Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Neu in der orthodoxen Kirche - Wie lebe ich als orthodoxer Christ? Alle allgemeinen Fragen rund um die Orthodoxie.
Forumsregeln
Forumsregeln Impressum
Benutzeravatar
alexis
Beiträge: 13
Registriert: 07.01.2010, 20:07
Religionszugehörigkeit: griechisch-orthodox

Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von alexis »

Liebes Forum,
Gottes wichtigste Gebote sind die Liebe zum Allmächtigen aus ganzer Seele mit ganzer Kraft und die Nächstenliebe.
Wie aber sieht es mit der Liebe zu sich selbst aus?
Es gibt viele Menschen, die aufgrund begangener Sünden Ihren Zorn darüber gegen sich selbst richten.
Sie richten aber den Zorn in einer Form gegen sich, dass dadurch sogar sämtliche Eigenliebe zerstört wird.
Soll der tiefere Sinn darin liegen, seinen Egoismus zur Demut zu zwingen?
Wie kann man dann aber seinen Gott bzw. seinen Nächsten lieben, wenn man sich nicht einmal selbst liebt?
Und wenn man sich selbst liebt, verstößt man dann nicht gegen die von Gott gebotene Demut?
Kann es also richtig sein uns nicht selbst zu lieben, obwohl Gott uns liebt?
Benutzeravatar
Hermann
Beiträge: 291
Registriert: 10.11.2010, 07:55
Religionszugehörigkeit: orthodox
Wohnort: Baumkirchen (Tirol)

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von Hermann »

Hallo Alexis!

...und deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.
Die Liebe zu sich selbst ist göttlicher Auftrag. Sich seiner Sünden anzuklagen und sein Herz zu zerknirschen ist ein gute Sache, nur sollte es damit auch ein Ende haben. Denn ein zuviel an Zerknirschung führt nur zur Traurigkeit. So habe ich das sinngemäß bei einem der östlichen Väter vor ein paar Tagen gelesen. Leider weiß ich nicht mehr wo genau, irgendwo in der Philokalie war's.

Meine Meinung dazu: Sich selbst übermäßig anzuklagen kann auch ein Zeichen von verstecktem Stolz sein. Vielleicht gehört es auch zur Demut, sich zwar selbst seiner Sünden anzuklagen aber letztlich auch nicht zu viel Wind um sich selbst zu machen, sondern auf Gott zu schauen....

Liebe Grüße, Hermann

PS.: Eigentlich wollte ich mich als Katholik zu solchen spirituellen Themen in diesem Forum nicht äußern, denn die orthodoxen Forumskollegen wissen da sicher Besseres und Geisterfüllteres zu sagen, aber irgendwie hat's mich zu sehr in den Fingern gejuckt ;-)
Sucht zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch hinzugeschenkt.
Benutzeravatar
alexis
Beiträge: 13
Registriert: 07.01.2010, 20:07
Religionszugehörigkeit: griechisch-orthodox

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von alexis »

Hallo Hermann,
danke für Deine Antwort. Es ist ein Thema, mit dem ich mich derzeit sehr auseinandersetze.
Ich bin der Meinung, dass man sich zurücknehmen soll um Demut zu praktizieren, sich aber nicht
herabsetzen sollte, da die Zerstörung der eigenen Person Selbstmordcharakter hat.
Und wie wir alle wissen ist dies eine der schwersten Sünden überhaupt.
Wegen dem Katholischen mach Dir mal keinen Kopf. Genauso wie es nur eine Kirche gibt, gibt es auch
nur eine Wahrheit. Es gibt lediglich unterschiedliche Meinungen und Auslegungen darüber.
Ich werde dieses Thema jedenfalls gelegentlich auch mit meinem geistigen Vater besprechen.
Ich suche nur noch nach einem konkreten Schriftverweis.
Nassos
Beiträge: 4444
Registriert: 18.12.2008, 21:43

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von Nassos »

