Wie mit Andersdenkenden Freunden umgehen?

[Evgenia0791]

Hallo, liebe Community!

Ich habe mich hier neu angemeldet, in der Hoffnung vielleicht ein paar Ratschläge zu bekommen, da ich nicht wüsste an wen ich mich sonst wenden sollte.

Ich habe zwei Freundinnen mit denen ich schon seit über 10 Jahren befreundet bin. Wir hatten unsere Hochs und Tiefs, aber haben immer irgendwie zusammengehalten.
Seit geraumer Zeit habe ich jedoch das Gefühl, dass unsere moralischen Ansichten auseinander gehen.

Es geht insbesondere um die Hochzeit einer meiner Freundinnen. Sie heiratet evangelisch und ich bin ihre Trauzeugin. Jedoch hat sie mir erzählt, dass sie seit ein paar Wochen eine Affäre mit einem anderen Mann begonnen hat, dieses nicht bereut und auch nicht vor hat ihrem Verlobten die Wahrheit zu sagen.
Als ich sie darauf hin wies, dass es nicht gut wäre eine Ehe mit einer Lüge zu beginnen, sagte sie mir, dass sie so jedoch glücklich ist und im Moment gerne egoistisch ist.
Die dritte Freundin unterstützt sie und sagt, dass das alles gar nicht so schlimm sei.

Ich weis im Moment nicht was ich tun soll. Ich weis, dass was sie tut nicht richtig ist und ich weis nicht wie ich noch eine Trauzeugin sein kann bei einer kirchlichen Hochzeit, wenn ich eigentlich diese Ehe so nicht unterstützen kann. Selber bin ich russisch-orthodox und leider weis ich nicht, wie man normalerweise mit jemandem umgehen soll, der etwas Falsches tut, daran aber auch nichts ändern möchte.

Sollte ich mich distanzieren? Oder versuchen sie wieder "auf den richtigen Weg zu führen"? So wie es jetzt ist, fühle ich mich sehr unwohl, weil ich sie so eigentlich nicht kenne.

Ich hoffe ihr konntet ein wenig mein Anliegen verstehen. Wenn nicht, würde ich es sonst auch etwas ausführlicher erklären. Mir geht es einfach primär darum, wie man so eine Situation moralisch richtig lösen könnte und vor allen Dingen auch im Einklang mit dem christlichen Glauben.

Freundliche Grüße

Evgenia

[stephan]

Ganz sicher wäre ich dann zumindest kein Trauzeuge, denn ihr Verhalten läuft der christlichen Lehre zuwider und du müsstest die traditionelle Aufgabe des Trauzeugen ja jetzt schon permanent wahrnehmen, nämlich sie zur Treue mahnen. Ihr feste Absicht, das Treuegelöbnis bisher und auch weiterhin zu brechen, aber einen (rechtlich unnötigen) Trauzeugen haben zu wollen, ist absurd.

[MariaM]

Hallo,
also wenn es eine wirkliche Freundin wäre (was wohl bei euch so ist¨(?) - ihr kennt euch immerhin 10 Jahre, du sollst Trauzeugin sein usw.). würde ich ihr nochmal ins Gewissen reden! Also ganz ehrlich und deutlich meine Meinung sagen und an sie appellieren, doch nicht SO in eine Ehe zu gehen, denn dann wäre es ja von Anfang an eine Farce, etwas Falsches, Vorgespieltes! (Davon ab, dass die Ehe ja eigentlich ein "Mysterium" ist, etwas wonach der Mann und die Frau für immer eins werden - OK, sie ist evangelisch und siehr das vielleicht "lockerer" - aber trotzdem: will sie die neu gesegnete Ehe gleich von Anfang an so entweihen?!) An so einem "Theater" hätte ich ehrlich gesagt auch ein Problem, mich (als Trauzeugin) zu beteiligen! Auch das würde ich sagen.

Ich würde sie fragen, warum sie denn die Hochzeit überhaupt (noch) will, wenn sie doch jetzt mit jemand anderem zusammen ist. Ob sie nicht erstmal "Klar Schiff" in ihrem Leben machen will, bevor sie so einen Schritt macht (also diesen oder jenen heiraten)? Will sie denn die Affaire mit dem anderen beenden, oder "fröhlich" weitermachen und trotzdem heiraten, als sei nichts dabei?? Also in dem Punkt würde ich einer Freundin wirklich den Marsch blasen! Manchmal ist das vielleicht sogar nötig, wenn das Gehirn eines Menschen durch den momentanen Zustand (Romantik, Idealisierung, Hormone...) vernebelt ist. Wer sonst, wenn nicht Freunde/Freundinnen können einem in so einer Situation "den Kopf waschen"? Es gibt nicht wenige Fälle, da ist man - evtl. nach einer Zeit des abgekühlten Kontakts - Jahre später froh, von einem Freund/Freundin so deutliche Worte gehört zu haben und nicht ins Verderben gerannt zu sein...

