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Orthodoxe Kirche und Gesellschaft, Theologie
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protopeter
Priester
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Beitrag von protopeter »

Lieber Ioannes !

Die von Dir nunmehr aufgeworfene Frage berührt einen anderen Themenbereich, der mehr das thematisiert, wie die Orthodoxe Kirche auf Weltanschauungen, die nicht mit ihrer Grundlegung zu vereinbaren sind, reagiert(e). Hier ist es natürlich ganz klar, daß sowohl seitens der Hierarchie als auch von Theologen klar Stellung bezogen wurde - so verhängte etwa der Moskauer Patriarch Tichon 1917 über die Sowjetregierung und ihre Parteigänger den Kirchenbann.

Wiederum sei jedoch gesagt, daß es der Orthodoxen Kirche niemals darum zu tun war, etwas "zu unternehmen" - etwa in der Art, wie es der römische Katholizismus allzu lange vorexerzierte, der gegen jeden, der seiner Weltanschauung nicht entsprach, mit radikalsten Mitteln zu Werke ging. Inquisition und Scheiterhaufen sind keine von der Orthodoxie zur Anwendung gebrachten Methoden (Gott sei Dank !); selbst im größten Irrtum, in der tiefsten Häresie ist es angebracht, die Verfehlung zu bekämpfen, doch dem Irrenden gegenüber zugleich entsprechende Milde in Anwendung zu bringen.

In der Liebe Christi grüßt
Erzpr. Peter
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Sebastian
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Schöne Antwort Pater Peter :-)

Beitrag von Sebastian »

Hallo,

wäre außerdem nicht angebracht "den Feind zu lieben"? :-) und veruteilen dürfen wir ja eh nicht. Was den Kommunismus angeht, es gab auch einige Menschen, die den Glauben tief in ihrem innern dennoch behielten oder sich einfach nicht trauten in der Öffentlichkeit für den Herrn einzustehen und riefen nur Heimlich zu "Slava" die Priester in ihr Haus ein. Nich jedem ist es leider gegeben den Mut der Märtyrer zu haben :cry: . Doch Gott liebt wahrscheinlich auch uns, Seine feige Kinder :-)

Gruß Aleksandra
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theofan
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Beitrag von theofan »

Grüß Gott,

es sollte aber durchaus daran erinnert werden, dass die Frage, wie mit Häretikern umzugehen sei, auch in der OK zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich beantwortet wurde.

So gab es z.B. in der russischen Kirche um das Jahr 1500 heftige Auseinandersetzungen um die Häresie der Judaisierenden, die mit ihren kabbalistischen und astrologischen Lehren durchaus Einfluss auf Moskauer Bojarenkreise gewonnen hatten.

Die Bereinigung des Problems (Erzbischof Gennadi v. Novgorod, Hl. Abt Joseph v. Volozk) führte dazu, dass in Novgorod Häretiker rückwärtig auf Schindmähren sitzend durch die Stadt getrieben wurden, mit Schildern "Dies ist die Heerschar des Teufel" und Strohhüten, die man anschließend anzündete.
In Moskau kam es unter dem Einfluss Josephs zu einer Verurteilung der Häresie durch ein Konzil; die Anführer wurden verbrannt, die übrigen Häretiker ins Kloster geschickt.

Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass das Thema im Rahmen der Polemik zwischen den Anhängern Josephs und den Starzen von Belozero (den Schülern des Nilus v. Sora) heiß diskutiert wurde und sich in der Folge die Letzteren durchsetzten.

Die Verbannung in entlegene Kloster war aber auch später noch das Mittel der Wahl, um Häretikern den verderblichen Einfluss auf die Kirche zu verwehren.

Gottes Segen
Hans-Peter
protopeter
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Beitrag von protopeter »

Liebe Mitdiskutanten !