Hallo Alexis,

- mach Dir auch mal Gedanken darüber, ob es verschiedene Formen gibt sich selbst zu lieben (sich selber respektieren, sich retten zu wollen), nicht nur die selbsterhöhende.
- die Liebe zu sich selber immer auch im Zusammenhang mit der Liebe zum nächsten betrachten, nicht aber für sich alleine (egozentrisch)
- Und noch ein Gedanke: eventuell diese Frage beiseite schieben und mehr an Gott denken, selber zur Seite treten und Gott ins Zentrum stellen. Seine Gnade möge helfen, den richtigen Pfad zu nehmen, nach dem Du ja im Endeffekt hier fragst.

Das snd nur Gedanken. Bitte entschuldige meine Anmaßung.

Gruß,
Nassos
Benutzeravatar
alexis
Beiträge: 13
Registriert: 07.01.2010, 20:07
Religionszugehörigkeit: griechisch-orthodox

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von alexis »

Hallo Nassos,
danke für Deine Antwort. "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst", ist wie bereits geschrieben eines der höchsten Gottesgebote.
Wenn man sich selbst nicht respektiert, wie kann man dann seinen Nächsten respektieren?
Wenn man sich selbst nicht liebt, wie kann man dann seinen Nächsten lieben?
Es muss offensichtlich nach unterschiedlichen Formen der Selbstliebe unterschieden werden. In die selbstbezogene und in die selbslose.
Wenn man sich aber gar nicht liebt, liebt man das von Gott geschenkte Leben nicht und kann somit auch nicht seinen Nächsten lieben.
Meine Gedanken gehen in die gleiche Richtung wie von Hermann. Es muss eigentlich fast eine göttliche "Pflicht" sein, sich aus o.a. Gründen
auch selbst zu lieben. Es sollte nur in einer reinen von Gott gewollten Form geschehen. Also nur so kann ich mir zumindest die Voraussetzungen
zur Nächstenliebe erklären....
Andromachi
Beiträge: 452
Registriert: 05.02.2010, 10:50
Religionszugehörigkeit: griechisch-orthodox
Skype: Andromachi

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von Andromachi »

Unser Gott, Christus, liebt mich mit einer Liebe, die mir Schwindel bringt. Er will mich, sein 100. Schaf, mit all Seiner Liebe retten, so dass er die anderen 99 liegen läßt und sich nur mit mir beschäftigt. Er hat sich für mich geopfert, damit ich gerettet werde und das ewige Leben mit Ihm genießen kann. Wie kann ich also mich weigern, mich selbst zu lieben? Wenn ich das versäume, dann verachte ich Seine Liebe und bin dieser Liebe nicht würdig, d.h. ich bin sowieso dieser Liebe nicht würdig, aber Er liebt mich trotzdem, also tue ich mein Bestes, ich versuche mit meinem schwachen Willen, für meine Rettung zu kämpfen. Nur muss ich wissen, egal was ich tue, eigentlich taugt mein Schaffen nichts
"Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan".(Lk 17,10)
Das schützt mich vor meiner Eitelkeit.
Benutzeravatar
alexis
Beiträge: 13
Registriert: 07.01.2010, 20:07
Religionszugehörigkeit: griechisch-orthodox

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von alexis »

Amin Andromachi!!
Nemanja
Beiträge: 113
Registriert: 25.02.2010, 19:17
Religionszugehörigkeit: Christlich-Orthodox

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von Nemanja »

Andromachi hat geschrieben:Unser Gott, Christus, liebt mich mit einer Liebe, die mir Schwindel bringt. Er will mich, sein 100. Schaf, mit all Seiner Liebe retten, so dass er die anderen 99 liegen läßt und sich nur mit mir beschäftigt. Er hat sich für mich geopfert, damit ich gerettet werde und das ewige Leben mit Ihm genießen kann. Wie kann ich also mich weigern, mich selbst zu lieben? Wenn ich das versäume, dann verachte ich Seine Liebe und bin dieser Liebe nicht würdig, d.h. ich bin sowieso dieser Liebe nicht würdig, aber Er liebt mich trotzdem, also tue ich mein Bestes, ich versuche mit meinem schwachen Willen, für meine Rettung zu kämpfen. Nur muss ich wissen, egal was ich tue, eigentlich taugt mein Schaffen nichts
"Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan".(Lk 17,10)
Das schützt mich vor meiner Eitelkeit.

