Was ist richtig?

Orthodoxe Kirche und Gesellschaft, Theologie
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Julija
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Was ist richtig?

Beitrag von Julija »

Liebe Leute!
Jetzt lesse ich ein interessantes Buch über die Ikonografie (auf russisch). Der Author schreibt ganz viel über die Unterschied zwischen den orthodoxen und katholischen Ikonen, über ikonografische Kanonen.
Ich würde gern Ihre Meinung wissen... Was denken Sie: kann man, zum Beischpel, die Bilder von Rafael oder Leonardo da Vinci halten für die Ikonen?
Mit Grüssen,
Julija
mimare
Beiträge: 23
Registriert: 10.04.2006, 17:49
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Beitrag von mimare »

hallo jullija :D
ich kenn mich wenig in den ikonen aus,finde sie aber schön u.viele ikonen(hab auch welche)verinnerlichen meine glaubenswelt.
ich finde,jedes bild o.auch ikone,die mich zum glauben führt,erfüllt seinen zweck..hinzuführen zu GOTT
ikonen werden eigentlich hergestellt in gebet u.meditation u.in stille gemalt..ich weiß das,weil ich mal selbst einen ikonenmalkurs besucht habe u.so eine eigene ikone habe(johannesikone)

:D mimare :D
gelobt sei jesus christus
protopeter
Priester
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Ikonen - einige Anmerkungen

Beitrag von protopeter »

Liebe Julija !

Ich möchte versuchen, Ihnen auf Ihre Frage zu antworten; zunächst einmal sind die Bilder von Leonardo und Raffael mit religiöser Thematik ohne Zweifel Kunstwerke von Weltrang - allerdings, Ikonen sind es nicht. Sie werden vielleicht schon gehört oder gelesen haben, daß sich die Ikonenmalerei nach bestimmten Vorgaben orientiert, die eben auch das besondere Erscheinungsbild einer Ikone ausmachen - dazu gehört die (in eigens dafür seit etwa dem 10./11. Jahrhundert in entsprechenden Handbüchern beschriebene) eigene Darstellungsform der Abbilder Christi, der Gottesgebärerin oder der Heiligen; darüberhinaus weist eine jede Ikone auch eine Beschriftung (den sogenannten "Titel") auf - all das ist nach kanonischer Ordnung festgelegt.

Nun geschieht dies nicht ohne Grund: Die Ikonenverehrung ist ein Wesensbestandteil orthodoxer Frömmigkeit und von so herausragender Bedeutung, daß das Zweite Konzil von Nikaia 787 sie als Dogma definierte - vor allem, um ihre tatsächliche Bedeutung hervorzuheben und außerdem der Verbeitung gewisser Irrlehren darüber ein Ende zu machen.

Die nicht der naturalistischen Auffassung entsprechende Darstellungsweise erfüllt nun auch einen wichtigen Zweck - es soll damit gezeigt werden, daß durch das Mysterium der Erlösung die gesamte Schöpfung buchstäblich vom Göttlichen Licht durchdrungen und verklärt ist; dadurch ergibt sich eben eine vollkommen veränderte Sicht der Dinge. Ikonen werden manchmal als "Fenster" zu einer die sichtbare Schöpfung übersteigenden Welt bezeichnet; tatsächlich vermitteln sie auch die Gegenwart des Göttlichen und Heiligen. Ein wesentlicher Aspekt der orthodoxen Lehre über die Ikonen ist denn auch diese lebendige Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch, die zum Ausdruck kommt - in der Betrachtung der Darstellung der Erlösungsmysterien Christi und dem Leben der Heiligen wird der Gläubige in eine neue Wirklichkeit geführt, wodurch er ein Teilhaber der Glaubensgeheimnisse werden kann.

Möge die Gnade unseres Menschenliebenden Gottes mit Ihnen sein !
Zuletzt geändert von Anonymous am 04.08.2006, 01:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Julija
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Beitrag von Julija »

Lieber v. Peter!
Danke schön für Ihre Antwort. Ich habe die gleiche Meinung über Ikonenmalerei, wie Sie... Aber diese Meinung ist sogar nicht ganz verbreitet in der orthodoxen Kirche. Viele meiner Freunde meinen, dass es ganz in Ordnung ist, wenn die Ikonostase auch realistisch gemalt ist.
Segnen Sie.
Julija
protopeter
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Beitrag von protopeter »

Liebe Julija !

Die realistische Darstellungsweise bei der Ikonenmalerei ist natürlich auf "westlichen" Einfluß zurückzuführen; trotz aller deutlich sichtbaren Abweichung von den ursprünglichen kanonischen Vorgaben ist jedoch deren geistliche Grundlegung in keinem Fall zu bestreiten - so ist beispielsweise bekannt, daß der Heilige Seraphim von Sarov sogenannt "realistisch" gemalte Ikonen besaß.

Wenn man auch der byzantinischen Malweise den Vorzug geben sollte, wäre es vollkommen unzulässsig, die spirituell - dogmatische Dimensionen jener Ikonen, die nicht in allen Aspekten der althergebrachten Traditioen entsprechen, abzuleugnen.

Möge die Gnade des Menschenliebenden Gottes mit Ihnen sein !

In der Liebe Christi,
Erzpr. Peter
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