Teilnahme an Gebeten der anderen Kirchen

Beziehung zum nichtorthdoxen Christentum
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Milo
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Meine Meinung

Beitrag von Milo »

Liebe Väter, liebe Brüder und Schwestern!

Ich habe gezögert, aber nicht abgelassen von meiner Absicht hierzu nochmal meine Gedanken zu äussern.

Teilweise bin ich enttäuscht über die Unkenntnis der Kirchengeschichte und der Bedeutung der heiligen Liturgie. Es hinterlässt den Eindruck das alles (muss nicht) "relativ" sein kann, vor allem bei Neofiten.

Was ist unter Liturgie zu verstehen? Öffentlicher (Gottes-)Dienst des gläubigen Volkes...Doksologie an einem Ort und einer Stelle. Vorausgesetzt das wir das gleiche Glauben, versöhnt sind, das wir in eucharistischer Gemeinschaft stehen, können wir uns dazu versammeln, um das "Heilige für die Heiligen" zu empfangen. HIer könnte man nun ausschweifen in ein anderes Thema, wer ist nun würdig dieser Gaben? Nur Klerus? Alle nur zur großen Fastenzeiten? Auch evtl. Heterodoxe?

Was mich interessiert ist aber, gibt es einen anderen Anlass die heilige Liturgie zu zelebrieren, ausser dem das "Heilige den Heiligen" ?
Ist die Liturgie eine "rituelle Aufführung" um Nicht-/Andersgläubige zu begeistern, sich dieser Gemeinschaft anzuschließen, und die Realpräsenz der eshatologischen Gemeinschaft Gottes im Heiligen Geist tritt in die zweite Reihe? Ist alles wirklich relativ? Wenn die dogmatische Sichtweise hierzu gelockert wird, dann kann man anfangen auch andere orthodoxe Lehren Stück für Stück zu zersetzten, wie zB. das Verhältniss zur Pleroma-Konfession...oder Ikone-Idolatrie...Trinitätslehre, usw.

Wenn es wirklich so ist wie die überlieferte Litugieordnung vorschreibt durch den Aufruf: Ketechumenen gehet hinaus...und ihr Gläubigen, wieder und wieder lasset uns beten zum HErrn...für die vorgelegten Gaben lasset uns...usw. Trifft es erst Recht nicht zu auf Heterodoxe?

Wenn es doch "relativ" ist, warum ändert man den Text nicht ab - so fürchte ich, entkommen wir nicht dem Formalismus, der ja wirklich im lebendigen Glauben (zumindest bei der orthodoxen Auffassung) keinen Platz hat...oder wie es ein russischer Theologe meinte: wer auf die äussere Form Wert legt, hat die inneren (wesentlichen) Werte übersehen.

Also nochmal, ist es egal wie, dh. mit wem wir beten...vor allem in Punkto orthodoxes Liturgieverständnis? Ist in der Liturgie vorangig die eshatologische Dimension vor der Tradition, oder umgekehrt/ "relativ"?

Zum nachdenken ein Schrifftnachweis aus dem 2.Jhd:

Justin der Märtyrer
Erste Apologie


65. Der eucharistische Gottesdienst nach Empfang der Taufe.

Wir aber führen nach diesem Bade (61) den, der gläubig geworden und uns beigetreten ist, zu denen, die wir Brüder nennen, dorthin, wo sie versammelt sind, um gemeinschaftlich für uns, für den, der erleuchtet worden ist, und für alle andern auf der ganzen Welt inbrünstig zu beten, damit wir, nachdem wir die Wahrheit erkannt haben, gewürdigt werden, auch in Werken als tüchtige Mitglieder der Gemeinde und als Beobachter der Gebote erfunden zu werden, und so die ewige Seligkeit zu erlangen. Haben wir das Gebet beendigt, so begrüssen wir einander mit dem Kusse. Darauf werden dem Vorsteher der Brüder Brot und ein Becher mit Wasser und Wein gebracht; der nimmt es und sendet Lob und Preis dem Allvater durch den Namen des Sohnes und des Heiligen Geistes empor und spricht eine lange Danksagung dafür, dass wir dieser Gaben von ihm gewürdigt worden sind. Ist er mit den Gebeten und mit der Danksagung zu Ende, so gibt das ganze Volk seine Zustimmung mit dem Worte "Amen. Dieses Amen bedeutet in der hebräischen Sprache soviel wie: Es geschehe! Nach der Danksagung des Vorstehers und der Zustimmung des ganzen Volkes teilen die, welche bei uns Diakonen heissen, jedem der Anwesenden von dem verdankten Brot, Wein und Wasser mit und bringen davon auch den Abwesenden.


