Liebe Brüder und Schwestern,
ich habe schon lange Folgende Frage:
im alten testament gibt es ja viele stellen,
die sehr Gewalttätig sind, bzw, wie soll ich sagen :
zu gewalttaten gegen zum Beispiel schwule oder bei ehebruch fordern(Steinigung) .
wie ist es eigentlich in der orthodoxie? wie soll man diese bibelstellen verstehen? im neuen Testament wird ja auch das komplette gegenteil vermittelt und Jesus Christus ist sowieso die vollkommenheit an liebe.
gilt für uns orthodoxe das alte Testament gar nicht? dennoch glauben wir ja auch an dieÜberlieferungen , die im alten Testament stehen. Gott ändert ja seine Meinung schließlich nicht, oder?
Gerade auch in Diskussionen mit andersgläubigen höre ich oft: in der bibel stehen auch viele aufrufe zur Gewalt!
ich hoffe, ihr versteht was ich meine
vielleicht verstehe ich das gabze ja auch nur nicht ganz richtig.
Vielen Dank schonmal im voraus und eine besinnliche Fastenzeit
altes und neues Testament
Re: altes und neues Testament
Das ist ein tatsächlich schwieriges Thema. Viele Sachen im AT waren wichtig um Israel zu erziehen und für das Kommen des Heilands vorzubereiten. Andere Sachen kann man sogar als eine Begrenzung von Bestrafungen ansehen. Es war unter den damaligen Völkern üblich, viel härter und manchmal unangemessen grausam vorzugehen. Die Gesetze im AT hatten eine gewisse Strafe vorgeschrieben, dadurch wurden andere Strafen außer Kraft gesetzt.
Re: altes und neues Testament
HAllo Sunflower!
Willkommen im Forum.
Das alte Testament gilt generell gesagt als ein prophetisches Buch, das auf Christus hinweist. Das heißt wir sollen die Texte auf Christus hin interpretieren.
Das habe ich heute im Auto gehöhrt:
Im 6. Vers heißt es dann ganz rabiat: Judicabit in nationibus, implebit ruinas;conquassabit capita in terra multorum. / Er wird Gericht halten über die Völker, wird die Niederlage vollständig machen, die Häupter vieler im Lande zerschmettern.
Das beschreibt die Machtfülle Christi sitzend zur Rechten des Vaters, eine Machfülle, die Er benutzen kann, vielleicht irgendwann auch nutzen wird, aber nicht nutzen muß. Das zerschlagen der Schädel ist ein Bild, ein Symbol der Macht Gottes ("... wie Töpfe sollst Du sie zerschmeißen..."Psalm 2). Weil es aber ein Bild der Macht Gottes und nicht der unsrigen ist, dürfen wir die Schädel unserer unliebsamen Mitmenschen eben nicht wie Tongeschirr zerschlagen. Täten wir es, würden wir uns mit Gott auf eine Stufe stellen.
Das soll mal als Exempel für viele andere Stellen genügen, wie man diese Form der Exegese betreiben kann.
Meiner Meinung gibt es aber noch eine ganz andere Art, die Texte zu Betrachten. Wir orth. Christen lesen die Bibel in der Tradition der Kirche und der Kirchenväter. Das heißt nur die Interpretation gilt als authentisch, die im Ramen der mündlichen, das heißt der nichtbiblischen, liturgischen Tradition bleibt.
Die alttestamentlichen Texte sind vor allem jüdische Texte, und selbstverständlich kommt kein Mensch auf die Idee, die Juden sollten heute noch so viele Menschen töten, wie zur Zeit der Alten Testamentes. Warum nicht? Die Jüdische Religion kennt im Talmud eine Mündliche, das heißt nachbiblische Tradition, wie diese Texte zu interpretieren sind. Der Talmud selbst interpretiert die Stellen so, daß die Menschen mit einander Leben können, ohne sich gegnseitig zu bekriegen.
Bei vielen Diskussionen um das Verhältnis von Heiliger Schrift und ihrem Gewaltversen (andere Religionen mit noch viel besseren Steilvorlagen bieten häufig den Anlaß) plädiere ich immer, den Kontext der mündlichen Überlieferung mit einzubeziehen. Die mündliche Überlieferung des Christentumes sind die Kirchenväter und die gottesdienstlichen Texte. Wir orthodoxe Christen müssen zu ihnen stehen, wie wir zum Evangelium stehen, und wir werden deswegen nicht nur von den Protestanten, sonder inzwischen von einigen katholischen Kreisen belächelt. Das ist aber wesentlich, damit wir nicht durch die Fallstricke "der Welt" fallen. (Die Kirche ist schlecht weil im AT so viele Menschen sterben.) fallen. Das Alte Testament wird durch das Neue Testament interpretiert, und das wird wiederum durch die Kirchenväter interpretiert, die deshalb unsere Väter sind, weil sie den Konsens aller Gläubigen beschreiben. Das ist die Katholizität, russ. Sobornost! der Kirche.
