Das Endziel des Nicht-Orthodoxen-Christen

Orthodoxe Kirche und Gesellschaft, Theologie
Forumsregeln
Forumsregeln Impressum
Alf
Beiträge: 28
Registriert: 08.05.2015, 22:23
Religionszugehörigkeit: katholisch (noch)

Re: Das Endziel des Nicht-Orthodoxen-Christen

Beitrag von Alf »

Nemanja hat geschrieben:Doch, es kommt 'Häresien' vor. In der deutschen Bibelübersetzung (wenn man jetzt die Übersetzung von Igor oben hernimmt) wurde 'Häresien' mit 'Parteiungen' übersetzt.
In der Tat: αἱρέσεις. Was soll man nun von denen denken, die ausgerechnet "Häresie" nicht richtig übersetzen!
Nemanja hat geschrieben:Leute, die sich den aufgezählten Sachen (genannt in dieser Bibelstelle) hingeben, werden das Reich Gottes nicht erben, so laut Bibel. Und Häresien gehören da dazu.
Allerdings heißt es auch, daß Gott alle Sünden bis auf eine Spezielle vergibt. Wer weiß nun, was der Ehebrecher, Götzendiener, Zauberer, Zänker, Irrlehrer usw. in seiner Todesstunde bereut?
Benutzeravatar
Priester Alexej
Priester
Beiträge: 1485
Registriert: 27.11.2008, 22:18
Religionszugehörigkeit: Russisch-Orthodox
Skype: AVeselov
Wohnort: Krefeld
Kontaktdaten:

Re: Das Endziel des Nicht-Orthodoxen-Christen

Beitrag von Priester Alexej »

Nemanja, sind Sie der Meinung, das Gott einen Häretiker nicht erretten kann?
Apostolischer Kanon 39 (32): Priester und Diakonen sollen ohne Wissen und Willen des Bischofs Nichts thun: denn dieser ist's, welchem das Volk des Herrn anvertraut worden, und von welchem Rechenschaft über ihre Seelen gefordert werden wird.
Nikolaj
Beiträge: 475
Registriert: 08.03.2011, 09:17

Re: Das Endziel des Nicht-Orthodoxen-Christen

Beitrag von Nikolaj »

Es gibt übrigens auch weitere Stellen, bei denen die Apostel das Wort Häresie gebrauchen.

In 1. Kor. 11:19 gebraucht der Apostel Paulus das Wort Häresien um Lehren oder Schulen zu beschreiben, die nötig sind, damit durch die gemeinsame Diskussion die Wahrheit ans Licht komme.

Interessant ist auch Apg. 24,5 wo von der Häresie der Nazoräer gesprochen wird. Hierbei ist Häresie nicht als Abweichung von der Lehre sondern mehr als theologische Schule gebraucht. Die Nazoräer waren keine Häresie im heutigen Wortsinn sondern im damaligen Sinn, wobei eine Häresie auch eine philosophie Schule sein konnte.

Nazoräer gaben ein zeitlich begrenztes Gelübde ab, wobei manche ein Lebenslanges Gelübde abgaben. Das hat Ähnlichkeit mit dem heutigen Mönchtum. Wenn wir nun sagen, dass Herätiker nicht errettet werden können, sind dann alle Mönche verdammt?

Wir können Worte der Bibel nicht einfach 1-zu-1 auf heute übertragen, sondern es muss das selbe Verständnis an den Tag gelegt werden, welches die Apostel und Kirchenväter den Worten gaben. Das geht aber auch nur, wenn wir die Worte so verstehen, wie Sie damal verstanden wurden. Das geht eigentlich nur, wenn wir auch die Ausdrucksweise der hellenischen Philosophen lernen, denn die Apostel und Kirchenväter haben die Ausdrucksweise der damalig herrschenden philosophischen Schulen genutzt. Die Leibwerdung der Dogmen sozusagen, wobei der Leib die philosophische Sprache ist und die Dogmen die Seele.

Ich glaube, dass auch heute eher eine Zeit wäre, bei der wir gemeinsam mit Katholiken oder auch Protestanten einen Dialog führen müssen, bei dem wir die Wahrheit ans Licht bringen müssen. Es ist klar, dass wir nicht von unserer Lehre abweichen müssen. Natürlich bedarf es aber zum Dialog immer zwei Personen.