Kannst du die boldierte Stelle etwas näher erklären ? Wieso taugt es nichts ? Ohne Gottes Hilfe und Beistand taugt es bestimmt wenig oder nichts... oder willst du sagen, egal was du machst, es ist nichts würdig vor Gott ? Vielleicht kannst du mir das bitte näher erklären.

Gruß
Nassos
Beiträge: 4444
Registriert: 18.12.2008, 21:43

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von Nassos »

Hallo Nemanja,

was Andromachi damit meint, ist im genau auf die boldierte Stelle folgenden Bibelzitat zum Ausdruck gebracht. Es geht nicht so sehr darum, wie wertvoll oder nutzlos etwas vor Gott ist (was Menschenwerke vor Gott zählen, vermag nur Er zu wissen), sondern dies soll vor Selbstzurfriedenheit und Hochmut schützen. Darum allein geht es in diesem Punkt.

Zumindest habe ich das so verstanden.

(da fällt mir ein: ich heißt ja gar nicht Andromachi...)


Lieben Gruß,
Nassos
Andromachi
Beiträge: 452
Registriert: 05.02.2010, 10:50
Religionszugehörigkeit: griechisch-orthodox
Skype: Andromachi

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von Andromachi »

Ja, so verstehe ich das, wie Nassos es erläutert hat. Auch der Apostel Paul sagt: "Denn durch Werke des Gesetzes wird niemand vor ihm gerecht werden" (Röm 3,20) oder: "Weil wir aber erkannt haben, dass der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus ..." (Gal 2,16).
Benutzeravatar
alexis
Beiträge: 13
Registriert: 07.01.2010, 20:07
Religionszugehörigkeit: griechisch-orthodox

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von alexis »

Leute Leute,
ich kann anhand einiger Auffassungen einfach nicht fassen, dass das die Antworten unserer Kirche sein sollen.
Dass vor Hochmut geschützt werden soll kann ich noch nachvollziehen. Dass Selbstzufriedenheit als schlecht bezeichnet wird
hingegen nicht. Warum sollen wir nicht zufrieden sein dürfen, wenn wir ein gutes Werk vollbracht haben??? Wenn wir
uns darauf nichts einbilden und nicht damit herumprahlen finde ich das absolut legitim.
Ich muss gestehen, dass ich mit einigen Auffassungen der Kirche offensichtlich nicht identifizieren kann und das auch nicht will.
Ich will mich mögen dürfen und wie ich geschlussfolgert habe, ist das für mich eine göttliche Pflicht!!! Ich lasse mich von dieser
irdischen Kirche keinesfalls kleiner machen als ich mich fühle. Bescheidenheit JA, Selbstzerstörung NEIN!!!
Wenn man sich nicht einmal zufrieden fühlen darf, weil man etwas gutes vollbracht hat, will ich mich mit dieser Religion nicht mehr
identifizieren!!! Macht Euch nur alle selber fertig ihr selbstmitleidigen Waschlappen, Ich mache es nicht!!!!!!
Matwej
Beiträge: 85
Registriert: 21.02.2010, 12:11
Religionszugehörigkeit: ORTHODOX

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von Matwej »

Lieber Alexis,

keine Angst du kannst und sollst dich auch weiterhin mit unserer "Religion" identifizieren.
In diesem Strang kam mal wieder so richtig raus wie wichtig es ist Dinge mit dem
geistlichen Vater abzusprechen und es kam mal wieder raus wie schnell man sich doch
mißversteht und aneinader vorbei redet...
Ich denke wir sind uns in dieser Frage schon alle ziemlich einig nur der erste betont halt A und der
zweite B.
Meiner ganz persönlichen Ansicht ist die Liebe zu sich selbst eine Gradwanderung, wenn man
ohne geistlichen Beistand ist dann fällt man ganz leicht in eines der beiden Extreme...