66. Das Wesen der Eucharistie.

Diese Nahrung heisst bei uns Eucharistie. Niemand darf daran teilnehmen, als wer unsere Lehren für wahr hält, das Bad zur Nachlassung der Sünden und zur Wiedergeburt empfangen hat und nach den Weisungen Christi lebt. Denn nicht als gemeines Brot und als gemeinen Trank nehmen wir sie; sondern wie Jesus Christus, unser Erlöser, als er durch Gottes Logos. Fleisch wurde, Fleisch und Blut um unseres Heiles willen angenommen hat, so sind wir belehrt worden, dass die durch ein Gebet um den Logos, der von ihm ausgeht, unter Danksagung geweihte Nahrung, mit der unser Fleisch und Blut durch Umwandlung genährt wird, Fleisch und Blut jenes fleischgewordenen Jesus sei. Denn die Apostel haben in den von ihnen stammenden Denkwürdigkeiten, welche Evangelien heissen, überliefert/es sei ihnen folgende Anweisung gegeben worden: Jesus habe Brot genommen, Dank gesagt und gesprochen: "Das. tut zu meinem Gedächtnis, das ist mein Leib, und ebenso habe er den Becher genommen, Dank gesagt und gesprochen: Dieses ist mein Blut, und er habe nur ihnen davon mitgeteilt. Auch diesen Brauch haben die bösen Dämonen in den Mithrasmysterien nachgeahmt und Anleitung dazu gegeben. Denn dass Brot und ein Becher Wassers bei den Weihen eines neuen Jüngers unter Hersagen bestimmter Sprüche hingesetzt werden, das wisst ihr oder könnt es erfahren.


67. Gemeindeleben der Christen, besonders ihr Sonntagsgottesdienst.

Wir aber erinnern in der Folgezeit einander immer hieran, helfen, wenn, wir können, allen, die Mangel haben, und halten einträchtig zusammen. Bei allem aber, was wir zu uns nehmen, preisen wir den Schöpfer des Alls durch seinen Sohn Jesus Christus und durch den Heiligen Geist. An dem Tage, den man Sonntag nennt, findet eine Versammlung aller statt, die in Städten oder auf dem Lande wohnen; dabei werden die Denkwürdigkeiten der Apostel oder die Schriften der Propheten vorgelesen, solange es angeht. Hat der Vorleser aufgehört, so gibt der Vorsteher in einer Ansprache eine Ermahnung und Aufforderung zur Nachahmung all dieses Guten. Darauf erheben wir uns alle zusammen und senden Gebete empor. Und wie schon erwähnt wurde (65), wenn wir mit dem Gebete zu Ende sind, werden Brot, Wein und Wasser herbeigeholt, der Vorsteher spricht Gebete und Danksagungen mit aller Kraft, und das Volk stimmt ein, indem es das Amen sagt. Darauf findet die Ausspendung statt, jeder erhält seinen Teil von dem Konsekrierten; den Abwesenden aber wird er durch die Diakonen gebracht. Wer aber die Mittel und guten Willen hat, gibt nach seinem Ermessen, was er will, und das, was da zusammenkommt, wird bei dem Vorsteher hinterlegt; dieser kommt damit Waisen und Witwen zu Hilfe, solchen, die wegen Krankheit oder aus sonst einem Grunde bedürftig sind, den Gefangenen und den Fremdlingen, die in der Gemeinde anwesend sind, kurz, er ist allen, die in der Stadt sind, ein Fürsorger. Am Sonntage aber halten wir alle gemeinsam die Zusammenkunft, weil er der erste Tag ist, an welchem Gott durch Umwandlung der Finsternis und des Urstoffes die Welt schuf und weil Jesus Christus, unser Erlöser, an diesem Tage von den Toten auferstanden ist, Denn am Tage vor dem Saturnustage kreuzigte man ihn und am Tage nach dem Saturnustage, d. h. am Sonntage, erschien er seinen Aposteln und Jüngern und lehrte sie das, was wir zur Erwägung auch euch vorgelegt haben.


