Gottes Freund oder Gottes Knecht

Neu in der orthodoxen Kirche - Wie lebe ich als orthodoxer Christ? Alle allgemeinen Fragen rund um die Orthodoxie.
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sparc
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Gottes Freund oder Gottes Knecht

Beitrag von sparc »

Liebe Geschwister in Christo,
diese Begriffe habe ich irgendwann in einem Gespräch mit Geistlichen aufgeschnappt,die in etwa bedeuten sollen-
ein Freund Gottes ist jemand,der frei aus Liebe zu Gott und den Menschen heraus lebt, während ein Knecht Gottes nur aus Angst vor Strafe und Gericht
glaubt und gläubig handelt.Würdet Ihr Euch eindeutig zu den Freunden Gottes zählen?Wie wird man von Gottes Knecht zu Gottes Freund?Ist die Liebesfähigkeit
zu einem gewissen Anteil angeboren und wie kommt man dahin,wenn das nicht der Fall ist?Ich habe auch gelesen,dass die Liebe zu Gott eine Gabe Gottes ist.
Und die Angst vor dem Gericht-ich habe noch nie einen Menschen getroffen,der so etwas kennt.Man spricht ja auch nicht darüber.Ich wäre dankbar zu erfahren was Ihr denkt.
Grüße,
sparc
Nassos
Beiträge: 4444
Registriert: 18.12.2008, 21:43

Re: Gottes Freund oder Gottes Knecht

Beitrag von Nassos »

Ich weiß nicht, ob man das so stehen lassen kann:
während ein Knecht Gottes nur aus Angst vor Strafe und Gericht
glaubt und gläubig handelt
Ich denke an das Gleichnis der verlorenen Sohnes, der - als er zu seinem Vater zurückkehrt - darum bittet, als Knecht aufgenommen zu werden. Insofern war das Knechtsein - ganz salopp gesagt - nicht das Unangenehmste. Auf jeden Fall ein gesegneter Zustand im Vergleich zum Land der Sünde, wo der Sohn damals hinging. Es gibt sich kein Eindruck von Angst und Strafe (allerdings spielen die Knechte auch keine besondere Rolle in dem Gleichnis, ne).
Der Vater nimmt den Sohn jedoch wieder als Sohn auf. Jesus lehrte uns das Gebet an den Himmlischen VATER.

Die Frage hat mich schon beschäftigt und ich habe den Eindruck, dass "Knecht", "Freund", "Kind" Gottes etwas über die Nähe zu Gott sagt, sei das nach dem Maß der Liebe zu Gott in jedem Menschen und Seiner Gnade.
Und es ist zu unterscheiden in der Anwendung des Wortes: ich kann einen Heiligen "Freund Gottes" nennen, als jemanden der Gott reinen Herzens liebt (Freund auf griechisch: philos, philia, eine besondere und persönlichere Liebe ausdrückend als das Wort Agape). Der Heilige wird sich jedoch nie selber als Freund Gottes bezeichnen sondern als "Knecht" und auch noch als letzter unter allen, weil er sich seiner Nichtigkeit vor Gott bewußt ist (wir sind es nicht...).
Und das alles wobei wir alle auch noch Kinder Gottes sind. Es spielt also auch der Kontext eine Rolle.

Ich weiß nicht, ob das alles so stimmt, was ich schreibe oder komplett falsch ist. Es sind meine Gedanken zu der guten Frage und hoffe, ich konnte hier ein bißchen weiterhelfen.

Nassos
sparc
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Re: Gottes Freund oder Gottes Knecht

Beitrag von sparc »

Hallo,
danke für die Antwort.Ja,Du hast recht-selbst ein Heiliger würde sich selber nicht als ,,Freund Gottes´´bezeichnen-es klingt recht anmaßend.Ich kann mich an dem Kontext leider nicht erinnern.Aber wenn wir sagen,es gibt Kinder Gottes,die Gott und alle Menschen lieben und Gott vertrauen und solche,die Angst haben, in die Hölle zu kommen und weniger Liebe in sich haben,das sind schon zwei unterschiedliche Sorten von Menschen.Ich finde manche Stellen in der Bibel sehr beängstigend-wenn von Heulen und Zähneklappern die Rede ist oder ,,jeder Baum der keine Frucht bringt wird ins Feuer geworfen´´oder selbst das Gleichniss von den Talenten-oder von dem breiten und dem schmalen Pfad ...Und manchmal,wenn es mir schlecht geht, habe ich das Gefühl,dass ich nicht aus Freiheit und Liebe zu Gott gläubig bin,sondern aus Angst.Diese Angst sitzt tief und lähmt mich und ich weiß,daß sie nicht von Gott ist.Was bedeutet es,wenn ein Baum Frucht bringt im übertragenen Sinne und welche Bäume sind die ,die keine Frucht bringen?Eine Zeitlang glaubte ich auch,die unverzeihliche Sünde begangen zu haben,wobei ich immer noch nicht so genau weiß, was das ist-die Sünde gegen den heiligen Geist.Fragen über Fragen...Bitte, helft mir.
.
LG,
Antonia
Nassos
Beiträge: 4444
Registriert: 18.12.2008, 21:43

Re: Gottes Freund oder Gottes Knecht

Beitrag von Nassos »

Wichtig: mach Dich nicht selber fertig. Sprich über Deine Ängste mit einem Priester!