Viele liebe Grüße,
In Christus !
Matwej
peter
Beiträge: 440
Registriert: 01.08.2006, 13:58
Religionszugehörigkeit: (russisch-) orthodox
Wohnort: Berlin

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von peter »

Lieber Alexis,

Selbstzufriedenheit kann ein Geschenk sein, wofür wir Gott danken sollten. Alles Gute, auch die Zufriedenheit über ein eigenes, gutes Werk, kommt von Gott. Wir dürfen das genießen. Gutes Handeln, und guter Dinge sein, soll Spaß machen, sogar eine reine Lust sein. Das Einzige, was wir immer bedenken sollten, ist die Möglichkeit der Täuschung über uns selbst, über das eigene Gut-Sein, welches keines ist. Wie oft sind wir genarrt worden von Eitelkeiten, Besessenheiten, Leiden-schaften usw. Oft bricht das so lange gehätschelte Selbstbild wie ein Kartenhaus zusammen. Und neben allem Gut-Sein streift das Sündigen um uns her wie eine schleichende Katze, die jederzeit zum Sprung ansetzt. Aber in allem trägt, daß Gott uns liebt, auch als Sünder. Das hat Jesus Christus bis zuletzt am Kreuz erwiesen.

peter
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)
ElvisVrinic
Beiträge: 707
Registriert: 29.12.2009, 22:16
Religionszugehörigkeit: Serbisch-Orthodox
Wohnort: Lindau (Bodensee)

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von ElvisVrinic »

peter hat geschrieben:Lieber Alexis,

...sogar eine reine Lust sein...

peter
selbst die tugend sollte keine leidenschaft sein :wink:

aber so wie ich dich verstehe, haste recht. :D

Gruß

Elvis
Am Anfang war das Wort und das Wort war bei GOTT und GOTT war das Wort. Dieses war im Anfang bei GOTT. Alles ist durch es geworden, und ohne es ist nichts Geworden. Was geworden ist - in IHM war das Leben, und das Leben war das Licht des Menschen und das Licht scheint in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht ergriffen (begriffen, erfasst). (EVANGELIUM nach Johannes)

Ehre Sei dem Vater und den Sohn und den Heiligen Geist.
Jetzt und immerdar und in alle ewigkeit. Amen

IC XC
NI KA
Andromachi
Beiträge: 452
Registriert: 05.02.2010, 10:50
Religionszugehörigkeit: griechisch-orthodox
Skype: Andromachi

Re: Demut zu Gott und die Liebe zu sich selbst

Beitrag von Andromachi »

Ja, vielleicht hat das auch mit der Geschichte jedes einzelnen von uns zu tun. Einige brauchen mehr Stärkung ihrer Selbstsicherheit, weil sie von Natur aus bescheiden sind, andere wiederum - und ich gehöre zu dieser Kategorie- müssen sehr gut aufpassen, dass sie ihre angeborene Eitelkeit nicht überwältigt. Und weil ich das selbst nicht kontrollieren kann, habe ich mit Christus einen Pakt abgeschlossen: sobald ich etwas getan habe, wofür ich mit Recht stolz sein könnte, soll Er mir eines auf den Kopf hauen, damit ich auf der Erde bleibe. Und es funktioniert wunderbar.
Vielleicht gehörst du, Alexis, zu der Kategorie der Bescheidenen und brauchst diese Hilfe von Gott nicht.
Deswegen aber spricht Matwej vom geistlichen Vater, der für uns betet und uns auch berät, denn dieser weiß, was gut für jeden von uns ist.
Antworten