Die teilweise Anerkennung der Sakramente der anderen Konfessionen zeugt ja auch davon, dass z. B. die Katholiken noch einen Teil Orthodoxie behalten haben. Somit würde der Heilige Geist auch dort wirken.
Alf
Beiträge: 28
Registriert: 08.05.2015, 22:23
Religionszugehörigkeit: katholisch (noch)

Re: Das Endziel des Nicht-Orthodoxen-Christen

Beitrag von Alf »

Nikolaj hat geschrieben:In 1. Kor. 11:19 gebraucht der Apostel Paulus das Wort Häresien um Lehren oder Schulen zu beschreiben, die nötig sind, damit durch die gemeinsame Diskussion die Wahrheit ans Licht komme.
Ich glaube, das ist sehr wichtig. Man kann ja nicht vermeiden, daß man selber in seinen Gedanken irrt, nur sollte man sich in seinem Irrtum nicht von der Kirche isolieren, durch die man wieder zurückfindet zur Wahrheit. Interessant ist auch, daß der Vorwurf der Häresie fast nur Kleriker und manchmal Kaiser betraf, der normale Laiengläubige aber kaum dadurch Probleme bekam.
Nikolaj hat geschrieben:Interessant ist auch Apg. 24,5 wo von der Häresie der Nazoräer gesprochen wird. Hierbei ist Häresie nicht als Abweichung von der Lehre sondern mehr als theologische Schule gebraucht. Die Nazoräer waren keine Häresie im heutigen Wortsinn sondern im damaligen Sinn, wobei eine Häresie auch eine philosophie Schule sein konnte.

Nazoräer gaben ein zeitlich begrenztes Gelübde ab, wobei manche ein Lebenslanges Gelübde abgaben. Das hat Ähnlichkeit mit dem heutigen Mönchtum. Wenn wir nun sagen, dass Herätiker nicht errettet werden können, sind dann alle Mönche verdammt?
In Apg. 24,5 redet ja ein jüdischer Hoherpriester vor dem römischen Statthalter, um Paulus anzuklagen. Er bezichtigt Paulus der Unruhestiftung durch die Verbreitung einer neuen Lehre, die der Hohepriester falsch nennt. Da wird "Häresie" also durchaus im Sinne von "falscher Lehre" benutzt, nur haben eben nicht Christen das Monopol auf diesen Begriff.

Die geweihten Nasiräer (4. Mose 6) sind nach überwiegender Auffassung nicht dasselbe wie Nazoräer (Anhänger eines Mannes aus Nazareth, also Jesu).
Nikolaj hat geschrieben:Ich glaube, dass auch heute eher eine Zeit wäre, bei der wir gemeinsam mit Katholiken oder auch Protestanten einen Dialog führen müssen, bei dem wir die Wahrheit ans Licht bringen müssen. Es ist klar, dass wir nicht von unserer Lehre abweichen müssen. Natürlich bedarf es aber zum Dialog immer zwei Personen.
Abgesehen von ein paar wirklich interessierten weiß man auf katholischer und protestantischer Seite sehr wenig über die christliche Orthodoxie. Da kennt man sich besser mit Islam oder Judentum aus. Womöglich hat Luther einfach nicht gewußt, daß in der Orthodoxie seine ursprünglichen und wichtigsten Kritikpunkte an der päpstlichen Kirche nicht greifen (Kommunion unter beiderlei Gestalten, Liturgie in der Landessprache, mehr Betonung auf dem Glauben und der Bibel anstatt auf der Scholastik, daher kein Fegefeuer und auch kein Ablaßhandel). Anschließend ist er im Groll über die Ablehung aus Rom auf wirklich häretische Gedanken gekommen.
Nikolaj
Beiträge: 475
Registriert: 08.03.2011, 09:17

Re: Das Endziel des Nicht-Orthodoxen-Christen

Beitrag von Nikolaj »

Danke für die Korrektur zu Apg. Habe wohl nicht genau gelesen...
Antworten