in Definitionen und Beweisführungen entwickelt hat. Für das wissenschaftliche Arbeiten war die Methode ein Fortschritt, aber für die Erklärung von göttlichen Mysterien und des Gottesbegriffs überhaupt war das System umstritten. Thomas von Aquin führte die Methode des Aristoteles in die Theologie ein. Dies führte zur katholischen Transsubstantiationslehre. Man versuchte, daß Mysterium der Hl. Wandlung wissenschaftlich zu erklären. Diese Methode artete zum Teil in Sophisterei aus, da man nach Abschaffung der Kelchkommunion römischerseits dann versuchte, zu erklären, warum beides in beidem enthalten ist usw.
rafailia_3
Beiträge: 141
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Beitrag von rafailia_3 »

Liebe Brueder,
vielen Dank.

genauso entstehen die Haeretischen Theorien.... Ein gutes Beispiel!

In Christus
holzi
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Beitrag von holzi »

rafailia hat geschrieben:Die Scholastik des Katholizismus ist wirklich gegensaetzlich zum Geist der Orthodoxie..
Nicht zwingend, liebe Rafailia,

gerade Thomas von Aquino wurde auch in der Ostkirche rezipiert und viel gelesen und diskutiert. Ich denke, es ist eher ein Ausdruck der unterschiedlichen Denkstrukturen in Ost und West, zumal ja schon seit der Antike die Philosophen mehr aus dem Osten, die Techniker und Juristen eher aus dem Westen kamen. Dem "Geist der Orthodoxie zuwider" träfe nur insofern zu, als man Orthodoxie=Ostrom gleichsetzen würde.

Grüße
Konrad
rafailia_3
Beiträge: 141
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Wohnort: Griechenland

Beitrag von rafailia_3 »

Lieber Konrad,
ich weiss nicht viel von anderen Dogmen, aber ich kenne den Geist der Orthodoxen Kirche soweit es geht und weiss sicher, dass die Orthodoxie solche Ansaetze nicht akzeptiert, die mit der menschlicher Logik versuchen, die Goetliche zu erlaeren.. Vielleicht ist gerade dieser verschiedene Ansatz der grosse Unterschied zwischen Katholizismus und Orthodoxie..

Was meinst Du?
In Christus
prorokini
Beiträge: 84
Registriert: 27.05.2007, 19:30

Beitrag von prorokini »

Ich kann hier nur bedingt mitreden, geschichtlich weiß ich ja nicht viel ? wie sich an meinem Irrrtum über die letzten Mariendogmen und das I. Vatikanum gezeigt hat.
Aber ich glaube in einer Hinsicht steht Thomas von Aquin der orthodoxen Kirche nahe: Er lehrte nicht die Unbefleckte Empfängnis.
protopeter
Priester
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Beitrag von protopeter »

Lieber Konrad !
holzi hat geschrieben:
rafailia hat geschrieben:Die Scholastik des Katholizismus ist wirklich gegensaetzlich zum Geist der Orthodoxie..
Nicht zwingend, liebe Rafailia,

gerade Thomas von Aquino wurde auch in der Ostkirche rezipiert und viel gelesen und diskutiert. Ich denke, es ist eher ein Ausdruck der unterschiedlichen Denkstrukturen in Ost und West, zumal ja schon seit der Antike die Philosophen mehr aus dem Osten, die Techniker und Juristen eher aus dem Westen kamen. Dem "Geist der Orthodoxie zuwider" träfe nur insofern zu, als man Orthodoxie=Ostrom gleichsetzen würde.

Grüße
Konrad
Sie spielen hier auf die Entwicklung der sogenannten byzantinischen Scholastik an, die besonders im 13. und 14. Jahrhundert an Einfluß zu gewinnen suchte - hierzu ist das Wirken der Brüder Dimitrios und Prochoros Kydones sowie des Maximos Planudes (die allesamt zum römischen Katholizismus übertraten !) als von gewisser Bedeutung zu nennen. Im 14. Jahrhundert exponierte sich Barlaam von Kalabrien, den man durchaus als "ideologischen Hauptgegner" der Hesychasten und hierbei besonders des Kirchenvaters Gregorios Palamas sehen muß. Ich schreibe dies alles, um darauf hinzuweisen, daß die Scholastik sehr wohl dem hier schon genannten "Geist der Orthodoxie" entgegensteht - unabhängig von geographisch-kulturellen Gegebenheiten.

Es grüßt
Erzpr. Peter
holzi
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Beitrag von holzi »

protopeter hat geschrieben:Lieber Konrad !

Sie spielen hier auf die Entwicklung der sogenannten byzantinischen Scholastik an, die besonders im 13. und 14. Jahrhundert an Einfluß zu gewinnen suchte - hierzu ist das Wirken der Brüder Dimitrios und Prochoros Kydones und des Maximos Planudes (die allesamt zum römischen Katholizismus übertraten !) als von gewisser Bedeutung zu nennen. Im 14. Jahrhundert exponierte sich Barlaam von Kalabrien, den man durchaus als "ideologischen Hauptgegner" der Hesychasten und hierbei besonders des Kirchenvaters Gregorios Palamas sehen muß. Ich schreibe dies alles, um darauf hinzuweisen, daß die Scholastik sehr wohl dem hier schon genannten "Geist der Orthodoxie" entgegensteht - unabhängig von geographisch-kulturellen Gegebenheiten.