Noch ein Wort zur Frage des Umgangs mit Häretikern: Die von Br. Hans-Peter genannten historischen Tatsachen treffen natürlich zu; man könnte hier auch noch die Maßnahmen gegen die russischen Altritualisten des 17. Jahrhunderts erwähnen, die ähnlichen Charakter wie das bereits Genannte aufwiesen. Doch mag man eines nicht vergessen - die Maßnahmen gegen Häretiker wurden (infolge der sogenannten synallilia) vom Staat, der sich als "Beschützer der Rechtgläubigkeit" begriff, verhängt. Allerdings konnte es eben auch geschehen, daß die Kirche auf dieser Basis durchaus in tiefe staatliche Abhängigkeit geriet - was sich dann keineswegs günstig auswirkte. Gerade in Rußland konnten entsprechende Maßnahmen aber auch durchaus strenger als anderswo ausfallen.

Es sei mir aber auch gestattet, ein Beispiel aus dem 20. Jahrhundert anzuführen: Im Jahre 1936 wurde die sogenannte Sophiologie des großen Theologen, Philosophen und Soziologen Erzpriester Sergej Bulgakov sowohl seitens des Moskauer Patriarchats als auch der Russischen Auslandskirche als Irrlehre verurteilt. Das entsprechende Gutachten dafür stammte vom (späterhin sehr berühmten) Laientheologen Vladimir Losskij, der Bulgakovs Lehre als nicht mit der kirchlichen Überlieferung in Einklang stehend kennzeichnete. Dennoch betonte er am Ende seiner Ausführungen ausdrücklich, daß Vater Sergej ein tugendhafter, zutiefst gläubiger und der orthodoxen Lehre verbundener Christ und Priester wäre.

Genau darum geht es eben bei der Häresienbetrachtung in orthodoxer Sicht - die grundsätzliche Abwehr der Irrlehre, jedoch milden Umgang mit dem Urheber dieser Lehre. Allerdings mochte von Seiten des Irrlehrers zumindestens "Bußgesinnung" erwartet sein (über das Ausmaß dessen gibt es im Laufe der Geschichte diverse Definitionen). Maßnahmen wie Verbannung in ein Kloster konnten dann verhängt werden, wenn der Betreffende als "beharrlich" in seinen Irrtümern galt - ein "außerrussisches" Beispiel der frühen Kirche ist etwa der vom Konzil in Ephesos 431 verurteilte Nestorios, der 20 Jahre in einem ägyptischen Kloster zubrachte.

Mit Segenswünschen grüßt
Erzpr. Peter
IoannesProselytos
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Beitrag von IoannesProselytos »

Ist die Lehre von der Allaussöhnung Häresie?
Milo
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Beitrag von Milo »

IoannesProselytos hat geschrieben:Ist die Lehre von der Allaussöhnung Häresie?
Lieber Ioan,

was soll diese Lehre genau sein? Ich höre zum ersten Mal.

Festliche grüße,

Milo
holzi
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Beitrag von holzi »

administrator hat geschrieben:
IoannesProselytos hat geschrieben:Ist die Lehre von der Allaussöhnung Häresie?
Lieber Ioan,

was soll diese Lehre genau sein? Ich höre zum ersten Mal.

Festliche grüße,

Milo
Lieber Milo,

bei aller Skepsis, die bei Wikipedia in religiösen Sachen angebracht sein dürfte, möchte ich die das dann doch nicht vorenthalten: http://de.wikipedia.org/wiki/Allauss%C3%B6hnung

Liebe Grüße
Konrad
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theofan
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Beitrag von theofan »

Grüß Gott,

die Allversöhnungslehre ist Häresie. Allerdings hat z.B. Bischof Kallistos (Ware) darauf hingewiesen, dass die Verdammung dieser Lehre damals "in einem Aufwasch" mit der der origenistischen Lehre von der ewigen Präexistenz der Seelen erfolgte, und man diese Fragen ggf. bei getrennter Betrachtung unterschiedlich hätte bewerten können.
Da das nächste ökumenische Konzil aber noch nicht in Sicht ist, muss man sich wohl damit abfinden.

Gottes Segen
Hans-Peter
IoannesProselytos
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Beitrag von IoannesProselytos »

Xpristos anesti!

Danke! Denk' ich mir doch, dass das Zeug Häresie ist - im röm. Katholizismus war es mir absolut klar nur in der Orthodoxie war ich mir nicht sicher.

Danke.
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