Teilnahme an der Liturgie, Beichte, Kommunion und Gebet werden helfen. Es ist der Widersacher, der Dich verzweifeln lassen will. Daher geh in die Kirche und versuche möglichst oft zu beten.

Ich habe mal wo gelesen, dass bevor man Gott richtig ernst nimmt, einem die Widersacher einflüstern: "ja, genau, mach Dir keine Sorgen, Gott vergibt doch alles - alles ist cool, schlaf weiter".
Wenn man dann anfängt, Gott ernster zu nehmen und sich mit Ihm auseinander setzen will, und merkt, dass man schon etwas mehr machen muss (zu Ihm kommen wollen), um sich auf Ihn auszurichten, dann ändern die Widersacher die Taktik: "Gott ist unerbittlich, er wird Dich beim kleinsten Anlass zerfetzen, weil Du nur aus Sünde bestehst".
Gott als unerbittlich und grausam zu bezeichnen ist aber eine Lüge.

Lass Dich nicht darauf ein. Denk einfach daran, was Gott alles auf sich genommen hat, um uns zu erlösen. Er hat Sein Leben für uns gelassen, er hat gepredigt, geheilt, gelitten und letztendlich schändlich gestorben.
Und auferstanden. Er nahm dafür "Knechtsgestalt" an (wir gedenken ja bald wieder dessen), und hat mit uns jegliche menschliche Erfahrung geteilt (nur nicht die Sünde, auch wenn er in Versuchung geriet, auch wenn Er schier in Verzweiflung stürtzte, auch wenn er Todesangst litt). Glaubst du tatsächlich, ein Henkergott hätte das für uns getan? Nein. Ein Juristengott hätte gesagt: "Ihr Loser, es steht alles im Gesetz und in den Schriften, haltet Euch daran, sonst Kopf ab". Ist er das? Nein, ist er nicht. Denk an den Schächer, der links neben Jesus am Kreuz hing. Er war vielleicht ein Mörder, Dieb, Betrüger und hat vielleicht viele Menschen ins Unglück oder in den Tod gestürzt. Aber er bereute, weil er - oh Gnade - die Wahrheit erkannte, die sein Herz reinigte. Und was geschah? Er war der Erste, der das Paradies betrat.

Sei guten Mutes, Antonia. Das Leben ist sicherlich nicht leicht, aber vielleicht gibt das, was Christus auf der Ikonostase stets zu uns sagt, Hoffnung: "Kommt zu mir, ihr, die ihr mühselig und beladen seid." Wir werden zu Ihm gehen, sobald es uns reut. So, wie Du nach einem Streit mit einer Freundin, an dem Du Schuld trägst, zu ihr gehst, wenn es Dir leid tut. Tust Du es aus Angst? Nö, sondern, weil Du Deine Freundin magst (liebst).

Hab also keine Angst sondern Vertrauen. Er richtet nämlich diese Worte an ALLE, nicht nur an seine Freunde ;-)

LG,
Nassos
sparc
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Re: Gottes Freund oder Gottes Knecht

Beitrag von sparc »

Vielen Dank für die aufbauende und trostspendende Antwort.
LG,
Antonia
Nassos
Beiträge: 4444
Registriert: 18.12.2008, 21:43

Re: Gottes Freund oder Gottes Knecht

Beitrag von Nassos »

Sehr gerne, liebe Antonia.

Und was das Zähneklappern angeht: was für eine Vorstellung hat die Orthdoxie von der Hölle? Wieviel haben wir uns selber von der westlichen Vorstellung indoktrinieren lassen? Ist es eigentlich richtig von der "Hölle" zu sprechen? Was hat es mit dem Hades und Gehenna auf sich?

Es ist wichtig zu verstehen und zu unterscheiden. Mit der Hilfe dessen, was die Väter sagen. Hierzu möchte ich die vier folgenden, sehr, sehr guten podcasts von ancient faith radio empfehlen (so manche smartphone App hat auch ihr Gutes...):
(die podcasts sind auf englisch)

Hell: A modest proposal - Zum (absolut mißglückten) Begriff "Hölle"
Purgatory - Über das Fegefeuer (Purgatorium), einer Notwendigkeit der römisch-katholischen Theologie
He shall come again in Glory - Über das Wiederkommen des Herrn in Seiner Herrlichkeit
Memory Eternal: Praying for the Dead - Über das Ewige Gedenken

Und man lernt wieder was über das Gebet an sich!

Lieben Gruß,
Nassos
Nikolaus
Beiträge: 6
Registriert: 03.02.2014, 18:53

Re: Gottes Freund oder Gottes Knecht

Beitrag von Nikolaus »

Hallo Igor,
Das läßt sich recht gut in einem weltlichen Beispiel verdeutlichen. Wenn jemand einen Knecht hat, kann er sich niemals sicher sein, ob er in jeder Situation zu ihm steht, er wird ihn wahrscheinlich schnell verraten, wenn es für ihn vorteilhaft ist. Ein Freund hingegen ist treu, auch in Zeiten, in denen ihm diese Freundschaft keinen Vorteil bringt. Ich denke, das ist der Unterschied. Nur ein Freund Gottes wird auch zu ihm stehen, wenn es brenzlig wird. Der Knecht macht sich aus dem Staub, wenn er seinen Herrn nicht mehr fürchten muss. Es ist wohl besser, Gottes Freund zu sein

LG Niko
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