Es grüßt
Erzpr. Peter
Lieber Vater Peter,

ich bezog mich auf diesen Artikel von Stylianos Papadopoulos: http://www.myriobiblos.gr/texts/german/ ... homas.html

beim nochmaligen Lesen darf ich sie bestätigen, dort werden in der Tat die Brüder Kydones und Maximos Planudes an herausgehobener Stellung behandelt, allerdings wurde Thomas in sehr weiten Kreisen über die Antihesychasten hinaus rezipiert.

Auch wenn ich abschweife, noch kurz zum Hesychasmus: ich bearbeite gerade die Institutiones von Johannes Cassianus und stelle fest, dass auch er bereits eine frühe Urform des Ruhegebetes kennt und empfiehlt.

Grüße
Konrad
Zuletzt geändert von Ieseanul am 30.11.2007, 14:57, insgesamt 1-mal geändert.
stefan1800
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Beitrag von stefan1800 »

@Protopeter:
Lieber Vater Peter,
vielleicht können Sie die Sicht der orthodoxen Kirche zur Scholastik näher ausführen. Das würde mich als römischen Katholiken besonders interessieren, da ich der aristotelschen Philosophie in Gottes- und Mysterienerklärungen mit Vorbehalten gegenüberstehe und in diesem Punkt mit der römischen Ausrichtung durchaus Probleme habe.

Danke und herzliche Grüße,
Stefan
protopeter
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Beitrag von protopeter »

Lieber Konrad !
holzi hat geschrieben:Lieber Vater Peter,

ich bezog mich auf diesen Artikel von Stylianos Papadopoulos: http://www.myriobiblos.gr/texts/german/ ... homas.html

beim nochmaligen Lesen darf ich sie bestätigen, dort werden in der Tat die Brüder Kydones und Maximos Planudes an herausgehobener Stellung behandelt, allerdings wurde Thomas in sehr weiten Kreisen über die Antihesychasten hinaus rezipiert.

Auch wenn ich abschweife, noch kurz zum Hesychasmus: ich bearbeite gerade die Institutiones von Johannes Cassianus und stelle fest, dass auch er bereits eine frühe Urform des Ruhegebetes kennt und empfiehlt
Es trifft durchaus zu, daß Thomas von Aquin in Kreisen der byzantinischen Philosophenschulen diskutiert wurde; interessant ist vielleicht auch noch, daß gerade Gregorios Palamas die filioque-Frage bei den Scholastikern aufgriff und als eine Interpretationsmöglichkeit in orthodoxer Maßgabe die Formulierung des Geistausganges "aus dem Vater durch den Sohn" abhandelte.

Überdies ist es zutreffend, daß das gallische Mönchtum um Johannes Cassianus - möglicherweise aufgrund eines "monastischen Kulturaustausches" (es lebten ägyptische und syrisch-palästinische Mönche in Gallien) - diese Gebetsform kannte.

Herzlich grüßt
Erzpr. Peter
stefan1800
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Beitrag von stefan1800 »

Achso, sehe es gerade, Ihr habts verschoben. Dann vielleicht Vater Peters Antwort und meine bitte auch hier in die Scholastik hineinschieben. Danke ! :)
LG, Stefan
holzi
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Beitrag von holzi »

stefan1800 hat geschrieben:Achso, sehe es gerade, Ihr habts verschoben. Dann vielleicht Vater Peters Antwort und meine bitte auch hier in die Scholastik hineinschieben. Danke ! :)
LG, Stefan
Leider kann dieses Forum offenbar keine einzelnen Nachrichten verschieben, daher stelle ich die Anwort von Vater Peter und dir hier rein:
protopeter hat geschrieben:Lieber Stefan !
stefan1800 hat geschrieben:@Protopeter:
Lieber Vater Peter,
vielleicht können Sie die Sicht der orthodoxen Kirche zur Scholastik näher ausführen. Das würde mich als römischen Katholiken besonders interessieren, da ich der aristotelschen Philosophie in Gottes- und Mysterienerklärungen mit Vorbehalten gegenüberstehe und in diesem Punkt mit der römischen Ausrichtung durchaus Probleme habe.

Danke und herzliche Grüße,
Stefan
Das grundsätzliche Problem mit der scholastischen Philosophie liegt nach orthodoxer Auffassung in der Tatsache, daß eine Erklärung von Mysterien, die sich dem menschlichen Begreifen und Kalkulieren vollends entziehen, gegeben ist. Als Beispiel mögen die sogenannten "Gottesbeweise" genannt sein - in ihnen wird Gott menschlichen Erklärungsversuchen unterworfen, die letztendlich auf unsere sehr begrenzte Logik zurückgehen. Nach orthodoxem Verständnis gibt es nur zwei Wege der Annäherung an das Gottesmysterium - die apophatische Theologie, die darüber spricht, was Gott nicht ist und die kataphatische Theologie; letztere unternimmt den Versuch, mit diversen Begriffen (darunter "Liebe", "Licht" oder "Frieden") göttliche Eigenschaften zu benennen.

Mit Segenswünschen grüßt
Erzpr. Peter
Stefan1800's Antwort darauf:
stefan1800 hat geschrieben:Lieber Vater Peter,
herzlichen Dank ! :D
Die Mysterien erklären zu wollen, ist auch mein Kritikpunkt. Das mit der apophatische Theologie und die kataphatische Theologie kannte ich noch nicht, da es noch nicht lange her ist, daß ich mich für die Orthodoxie interessiere. Ich lerne gerne dazu.
Was ist mit den Vorpostings zwischen 9.00 und 14.30 Uhr geblieben ? Sind sie auf einmal weg ? :roll:
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