Gottesdienstbesuch in Rum?nien

Neu in der orthodoxen Kirche - Wie lebe ich als orthodoxer Christ? Alle allgemeinen Fragen rund um die Orthodoxie.
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Sebastian
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Registriert: 16.12.2008, 13:46
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Gottesdienstbesuch in Rumänien

Beitrag von Sebastian »

Hallo Freunde!

nachdem ich nun etwas Zeit gefunden habe, möchte ich euch gerne etwas über meine Eindrücke eines orthodoxen Gottesdienstes in Rumänien berichten.

Wie ihr vielleicht wisst, bin ich mit meiner gesamten Familie nach Rumänien Urlaub machen verreist. Ausser mir hatte nur meine Tante reges Interesse an einem Gottesdienst der orthodoxen Kirche teilzunehmen :roll: (den anderen nahm ich es aber auch nicht übel). Morgens um 6 als der Wecker klingelte war ich wie aus dem Koma geholt aufgestanden. Die Nacht über fand direkt vor unserem Hotel eine Open-Air-Techno-Party statt. Auch wenn ich moderne Musik gerne höre, kann man mich für Techno nicht wirklich begeistern. Die "Musik" war so laut, dass das ganze Hotel vibrierte und so kam es, dass wir kaum geschlafen hatten. In der Früh machten wir uns auf zur größten Kirche Mangalias (Grenzstadt zu Bulgarien). Es ist eine sehr alte Kirche mit einer wunderschönen Ikonostase. Zu unserem Erstaunen war die Kirche fast leer. Kurz vor Beginn der Liturgie kam der Erzpriester und begrüsste uns sehr freundlich, was uns ein Gefühl des "Willkommenseins" gab. Um Punkt acht setzten dann die von mir so geliebten liturgischen Gesänge ein und ganz langsam kamen mehr und mehr Gottesdienstbesucher. Dies hatte aber auch einen Nachteil. Viele kamen und liessen sich nur segnen und verschwanden wieder. Dadurch entstand oft ein ungewolltes Gedrängel hinten, so dass man oft gestört wurde. Dies hörte auf, als der Priester zum segnen mit dem Weihrauch durch die Kirche schritt. Kurz danach setzte es aber wieder ein: Rein-Raus-Rein-Raus :roll: . Es war nicht einfach zur Ruhe zu finden. Erschreckender war allerdings die Tatsache, dass mit der Heiligkeit eines Gotteshauses nicht konform umgegangen wurde. Viele Männer kamen in Shorts oder Badehosen mit entsprechenden Badelatschen, Frauen im Minirock und tiefen Ausschnitten, während ich im Hemd und langer Hose schwitze.

Dreimal hat uns der Priester beweihraüchert. Meiner Tante gefiel dies, obwohl sie den Geruch von Weihrauch eigentlich nicht so gut verträgt. Wir fanden endlich die Ruhe, die wir gesucht hatten und in einem kleinen Nebenraum, wo wir zusammen mit anderen Gläubigen Kerzen anzündeten sprachen wir Gebete. Schön war, wie viel Zeit die Priester sich den Kindern widmenten auch während des Gottesdienstes. Die Kinder an sich waren sehr ruhig. Im Gegensatz zu vielen Erwachsenen, die draussen vor der Kirche klönten oder telefonierten, benahmen sie sich vorbildlich. Für die ganz kleinen gab es draussen die Möglichkeit auf dem Rasen, der zum Kirchengarten gehörte, zu krabbeln. Ich fand dies sehr schön und kleinkindgerecht. Auch bei der Eucharistie wurden die Kinder sehr sorgsam und liebevoll behandelt.

Nach über 3 Stunden verliessen wir die Kirche. Beim rausgehen bemerkten wir, dass einige orth. Urlauber meinten ihre Luftmatratzen und sonstigen Badeutensilien vor der Kirche aufzustellen. :roll: Es ergab wirklich ein abstraktes Bild: Quitscheenten, Sandschaufeln, Eimer, Handtücher etc. wurden an der Kirchenwand (Eingang!), am Fasadenmosaik des Apostels Paulus abgestellt. Ich wünschte mir machmal etwas mehr Disziplin, so wie ich es aus Griechenland kenne.

Gibt es sowas bei euch auch? Ich meine wo bleibt der Respekt?

Alles in Allem war es ein sehr schöner, bewegender Gottesdienst in einer sehr offenen, toleranten (manchmal zu tolerant :| ) und kinderfreundlichen Gemeinde. Die Dinge, die vielleicht störend waren überwiegten bei Weitem nicht die Seligkeit mit der man wieder ging.

Gruß
Sebastian
Milo
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Registriert: 19.06.2009, 23:00
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Milo »

Grüß dich Sebastian.

Schön das du wider wohl auf zurück bist, mit vielen Eindrücken.

Ja das ständige rein-raus kenne ich...hat sich wohl in heutiger Zeit etablieren müssen, da man "chronisch wenig Zeit hat"...und auch die Türwächter gibt es nicht mehr wie früher ;-)

Nein du hast Recht, die Disziplin fehlt mehr und mehr, aber was tun!?

Danke für deine Schilderung.

Wir lesen uns...

Milo
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Sebastian
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Religionszugehörigkeit: Orthodox (MP)

Beitrag von Sebastian »

administrator hat geschrieben:
Nein du hast Recht, die Disziplin fehlt mehr und mehr, aber was tun!?
Meine Tante meinte nebenbei, ob es nicht vielleicht von Zeit zu Zeit gegeben sei, dass die Priester in der Predigt oder Ansprache anklingen lassen, dass Gottesdienst nicht mit dem Besuch eines Fast-Food-Restaurants zu vergleichen ist.
Milo hat geschrieben: hat sich wohl in heutiger Zeit etablieren müssen, da man "chronisch wenig Zeit hat"...
Am Sonntag???
Ok, Zeit ist schnellliebiger geworden, aber ich denke am Sonntag ist dies nur bedingt ein Grund. Vielmehr denke ich, es ist die persönliche Einstellung, meine eigene Einstellung zu Gott, die ausschlaggebend ist, oder?

Sebastian
Ehre sei Dir oh Herr

Beitrag von Ehre sei Dir oh Herr »

Hallo Sebastian,

auch von mir ein herzliches Willkommen zurück.
Ich möchte sowohl Deiner Tante als auch Dir Recht geben.
Ich bin auch dieser Meinung! Es passiert in der Tat, dass auch Priester aus "pastoralen Gesichtspunkten" um Ruhe zu haben oder damit überhaupt Menschen in die Kirche kommen da nichts sagen. Leider. Das habe ich schon gehört...
Wenn jeder mit sich selbst ins Gericht geht und sich fragt, was tue ich hier und was möchte ich eigentlich und man denkt an die Hl.Schrift, dann dürfte es nicht dazu kommen.

Du sollst Gott Deinen Herrn lieben
mit ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit ganzem Gemüt.

Und Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.

Ist das nicht auch Disziplin? Den anderen der beten, den Herrn loben möchte nicht zu stören?

herzlichst René
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