Dazu ist aber eine relativ gute Kenntnis des biblischen und exegetischen Kontextes nötig.
Lazarus
Willkommen im Forum.
Das alte Testament gilt generell gesagt als ein prophetisches Buch, das auf Christus hinweist. Das heißt wir sollen die Texte auf Christus hin interpretieren.
Das habe ich heute im Auto gehöhrt:
Es spricht also Gott der Herr zum Herren des Königs David, also: Gott spricht zu Christus, denn nur IC XC sitzt zur Rechten Gottes des Vaters."Sprach der Herr zu meinem Herrn setzte Dich mir zur Rechten, bis ich Dir lege Deine Feinde als Schemel deiner Füße." (Psalm 109:1; ad-hoc-Übersetztung des lat. Textes)
Im 6. Vers heißt es dann ganz rabiat: Judicabit in nationibus, implebit ruinas;conquassabit capita in terra multorum. / Er wird Gericht halten über die Völker, wird die Niederlage vollständig machen, die Häupter vieler im Lande zerschmettern.
Das beschreibt die Machtfülle Christi sitzend zur Rechten des Vaters, eine Machfülle, die Er benutzen kann, vielleicht irgendwann auch nutzen wird, aber nicht nutzen muß. Das zerschlagen der Schädel ist ein Bild, ein Symbol der Macht Gottes ("... wie Töpfe sollst Du sie zerschmeißen..."Psalm 2). Weil es aber ein Bild der Macht Gottes und nicht der unsrigen ist, dürfen wir die Schädel unserer unliebsamen Mitmenschen eben nicht wie Tongeschirr zerschlagen. Täten wir es, würden wir uns mit Gott auf eine Stufe stellen.
Das soll mal als Exempel für viele andere Stellen genügen, wie man diese Form der Exegese betreiben kann.
Meiner Meinung gibt es aber noch eine ganz andere Art, die Texte zu Betrachten. Wir orth. Christen lesen die Bibel in der Tradition der Kirche und der Kirchenväter. Das heißt nur die Interpretation gilt als authentisch, die im Ramen der mündlichen, das heißt der nichtbiblischen, liturgischen Tradition bleibt.
Die alttestamentlichen Texte sind vor allem jüdische Texte, und selbstverständlich kommt kein Mensch auf die Idee, die Juden sollten heute noch so viele Menschen töten, wie zur Zeit der Alten Testamentes. Warum nicht? Die Jüdische Religion kennt im Talmud eine Mündliche, das heißt nachbiblische Tradition, wie diese Texte zu interpretieren sind. Der Talmud selbst interpretiert die Stellen so, daß die Menschen mit einander Leben können, ohne sich gegnseitig zu bekriegen.
Auch das Evangelium bietet Ausreden, Familienstreitigkeiten zu kulivieren.Mth.10:35 Denn ich bin gekommen, den Menschen zu erregen gegen seinen Vater und die Tochter gegen ihre Mutter und die Schwiegertochter gegen ihre Schwiegermutter. 36 Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.
Bei vielen Diskussionen um das Verhältnis von Heiliger Schrift und ihrem Gewaltversen (andere Religionen mit noch viel besseren Steilvorlagen bieten häufig den Anlaß) plädiere ich immer, den Kontext der mündlichen Überlieferung mit einzubeziehen. Die mündliche Überlieferung des Christentumes sind die Kirchenväter und die gottesdienstlichen Texte. Wir orthodoxe Christen müssen zu ihnen stehen, wie wir zum Evangelium stehen, und wir werden deswegen nicht nur von den Protestanten, sonder inzwischen von einigen katholischen Kreisen belächelt. Das ist aber wesentlich, damit wir nicht durch die Fallstricke "der Welt" fallen. (Die Kirche ist schlecht weil im AT so viele Menschen sterben.) fallen. Das Alte Testament wird durch das Neue Testament interpretiert, und das wird wiederum durch die Kirchenväter interpretiert, die deshalb unsere Väter sind, weil sie den Konsens aller Gläubigen beschreiben. Das ist die Katholizität, russ. Sobornost! der Kirche.
Dazu ist aber eine relativ gute Kenntnis des biblischen und exegetischen Kontextes nötig.