In Gedanken, wie das Verständnis darüber für manche heute ist...

Gruß,

sündiger milo
Ieromonach
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Beitrag von Ieromonach »

Lieber Bruder Milo, die Göttliche Liturgie ist natürlich die Liturgie die der dreifaltige Gott mit uns feiert und die wir in rechter und gläubiger Verherrlichung mitfeiern. Zu diesem Dienst sind nur wir Orthodoxe eingeladen. Die Frage ist aber ob wir Hier und Heute eine liturgische Praxis wieder beleben können und wollen . Von unserem Verständnis her dessen was Kirche ist und ausmacht sollte das möglich sein. Aber liturgische Formen sind niemals statisch, dieses zeigt uns die Liturgiewissenschaft. Eine Arkandasdisziplin ist in Parochien nicht anwendbar, in Klöstern sieht schon wieder alles ganz anders aus. Die Anwesenheit von Nichtorthodoxen sollten wir, wie mein priesterlicher Mitbruder P. Peter schon sehr richtig sagte, als Mission hinnehmen. Auf keinen Fall ist damit eine Kinonia der heiligsten Gaben erlaubt. Aber auch die Gabe des Antidoron an Nichtorthodoxe darf eigentlich nicht sein. Vielen Dank für deinen Einwand Bruder Milo. + P.Theodor/Athikia
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theofan
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Beitrag von theofan »

retro24 hat geschrieben:Ich verstehe dennoch nicht, was so verwerflich und schlimm daran sein soll, einen Gottesdienst oder eine Andacht einer anderen als der orthodoxen christlichen Kirche (oder Gemeinschaft, wenn man wie der Papst den Protestanten das Recht absprechen will, sich Kirche nennen zu dürfen). Habt ihr alle Angst, euch mit einer schlimmen Krankheit anzustecken? Man kann in einem katholischen Gottesdienst z.B. auch sitzen, ohne das Abendmahl einzunehmen...

Mit jemandem Gemeinschaft zu haben bedeutet doch nicht, in allem mit ihm/ihr einer Meinung zu sein. Letztlich beten wir Christen aber doch zum selben Gott, wie Jeremias schon schrieb (und ich bin auch sonst größtenteils seiner Meinung)...
Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde der Dritte 8) .

Allerdings beten auch Moslems und Juden zu "demselben" Gott. Dieses Argument ist unbrauchbar. Wir haben alle ein jeweils eigenes Gottesbild, und zu dem beten wir auch!
Und weil das Gottesbild auf die Art zu beten rückwirkt, sieht orthodoxes Beten anders aus als katholisches, evangelisches oder jüdisches. D.h. beim Beten mit Heterodoxen wird selbstverständlich die geistige "reine Lehre" beeinflusst, und ich kann nachvollziehen, wenn Menschen auf dem geistigen Weg diese Versuchung meiden.
Selbst ich als schlechter Orthodoxer kann spüren, das der Geist heterodoxer Gebete häufig ein anderer ist.

Was die Diskussion um die Eucharistiefeier angeht: Das Thema hier heißt nicht Interkommunion, sondern gemeinsames Beten. Da gibt es Tischgebete, Krankengebete, solche für Verstorbene usw.

Es entzieht sich aber auch meinem Verständnis, warum ich bei einer Totenmesse für eine verstorbene gute, aber katholische Bekannte nicht die Fürbitten mitbeten soll. Da ist dann m.E. die Grenze zum Pharisäertum überschritten.

Gottes Segen
Hans-Peter
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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Guten Abend Walter !
Walter hat geschrieben: ich hab es in der Tat wie schon oben erwähnt in einem Kloster bei Volos erlebt, dass Nicht-Orthodoxe auch schon an der Liturgie der Katechumenen nicht teilnehmen durften. Auch auf dem Berg Athos dürfen in manchen der Großklöster Nicht-Orthodoxe der Liturgie nur vom Narthex aus beiwohnen, und wenn es heißt »... keiner der Katechumenen bleibe«, werden die schweren Türen zwischen Narthex und Kirchenschiff geschlossen, sodass man weder sehen noch hören kann, wie die Liturgie weiter gefeiert wird.
Wie wird denn "kontrolliert", wer orthodox ist und wer nicht ? Wird überhaupt kontrolliert, wird man gefragt ? Schön, dass du mal wieder zum Athos fahren möchtest, wie du an anderer Stelle schon schriebst !