Und ich würde vorher versuchen zu beten, dass Gott mich erleuchten möge, was ich konkret sagen oder tun sollte, und wie.

Keine Ahnung, ob dir das jetzt hilft... Auf jeden Fall viele Grüsse, M.

[Igor]

Herzlich willkommen hier im Forum, Evgenia!

Ich stimme Stephan und MariaM zu. Bitte bedenke auch: Trauzeugen haben die Aufgabe, das Treuegelöbnis des Paares vor Gott zu hören und dieses zu bezeugen.

Von welcher Treue (Deiner Freundin) kann in diesem Fall die Rede sein? Du würdest doch hier quasi einen Meineid bezeugen!

Also kann eigentlich der Weg nur sein, die Freundin davon zu überzeugen, dass sie hier im Unrecht ist. Das ist bestimmt nicht einfach und ein Patentrezept gibt es dafür auch nicht. Als Trauzeuge zu fungieren, davon solltest Du, wenn sie ihr Tun nicht ändert, Abstand nehmen – auch wenn das evangelische Verständnis der Trauung sich vom orthodoxen unterscheidet: es ist da kein Mysterium, wie in der orthodoxen Kirche.

Vor allen Dingen: Bete für sie! Dein geistlicher Vater kann Dir bestimmt auch ein paar Tipps geben, wie Du konkret in dieser Situation verfahren kannst. In einem persönlichen Gespräch mit ihm kannst Du bestimmt auf die spezifische Sachlage genauer eingehen und konkrete Hilfe bekommen.

In Christo
Igor

[MariaM]

P.S. Ich hoffe, das Ganze war nicht nur ein Aprilscherz?!? Wenn ja, bin ich gerade darauf reingefallen, da ich die Anfrage ernst nahm...

[Evgenia0791]

Hallo!

Danke euch für eure Ratschläge! Das hat mir wirklich Mut gemacht.
Ich werde nochmals mit ihr reden und einfach darauf hoffen, dass sie noch einsichtig wird.
Sollte sich jedoch nichts an dem Umstand ändern, werde ich wohl tatsächlich als Trauzeugin zurücktreten, weil ich das einfach nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann.

Um auf die Fragen zu antworten. Nein, das hier war leider kein Aprilscherz. Ich hatte bloß ein wenig abgewartet, ehe ich mich an dieses Forum gewandt habe, weil ich erst dachte selbst eine Lösung finden zu können.
Und das andere... Ja, sie möchte das Verhältnis mit dem anderen Mann fortführen, obwohl dieser ebenfalls vergeben ist (jedoch nicht verheiratet) und sie außerdem bereits alles bezahlt hat für die Hochzeit und es ihr schade ist ums Geld.

Es klingt alles sehr schlimm, ich weis. Aber ihr habt Recht. Ich muss ihr helfen und einfach darauf hoffen, dass sie doch noch den richtigen Weg geht, auch wenn das bedeutet, dass sie mir meine Einwände übel nimmt.

Leider, kenne ich mich nicht so recht aus, wie man das macht mit dem Priester über solche Anliegen zu reden. Ich bin noch nicht so lange regelmäßige Kirchengängerin und habe manchmal die Befürchtung den Priester mit solchen Fragen zu belästigen. Könnte man einfach nach dem Gottesdienst private Fragen stellen?

[Igor]

Leider, kenne ich mich nicht so recht aus, wie man das macht mit dem Priester über solche Anliegen zu reden. Ich bin noch nicht so lange regelmäßige Kirchengängerin und habe manchmal die Befürchtung den Priester mit solchen Fragen zu belästigen. Könnte man einfach nach dem Gottesdienst private Fragen stellen?

Ja, nach dem Gottesdienst wäre sicherlich eine Möglichkeit. Zumindest könntest Du da nach einer Gelegenheit fragen, wann Du darüber mit dem Priester in Ruhe sprechen könntest.

[Evgenia0791]

Dankeschön!

Dann mache ich das beim nächsten Mal bei Gelegenheit.
Und danke nochmals an alle. Ich hätte nicht gedacht, dass mir so schnell und ausführlich geschrieben werden könnte. Sehr nett von euch!

Liebe Grüße