Lazarus
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Re: altes und neues Testament
Dabei darf man aber auch nicht vergessen, dass die Schrift schon immer auch allegorisch ausgelegt wurde, z.B. bei Cassian, der neben der wörtlichen (historischen) Bedeutung noch drei andere Bedeutungsebenen entwickelt hat (vielleicht dies als Hilfe). Damit kann man dann z.B. Psalm 69/70 nicht mehr als Schlachtruf gegen physische Bedränger lesen sondern als Kampf um innerpsychische Nöte "...dass sie beschämt werden und weichen, die mir nach der Seele trachten...".
Ich habe leider vergessen, wo ich das gelesen habe (und ich hoffe, es war eine orthodoxe Quelle...) aber ebenso lässt sich auch die Landnahme der Israeliten nach der Wüstenwanderung allegorisch verstehen: Das Land Kanaan musste geplündert, die vorher lebenden Völker ausgerottet werden um neuen fruchtbaren Boden für das Gottesvolk zu bieten, alles musste neu sein (im neuen Testament ist ja auch von der neuen Kreatur die Rede), man musste "gewaltätig" seinem alten Leben gegnüber sein und Buße tun (umkehren).
Aber Achtung, das ist eben keine religiös begründete Legitimation zum Genozid sondern eine allegorische Deutungsebene, die einen Spannungsbogen öffnet zwischen historischem Tatsachenbericht und märchenhaftem Lehrstück.
Grüße
Kai
Ich habe leider vergessen, wo ich das gelesen habe (und ich hoffe, es war eine orthodoxe Quelle...) aber ebenso lässt sich auch die Landnahme der Israeliten nach der Wüstenwanderung allegorisch verstehen: Das Land Kanaan musste geplündert, die vorher lebenden Völker ausgerottet werden um neuen fruchtbaren Boden für das Gottesvolk zu bieten, alles musste neu sein (im neuen Testament ist ja auch von der neuen Kreatur die Rede), man musste "gewaltätig" seinem alten Leben gegnüber sein und Buße tun (umkehren).
Aber Achtung, das ist eben keine religiös begründete Legitimation zum Genozid sondern eine allegorische Deutungsebene, die einen Spannungsbogen öffnet zwischen historischem Tatsachenbericht und märchenhaftem Lehrstück.
Grüße
Kai
Zuletzt geändert von LukasH am 02.12.2015, 21:10, insgesamt 1-mal geändert.
Re: altes und neues Testament
OFFTOPIC, aber passend zum exegetischen Verhältnis schriftlicher & mündlicher Tradition.
Zur Interpretation eines paulinischen Textes sagt Ambrosius von Mailand:
Zur Interpretation eines paulinischen Textes sagt Ambrosius von Mailand:
Dassman, E: Ambrosius von Mailand,Stuttgart 2004, S.146Der Apostel befiehlt den Frauen in der Kirche zu schweigen; sie haben aber unstreitig das Recht, darin Psalmen zu singen.
Re: altes und neues Testament
Ich habe mal gelesen, die Kirchenväter haben die allegorische Auslegung von den Juden übernommen. Diese Auslegung kam bei dem synagogalen Judentum auf, also in der Vertreibung. Es war also eine Auslegunsweise, die zu Zeiten Jesu allgemein verbreitet war.
Aber, das alte Testament wurde über viele Jahrhunderte von verschiedenen Personen geschrieben. Die Propheten, welche die Bücher geschrieben haben, haben dies aber in einer gewissen Zeit gemacht und diese Texte wurden damals wörtlich genommen. Die Allegorie kam erst später auf. Das ist eben der Beweis der Autenzität der Bibel, dass verschiedenste historische Ereignisse, alle von dem einen Geist durchdrungen waren, der auf Christus hinführt.
Solltest du Russisch verstehen, würde ich dir das Buch "Isagogik" von Priester Alexander Men empfehlen (Исагогика, Александр Мень). Er hat eine interessante Herangehensweise an das Thema Bibel im Allgemeinen, auch wenn nicht alle mit seinen Thesen einverstanden sind...
Gruß
Nikolaj
Aber, das alte Testament wurde über viele Jahrhunderte von verschiedenen Personen geschrieben. Die Propheten, welche die Bücher geschrieben haben, haben dies aber in einer gewissen Zeit gemacht und diese Texte wurden damals wörtlich genommen. Die Allegorie kam erst später auf. Das ist eben der Beweis der Autenzität der Bibel, dass verschiedenste historische Ereignisse, alle von dem einen Geist durchdrungen waren, der auf Christus hinführt.
Solltest du Russisch verstehen, würde ich dir das Buch "Isagogik" von Priester Alexander Men empfehlen (Исагогика, Александр Мень). Er hat eine interessante Herangehensweise an das Thema Bibel im Allgemeinen, auch wenn nicht alle mit seinen Thesen einverstanden sind...
Gruß
Nikolaj
Re: altes und neues Testament
ich danke euch für die interessanten antworten.