Grüße
Sebastian
Milo
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Beitrag von Milo »

TheoFan hat geschrieben: Es entzieht sich aber auch meinem Verständnis, warum ich bei einer Totenmesse für eine verstorbene gute, aber katholische Bekannte nicht die Fürbitten mitbeten soll. Da ist dann m.E. die Grenze zum Pharisäertum überschritten.

Gottes Segen
Hans-Peter
Lieber Theophan,

ist denn für Dich das Fürbeten für jemanden und das Mitbeten mit jemanden das Gleiche?

Für mich deffinitiv nicht. Und auch ich habe Bekannte und Freunde anderer Konfession und Religion, aber auch Atheisten, Kommunisten...und war eingeladen an verschiedenen "Veranstaltungen".
Bin ich Pharisäer wenn ich für sie bete, aber nicht mit der Gemeinschaft die ausserhalb der einen heiligen Kirche steht?

Weiterhin nachdenlicher und sündiger milo
Ieromonach
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Beitrag von Ieromonach »

Lieber Bruder Milo, es ist schon ein Unterschied ob ich f ü r einen Menschen bete - Gott bitte - oder ob ich in einer Religionsgemeinschaft mitbete die meinen Glauben nicht bekennt, ja sogar konträr ist. Du bist nicht Pharisäer wenn du f ü r Deinen Bruder in Adam/Schwester in Eva betest, auch wenn jene Dich wegen Deines Glaubens verfolgten. Aber ein MITBETEN mit jenen die meinen Glauben nicht teilen, das ist dann Pharisäertum. in der Liebe unseres gemeinsamen Herrn IC+XC NIKA
Dein Dich umarmender fehlbarer + P. Theodoros

PS: In meiner kleinen Kirche habe ich Sand von der Stelle an der von den Türken die hl. Reliquien des hl Sava verbrannt wurden, darüber eine geschriebene Ikone des hl. Sava. Weil das Dein und mein Heiliger Vater im Glauben ist können wir, wenn wir wollen, gemeinsam beten.
protopeter
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Beitrag von protopeter »

Brüder und Schwestern im Herrn !

Ich möchte nochmals auf die Frage orthodoxer Gebetsgemeinschaft mit Heterodoxen eingehen; es wurde schon geklärt, daß die Teilhabe an den Mysterien jenen,die nicht Glieder der Kirche sind, grundsätzlich unmöglich ist - dies ist eine feststehende, nicht zu hinterfragende Tatsache. Es kann sich auch nicht darum handeln, die Feier der Göttlichen Liturgie als - wie hier schon geschrieben wurde - zweckentfremdete "rituelle Aufführung" zu verstehen. Als Orthodoxe wissen wir um den absoluten Wert kirchlichen Lebens und der damit verbundenen Manifestationen.

Doch möchte ich nochmals einen Kritikpunkt aufgreifen - die Frage der Zulassung Heterodoxer zum liturgischen Gottesdienst. Natürlich können sie nicht an der Fülle des kirchlichen Lebens partizipieren, natürlich sind sie kein Teil der koinonia - aber man sollte auch nicht vergessen, daß gerade im gottesdienstlichen Handeln (vor allem in der Göttlichen Liturgie) in spezifischer Weise die heilsökonomische Dimension zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Sinne ist eben die schon mehrfach angesprochene Mission unserer Kirche unmittelbar präsent.

In diesem Kontext noch einige Gedanken des Nektarios von Ägina zum orthodoxen Umgang mit Heterodoxen: "Die dogmatischen Unterschiede, die einzig den Bereich des Glaubens betreffen, lassen den Bereich der Liebe frei und unangreifbar (...) Die christliche Liebe ist unabänderlich; auch der schwächelnde Glaube der Andersgläubigen kann das Gefühl der Liebe ihnen gegenüber nicht ändern. Durch die Liebe ist es sehr wohl möglich, auch eine andersgläubige Kirche, die eine dogmatische Frage von ihrem falschen Standpunkt aus beurteilt, zu sich zu führen...".

Brüderliche Grüße sendet
Erzpr. Peter
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